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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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letzten Schrei aus, dann legten sie ihre Flügel an und stürzten hinab auf den Strand. Anscheinend hatten sie nicht nur ihren Anteil Aas abbekommen, sondern auch die bösartigen Egel.
    Das Westufer des Großen Salzsees, Mormon Tears, ihre Heimat, bot keinen Trost und keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Selbst als sie sich auf den Angriff des Schwarms vorbereiteten, hatten sie das Gefühl gehabt, dass dies der Ort war, an den sie gehörten. Doch jetzt war er befleckt, das Heiligtum entweiht. Es lag nicht einmal an dem furchtbaren Gestank der verwesenden Tiere, der sich allmählich zu dem Geruch von verdorbenem Grillfleisch wandelte, auch nicht an der erdrückenden Gegenwart von so viel Tod um sie herum. Sie fühlten sich wie Magneten, denen sich ein gleichnamiger Pol näherte, der sie mit unweigerlicher Kraft abstieß.
    »Ich bin noch nicht bereit für das, was jetzt kommt«, sagte Adam, der das Zittern in seiner Stimme nicht mehr unterdrücken konnte. Er musste stark sein, für sie alle, doch er fühlte sich wie ein verlorenes Kind.
    »Ich auch nicht«, erwiderte Mare, in Gedanken immer noch auf der Suche nach einem Scherz, mit dem er Adam ein Lächeln entlocken könnte, aber er fand keine Worte. »Ich auch nicht.«
    Evelyn kam heran, nahm Adams Hand und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte sie.
    Adam seufzte und schüttelte den Kopf, unfähig, seinen Blick von der aufgehenden Sonne loszureißen.
    »Wir fangen an zu packen«, sagte er schließlich.
    Mare musste wegsehen. Jetzt war es offiziell. Jill saß immer noch im Eingang der Höhle und starrte ins Leere, wie sie es schon die ganze Zeit tat, seitdem er sie vor dem Leichenstreifen stehend gefunden hatte. Ray saß neben ihr, eine Hand auf ihre Schulter gelegt, und drehte sein Gesicht in Richtung der Sonnenstrahlen.
    Ray atmete den Rauch ein und hustete ihn sofort wieder aus. Er wusste, dass es unmöglich war, doch zum zweiten Mal innerhalb einer so kurzen Zeitspanne roch er das Harz von Kiefern und brennende Bäume.
    Mare ging zu den beiden hinüber und setzte sich neben Jill, den Rücken gegen die Felswand gelehnt.
    »Siehst du Rauch irgendwo am Horizont?«, fragte Ray.
    »Der ganze Strand brennt«, erwiderte Mare. Er versuchte, die letzten Momente der Ruhe zu genießen, die er in der nächsten Zeit bekommen würde.
    »Ich meine, weiter weg.«
    »Nein«, sagte Mare und schloss seine Augen, um nicht länger die brennenden Kadaver ansehen zu müssen, doch selbst in der Dunkelheit hinter seinen geschlossenen Augenlidern drängten sie sich sofort in den Vordergrund seines Bewusstseins.
    »Aber du wirst ihn sehen«, gab Ray zurück, während sich der Geruch des Waldbrandes wieder verflüchtigte. »Schon bald … wirst du ihn sehen.«

V
     
    Evelyn war ein Stück Richtung Süden gegangen, weg von den anderen, und balancierte auf einem Felsen über ihrem Seetangbeet. Die Überreste der ehemaligen Bewohner des Sees, die an den Strand gespült worden waren, brannten immer noch, Haut und Federn waren vollkommen verkohlt, und die Flammen wurden immer kleiner, während sie den Rest des Fleisches verzehrten. Rauch trieb in ihre Richtung, und eigentlich hätte der Geruch von gegrilltem Fleisch ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen müssen; stattdessen wurde ihr speiübel. Aber vielleicht lag es auch an dem entsetzlichen Gestank der Kadaver, die sich in den an der Oberfläche treibenden Seetangblättern verfangen hatten und dort eine schaumig-schleimige Schicht sich zersetzenden Fleisches bildeten, welche das ursprüngliche Blau des Wassers zu einem widerlichen Grau verfärbte. Evelyn konnte die breiten, olivfarbenen Tiere unter der schneematschartigen Masse kaum erkennen. Die Schnauze eines dieser riesigen Amphibienpferde ragte aus dem Wasser wie ein Schnorchel, und ein einzelner Huf lugte zwischen den Wellen hervor. Es kostete all ihre Kraft, ihren Blick von der leeren Augenhöhle loszureißen, die ihr zwischen den wogenden Pflanzen zuzuzwinkern schien.
    Die Kohle in den Feuergruben hinter ihr, mit denen sie die Pflanzen gewärmt hatten, war heruntergebrannt. Kein Rauchwölkchen kam mehr daraus hervor. Die vier Abluftrohre draußen zwischen den heranrollenden Wellen strahlten lediglich noch ein bisschen Resthitze ab.
    Aber die Pflanzen würden überleben. Dessen war sie sich aus irgendeinem Grund sicher. Dennoch hatte Evelyn nicht vor, auch nur ein einziges weiteres Blatt abzuernten. Das Wasser war verdorben, und ganz egal wie

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