Lehrer-Schueler-Konferenz
unserer Gesellschaft so fest verwurzelt, dass jeder, der daran zweifelt, als naiv und dumm angesehen wird. Eltern richten sich in der Kindererziehung nach diesem Grundsatz, und nur wenige Mütter und Väter stellen jemals den Gebrauch von Autorität infrage, wenn sie ihre Kinder lenken, kontrollieren, disziplinieren und ausbilden. Es überrascht daher nicht, dass die Eltern auch von den Lehrern ihrer Kinder Autorität verlangen. Das geht sogar so weit, dass der Gesetzgeber den Lehrern das Recht gibt, an Stelle der Eltern zu handeln. Solch eine Gesetzgebung ist ein Beweis für die Ãberzeugung der Eltern, dass jede Person, die ihre Kinder beaufsichtigt, genau wie sie selbst über Autorität verfügen muss. Daher gewähren Gesetze den Lehrern die Autoritätsstellung der Eltern.
Der erste Schritt zum Verständnis des Begriffes Autorität ist die Erkenntnis, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch zwei völlig unterschiedliche Vorstellungen von Autorität gibt.
Typ I der Autorität
Die erste Bedeutung des Begriffes Autorität basiert auf Sachkenntnis, Wissen und Erfahrung. (Auf seinem Gebiet ist er eine Autorität. Er spricht mit Autorität.) In den Augen kleiner Kinder verfügen alle Erwachsenen über diese Art Autorität. Sie erscheinen ihnen weise und ausgestattet mit überlegenem Urteilsvermögen, groÃer Einsicht, unbegrenztem Wissen und der unheimlichen Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen. Diese Art Autorität ist vorstellbar als zugeteilt oder erworben, basierend auf wirklicher oder eingebildeter Weisheit und einer Sachkenntnis, die einer Person von ihren Mitmenschen zugeschrieben wird.
Wird das Kind dann gröÃer, entdeckt es, dass die erwachsenen Idole auf tönernen FüÃen stehen, dass die Allwissenden in Wirklichkeit fehlbar sind, keine unbegrenzte Weisheit besitzen und sich häufig in ihren Urteilen irren. Viele Erwachsene erinnern sich noch deutlich an die Ernüchterung, die sie verspürten, als sie zum ersten Mal entdeckten, dass ihre Eltern sich irren konnten, dass sie auch nicht alles wussten oder unfähig waren, Situationen in ihrem eigenen Leben zu beherrschen. Die Ernüchterung fällt gewöhnlich umso gröÃer aus, je mehr die Eltern ihre Kinder in diesem Glauben an die Autorität der Erwachsenen belieÃen.
Obwohl sie es nicht so nennen, spielen viele Lehrer gern ein Spiel, das heiÃen könnte: » Nehmt an, ich habe übermenschliche Kräfte.« Sie bestärken die Kinder darin, ihnen ein Ausmaà an Autorität zuzugestehen, das weit über ihre eigentliche Sachkenntnis hinausgeht. Die Schüler sollen die Meinungen der Lehrkräfte als Tatsachen ansehen und sich von dieser nur in ihrer Vorstellung vorhandenen Weisheit der Erwachsenen beherrschen lassen. Schüler sind oft sehr enttäuscht von solchen Lehrern, wenn sie herausfinden, dass Weisheit nicht immer eine Frucht des Alters ist und dass Sachwissen auf einem Gebiet nicht einen ebenso hohen Wissensstand auf anderen Gebieten bedeutet.
Für Pädagogen ist es wichtig zu wissen, wie viel Einfluss sie bei ihren Schülern aufgrund zugeteilter oder verdienter Autorität haben und wie vorsichtig sie sein müssen, diese Autorität nicht über die Grenzen ihrer wirklichen Sachkompetenz auszudehnen. Zweifellos besitzen Lehrer aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung Sachkenntnis. Deshalb erkennen Kinder und Jugendliche ihnen mit Recht Autorität zu, und der Gebrauch dieser Autorität zur Lenkung und Beeinflussung der Schüler ist ein gerechtfertigter und wirksamer Aspekt in der Lehrtätigkeit. Leider überschätzen junge Kinder diese Art Autorität bei ihren Lehrern. Es ist sehr aufschlussreich, von Grundschülern Zeichnungen von sich selbst und von ihren Lehrern anfertigen zu lassen. Gewöhnlich werden die Lehrkräfte als riesige Ungeheuer dargestellt, die fast die ganze Seite bedecken, während das Kind als winzige Figur erscheint, die völlig im Schatten des mächtigen Erwachsenen steht. Dieser » psychologische GröÃenunterschied« gibt den Worten und Taten des Lehrers zusätzliche Bedeutung und verstärktes Gewicht.
In einem normalen Entwicklungsprozess verschwindet der psychologische GröÃenunterschied zwischen Lehrkräften und Kindern allmählich, wenn die Schüler älter, gröÃer, reifer und klüger werden. Die unverdiente (oder unrealistisch zugeteilte) Autorität
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