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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit Teufelsg'walt
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Katarina einen bösen und zugleich triumphierenden Blick zu. »Das wird Konsequenzen haben, das ist dir doch wohl klar!«
    Katarina zuckte mit den Schultern.
    »Ja, für Sie!«, sagte ich und richtete mich auf. »Hau s friedensbruch, Körperverletzung, Amtsmissbrauch. Am besten, Sie verschwinden jetzt. Und nächstes Mal bri n gen Sie einen richterlichen Beschluss mit.«
    »Wir benötigen keinen richterlichen Beschluss!«, e r klärte mir die Grauhaarige.
    Tatsächlich? Ich stutzte. »Das kann ich mir nicht vo r stellen. Aber wie dem auch sei, das nächste Mal wird Frau Habergeiß Ihnen nicht die Tür öffnen.«
    Katarina nickte eifrig. »Wir machen Ihnen einfach nicht mehr auf, nie mehr!«
    »Und jetzt raus, die Damen!«
    »Wir werden nicht gehen!«, erklärte die Grauhaarige. »Jedenfalls nicht ohne Tobias. Wir sind berechtigt …«
    »Doch, Sie werden, Frau … äh …«
    Sie antwortete nicht.
    »Wie heißen Sie denn nun?«
    Sie presste die Lippen zusammen, als hätte sie eine Fliege im Mund.
    »Haben Sie Angst, mir Ihren Namen zu nennen?«, l ä chelte ich.
    »Ich habe keine Angst! Mein Name ist Hellewart, Le i terin des ASD. Und wenn Sie jetzt diese Wohnung nicht unverzüglich verlassen, werde ich Sie anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Behinderung …«
    Lächelnd trat ich an sie heran. »Sehen Sie die Narben in meinem Gesicht, ja? Ich scheue keine Prügel. Und Sie sind sicher klug genug, der rohen Gewalt zu weichen. Denn wenn ich eins gar nicht abkann, dann behördliche Frechheit. Und das morgens um sechs! Ich brauche nä m lich meinen Schlaf! Ich bin gestern ziemlich versumpft. Mir ist es scheißegal, ob Sie mich später verklagen, weil ich Ihr Haar ein bisschen zerzaust habe, verstehen Sie?«

2
     
    Sally war mir im Grunde immer noch böse. Sie bemühte sich zwar, den alten Ton wiederzufinden, aber es war nicht mehr dasselbe, wenn ich abends in voller Montur im Ta u ben Spitz einlief und mich an die Bar setzte wie ein Macker auf Brautschau. Sie kokettierte nicht mehr mit mir, wenn sie mir das Pils und Maultaschen in der Brühe hinstellte.
    »Stell dir vor, Sally, was heute passiert ist …«
    Sie träufelte den letzten Schaum aus der Flasche ins Weizenglas.
    »Ich wache morgens um sechs auf …«
    Sally nahm das Tablett hoch. »Seit wann wachst du um sechs auf?«
    »Immer wenn in der Wohnung über mir ein Kind schreit, als sollte es abgestochen werden.«
    »Und du hast es gerettet! Gratuliere!«
    Sallys Freundschaft rettete ich heute auch wieder nicht, dachte ich. Sie zog in den Gastraum der Weinstube ab, ohne den Fortgang meiner Geschichte wissen zu wollen. Ihre Lockenmähne wippte blond auf dem R ü cken. Sie reichte ihr bis knapp zum Po.
    »Das Jugendamt wollte das Kind mitnehmen«, erklä r te ich, als sie wieder hinter dem Tresen stand. »Morgens um sechs!«
    Sally füllte Viertelesgläser mit Trollinger und Le m berger. »Man hört doch immer wieder von toten Kindern und dass das Jugendamt zu spät eingegriffen hat. Erst kürzlich hat eine Mutter ihr vierjähriges Töchterle von einer Brücke in den Neckar geworfen.«
    Die Mutter sei mit der Erziehung des Kindes hof f nungslos überfordert, Tobias sei in seiner geistigen En t wicklung zurückgeblieben, er fehle wiederholt im Ki n dergarten, hatte mir Katarina die Urteile des Jugendamts zitiert, während sie nach unserem Sieg über die Damen in Naturtextilien in der Küche eine Zigarette rauchte und die Mutter, Nina Habergeiß, sich einen Wodka eingoss und dabei erklärte, normalerweise trinke sie nicht, aber auf den Schrecken!
    Sally verzog das Gesicht. »Wodka morgens um si e ben?«
    Es hatte keinen Sinn. Ich würde sie nicht gewinnen können für die Sache Habergeiß gegen das Jugendamt. Seit ich Sally vor einem halben Jahr am oberen Ende der achtzig Stufen, die zu ihrer Wohnung führten, hatte st e hen lassen, um meinem Lebensabschnittsirrtum hinte r herzulaufen, verweigerte sie mir den Bund gegen den Rest der Welt.
    »Morgen hole ich dich mit deiner Senta am Sender ab und wir drehen eine Runde im Park, okay?«
    »Wenn du nichts Besseres vorhast.«
    »Ich muss doch sowieso mit Cipión raus.«
    Auch wieder falsch. Was musste ich tun, damit Sally aufhörte, mir zu unterstellen, dass ich für sie nur dann einen Finger krümmte, wenn es mir gerade in den Tage s lauf passte? Was ohne Zweifel so war. Nur dass es ihr früher nichts ausgemacht hatte. Doch die Zeiten emoti o naler Gemütlichkeit waren vorbei. Sie hatte mir einst das Leben

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