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Lehrer-Schueler-Konferenz

Lehrer-Schueler-Konferenz

Titel: Lehrer-Schueler-Konferenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Schule. Bemerken Sie Streitigkeiten, Rechthaberei und Herumkommandieren? Falls dies der Fall sein sollte, ist es ein Beweis für die Anwendung der Methode I (Gewalt), mit der Lehrer hier Konflikte mit Schülern lösen. Diese Methode setzt sich natürlich vom Lernbereich in den Spielbereich fort.
    Siegen müssen, ungern verlieren
    In einer Schule, deren Alltag durch Belohnungen und Bestrafungen geprägt ist, lernen Kinder frühzeitig die Bedeutung des Gewinnens und eines guten Image nach außen hin. Tagtäglich manipulieren Lehrer ihre Schüler durch Lob, Noten, besondere Privilegien, das Verteilen von Belohnungen, ein Lächeln, aufmunternde Klapse. Kein Wunder, dass ganze Schülergenerationen darauf versessen sind zu gewinnen, an erster Stelle zu stehen, die Klassenkameraden zu übertreffen. Das Problem hierbei ist natürlich, dass nicht jedes Kind gewinnen kann, nur einige wenige erreichen Spitzenplätze.
    Was passiert nun aber mit Kindern, deren intellektuelle oder physische Fähigkeiten begrenzt sind? Oder auch mit den » Durchschnittsschülern«? In den meisten Schulen werden sie direkt oder indirekt immer wieder daran erinnert, dass sie nicht intelligent genug, inkompetent, unterdurchschnittlich und leistungsschwach sind und zum Lager der Verlierer gehören. Sie bekommen den Schmerz häufigen Versagens zu spüren und die Frustration, neidisch mitansehen zu müssen, wie die anderen Belohnungen bekommen. Solche Kinder entwickeln nur ein geringes Selbstvertrauen; ihr Verhalten wird von Hoffnungslosigkeit und Defätismus bestimmt. Das kann so weit gehen, dass sie gar keine Versuche mehr wagen. Eine Klassenatmosphäre, die größtenteils durch Belohnungen bestimmt wird, ist für die Schüler, die sie nicht erreichen können, noch schädlicher als für die, die dafür die Fähigkeiten haben.
    Sich organisieren, Bündnisse schließen
    Manchmal entwickeln Schüler, um gegen Lehrermacht und Autorität anzukommen, das folgende Verhalten: Sie organisieren sich, zumeist inoffiziell, aber, wie die letzten Jahre gezeigt haben, hin und wieder auch offiziell. Nach dem Vorbild von Arbeiterzusammenschlüssen gegen die Macht der Unternehmer lernen auch Kinder und Jugendliche, dass Einheit Macht bedeutet. Die Mehrzahl der Schüleraktionen gegen Lehrer blieb früher letztlich ineffektiv und selbstzerstörerisch. Neuerdings gelingt Schülern jedoch eine wesentlich bessere Organisation ihres Widerstandes gegen Schulen und andere Autoritäten durch Demonstrationen, Petitionen, Schülerzeitschriften und ihr Verlangen nach mehr Beteiligung an der Verwaltung ihrer Institutionen.
    Einerseits ist es bedauerlich, dass sich junge Menschen gezwungen fühlen, die Machtstellung der Erwachsenen durch eigene Bündnisse zu bekämpfen; so entstehen aus Jugend und Schule zwei feindlich gesinnte Gruppen. Andererseits scheint dieses Verhalten unter den vielen anderen, die möglich sind, um mit Gewalt und Autorität der Erwachsenen fertigzuwerden, für die Jugendlichen selbst und auch für andere das am wenigsten selbstzerstörerische zu sein.
    Fügsamkeit, Gehorsam, Unterwerfung
    Die meisten Lehrer, die Methode I anwenden, hoffen, dass die Schüler ohne Murren ihre Entscheidungen und Restriktionen akzeptieren. Diese Art des Gehorsams tritt aber fast nur dann auf, wenn die Strafen so hart sind, dass Angst das vorherrschende Gefühl bei den Schülern ist. Eltern können sich über lange Zeitspannen hinweg strenger Strafen bedienen (und viele Eltern tun dies auch) und somit feige, furchtsame, ängstliche und unterwürfige Kinder heranziehen. Für Lehrkräfte ist die Situation dagegen eine andere: In den meisten Schulen sind strenge Strafen verboten. In vielen Staaten können Pädagogen gerichtlich belangt werden, wenn sie Strafen verhängen, die von Schülern eine erniedrigende Unterwerfung verlangen. Es ist daher völlig unrealistisch, von der Erwartung auszugehen, dass Kinder ohne Widerspruch Entscheidungen akzeptieren, die nach Methode I gefällt wurden. Anstatt unterwürfig werden Schüler » passiv-aggressiv«: Nach außen hin geben sie nach, aber heimlich widersetzen sie sich. Sie erfinden viele Tricks, um sich beim Lehrer beliebt zu machen; sie stellen sich dumm, erzählen ihm, was er hören will, lächeln nett, sind immer seiner Meinung, machen Komplimente, heucheln Bewunderung– all dies

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