Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer
gerecht zu werden.
Schloss Herrenchiemsee
Eine gemischte Besuchergruppe wird von einer jungen Fremdenführerin (wahrscheinlich eine Studentin der Neuen und Neusten Geschichte) durch die königlichen Gemächer geleitet und dabei mit historischem Hintergrundwissen versorgt.
Fremdenführerin: „Wie Sie sicher wissen, hat ja Ludwig der Zweite, obwohl ein großer Verehrer der Bourbonen, 1870 einen Krieg gegen Frankreich …“
Mann mit Herrentäschchen (drängt sich nach vorne): „Moment! So kann man das nicht formulieren, mein liebes Mädchen. Das ist eine grobe Vereinfachung, die, mit Verlaub, an Geschichtsklitterung grenzt. Sie verkennen ja völlig die Rolle Bismarcks in diesem Konflikt und damit auch die des Preußischen Reiches. Ich darf das mal kurz zurechtrücken …“
Es folgt ein 20-minütiges Kurzreferat über die bayrische Geschichte von 1850 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unter besonderer Berücksichtigung der Einflussnahme Bismarcks auf das Haus Wittelsbach bei der Kriegserklärung im Jahr 1870.
Große Dankbarkeit bei den überwiegend japanischen Besuchern, die gerade wegen dieses historischen Details aus Tokio angereist sind. Sie haben zwar von den Ausführungen des Kollegen (der, wie er nicht ohne Stolz abschließend erwähnt, über dieses Thema 1978 seine Zulassungsarbeit verfasst hat) kein Wort verstanden, aber doch intuitiv erkannt, dass sie hier nur mit knapper Not einer dramatischen Fehlinformation über fundamentale Aspekte der bayrischen Geschichte entgangen sind. Applaus!
Häufig sind sich Lehrer ihrer Verantwortung allerdings gar nicht bewusst und vernachlässigen in unverantwortlicher Weise ihre allgemeine Lehrpflicht, obwohl sie die intellektuellen Defizite in ihrer jeweiligen Umgebung sehr wohl zur Kenntnis nehmen ...
Bilbao, Guggenheim Museum
Vor der Tapasbar befindet sich eine Menschenschlange. Drei Bedienungen versuchen hektisch, den Ansturm zu bewältigen. Am Ende der Schlange drei Männer mittleren Alters im tropentauglichen Outfit mit Fotoapparat und hochgeklapptem Sonnenbrillenaufsatz …
Edwin:
„Das ist jetzt wieder mal typisch spanisch.“
Helmut:
„Ja, Hunderte von Menschen, aber trotzdem nur drei Bedienungen.“
Walter:
„Sie haben’s halt nicht nötig.“
Edwin:
„Dabei wäre es so einfach: Einer nimmt die Bestellung auf, der Zweite kassiert und der Dritte gibt die Tapas aus. Das ginge ruckzuck.“
Walter:
„Sie haben’s halt nicht nötig.“
Helmut:
„Besser wäre es, der Erste kassiert auch gleich, dann können zwei …“
Edwin:
„Oder noch einen vierten Mann einstellen. Die könnten dreimal so viel Umsatz …“
Walter:
„Sie haben’s halt nicht nötig.“
Helmut:
„Ich gehe jetzt mal vor und nehme das in die Hand. Kommst du mit, Edwin?“
Edwin:
„Du kannst doch gar kein Spanisch und die können sicher nicht Deutsch.“
Walter:
„Sie haben’s halt nicht nötig.“
Edwin:
„Wie sollen wir denn denen effektives Arbeiten beibringen, wenn wir …“
Helmut:
„Und überhaupt. Warum wir? Walter, du musst das machen. Du bist doch hier der Lehrer. Jetzt zeig mal, was du didaktisch draufhast. Ihr Lehrer könnt doch sonst immer alles.“
Walter:
„Keine Lust, ich bin im Urlaub, ich hab Zeit. Und überhaupt: Ich hab’s nicht nötig.“
Nachtrag ( Versuch der Ehrenrettung ): erster Tag nach den Ferien, im Lehrerzimmer
Typ B:
„Und, was hast du gemacht in den Ferien? Waren ja wieder mal unerträglich lang.“
Typ A:
„Ging so, hätte noch ein paar Wochen ausgehalten. Ich war angeln.“
Typ B:
„Ach, du angelst? Wo warst du denn?“
Typ A:
„Mittelmeer, Südfrankreich.“
Typ B:
„Ach, das trifft sich ja gut. Ich hab da nämlich mal eine Frage …“
Die natürlichen Vorgesetzten des Lehrers : Schüler
Gnadenlos individuell: Versuch einer …
Gnadenlos individuell : Versuch einer Schülertypologie
Schüler sind ausgesprochene Individualisten, deshalb ist es nahezu unmöglich, eine fundierte Schülertypologie zu erstellen. Denn Schüler tragen die unterschiedlichsten Zahnspangen, ihre Sweatshirts stammen von bis zu drei verschiedenen Herstellern, ihre Baggys aus den unterschiedlichsten US-Bundesstrafanstalten, ihre Sneakers sind zwar alle von der gleichen Firma, es gibt sie aber in vier verschiedenen, wirklich sehr unterschiedlichen Farben, ihre Frisuren … Ach, lassen wir das. Kommen wir lieber zum Musikgeschmack: Die Sängerinnen und Sänger sind, was ihr Outfit anbelangt, mindestens so individuell wie ihre Hörerinnen und Hörer.
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