Legionen des Todes: Roman
seinen Gott geschmiedet, dass er Sein Tun nicht mehr als gefährlich wahrnahm und sich für unangreifbar hielt. Seine Aufgabe, die Apokalypse über die Menschheit zu bringen, war vollbracht, und trotzdem war er immer noch hier, verfolgte nicht nur die Auslöschung der Menschheit, sondern die Erschaffung einer neuen Welt in seinem eigenen Abbild. Je tiefer er sich in die Durchführung seines Plans verstrickte und je länger er weitermachte, ohne dass Er ihn zur Strecke brachte, desto unerschütterlicher wurde sein Selbstvertrauen. Vielleicht konnte Gott ihm nichts anhaben, vielleicht wollte er es auch nicht, aber zumindest hatte Er eine Botschaft gesandt, dass Tods Werk nicht unentdeckt geblieben war.
Er verzog den Mund zu einem schlangenhaften Grinsen, aus dem in mehreren Reihen hintereinanderstehende spitze Zähne leuchteten. Er würde Gottes Botschaft benützen, um ihm selbst eine zu schicken. Und sie würde unmissverständlich ausfallen.
Der Wind drehte sich und blies eine Wolke aus Asche von dem Schutthaufen. Ein einzelner Stahlträger ragte senkrecht aus der Kuppe hervor, drei Meter hoch deutete er direkt in den Himmel. Ein zweiter, zwei Meter breit, war waagrecht daran befestigt. Für einen kurzen Moment brach die Sonne durch die alles erstickenden Wolken und schien genau auf das Gebilde herab. Goldene Strahlen gingen von dem Kreuz aus, und es schien aufzuglühen, als wäre es erfüllt von himmlischem Feuer, dann schlossen sich die Wolken wieder.
Wenn dies das Äußerste war, was Gott zustande brachte, dann hatte Er versagt. Tod verspürte keine Angst, er war nicht einmal eingeschüchtert. Seine eigene Botschaft würde weit klarer ausfallen, wenn die Zeit erst gekommen war.
O ja, wenn die Zeit reif war, würden die goldenen Tore erzittern unter den Schreien der Verdammten.
VII
MORMON TEARS
Sie standen auf dem Felssims im Inneren der Höhle und fragten sich, warum sie diesen Ort verlassen mussten und ob sie ihn jemals wiedersehen würden. Sie hatten die Fackeln gelöscht und durch batteriebetriebene Laternen ersetzt, die sie neben den kalten Überresten des Feuers und entlang der Vorderseite des Pueblos aufgestellt hatten. Sie alle auszuschalten, das war ihnen zu endgültig erschienen – ein Gefühl, das sie, jeder auf seine Weise, lieber vermieden hatten, schon bevor sie nach Mormon Tears aufgebrochen waren. Die Lampen brennen zu lassen mochte zunächst nur einen symbolischen Trost spenden, doch sollten sie tatsächlich hierher zurückkehren, würde daraus der Trost eines sie willkommen heißenden Zuhauses werden.
Sie hatten alles eingeladen, was sie für brauchbar hielten, und gerade genug Platz gelassen, dass sie selbst noch mit in den Truck passten. Jeder für sich schickten sie ein Gebet zum Himmel, dass noch genug Benzin im Tank war, um Salt Lake City zu erreichen. Sie wussten, dass sie mit all den liegengebliebenen Fahrzeugen auf den Highways sowieso nicht weiter als bis dorthin kommen würden. Wie es danach weitergehen sollte, wusste keiner von ihnen, doch sie hofften, einen Plan ausgearbeitet zu haben, wenn sie dort ankamen. Phoenix beharrte darauf, dass sie den größten Teil des weiteren Weges abseits der Straße würden zurücklegen müssen, einen Teil davon jedoch motorisiert bewältigen könnten. So war jeder von ihnen in seine eigenen Gedanken verstrickt, hatte mit einer Art Schockzustand zu kämpfen, während sie sich von ihrem Zuhause verabschiedeten und sich darauf vorbereiteten, nach Gott weiß wo auszubrechen, um dort einem gesichtslosen Bösen gegenüberzutreten und wahrscheinlich den Tod zu finden.
»Zeit zu gehen«, sagte Adam, der das Zittern und den Zweifel in seiner Stimme nicht verbergen konnte. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand in den Tunnel, der in die Außenwelt führte. Einer nach dem anderen folgten sie ihm; keiner wollte etwas sagen, aus Furcht, womöglich seinen eigenen, wackeligen Entschluss zu gefährden, und damit auch den der anderen.
Sonnenlicht fiel durch den Eingang der Höhle und tauchte den Felsenboden in gelbes Licht, das ihnen wie ein Teppich den Weg zum Strand wies. Die Sonne stand jetzt hoch über dem östlichen Horizont, auf dem See schimmerten die Wellen, und der Tag war viel zu friedlich, um über die dunkle Aufgabe nachzudenken, die vor ihnen lag. Sie vermieden es, einen Blick auf die schwarzen Kadaver am Strand zu werfen. Es war der schönste Tag, den sie seit langem gesehen hatten, fast so, als hätte Gott selbst ihn
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