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Lehrer-Schueler-Konferenz

Lehrer-Schueler-Konferenz

Titel: Lehrer-Schueler-Konferenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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spät, deshalb muss Herr J. seine Informationen ihretwegen wiederholen oder ihre Fragen beantworten, da sie nicht weiß, welche Aufgaben sie erledigen soll.
    Lehrer : Wenn Sie verspätet hier ankommen, verpassen Sie die Instruktionen, die ich gleich zu Beginn der Stunde gebe. Dann muss ich mir extra nochmals die Zeit nehmen, um Ihnen Ihre Anweisungen persönlich zu geben. Ich bin das jetzt leid. ( Ich-Botschaft )
    Sylvia : Ich gehöre nun mal dem Redaktionsstab für unser Jahrbuch an, und wir haben im Augenblick wirklich viel zu tun, um die von der Druckerei gesetzten Termine einzuhalten. Deshalb komme ich jetzt oft zu spät.
    Lehrer : Ich verstehe. Sie sind mit Ihrer Arbeit am Jahrbuch so unter Druck, dass Sie manchmal verspätet zum Unterricht kommen. ( Aktives Zuhören )
    Sylvia : Ja, aber ich möchte dazu noch etwas sagen. Es könnte jetzt so aussehen, als ob ich Ihren Kurs nicht für wichtig hielte. Aber an Ihrem Kurs nehme ich das ganze Jahr über teil, während die Arbeit am Jahrbuch nur einige Wochen dauert. Verstehen Sie, was ich meine?
    Lehrer : Sie meinen, Ihr Zuspätkommen ist nur vorübergehend. Nun ja, Sie waren ja auch bis vor wenigen Wochen immer pünktlich. Das hat sich jetzt zwar geändert, wird aber nur vorübergehend sein. Ist das richtig? ( Aktives Zuhören )
    Sylvia : Ja, Ende nächster Woche sind wir wahrscheinlich mit den Korrekturen fertig. Dann kann ich wieder pünktlich sein.
    Lehrer : Das Problem wird sich also bald von selbst lösen. ( Aktives Zuhören )
    Sylvia : Ja.
    Lehrer : Jetzt verstehe ich, warum Sie in letzter Zeit zu spät kommen, aber das stört mich eigentlich gar nicht. Was mich stört, ist, dass ich meine jeweilige Arbeit Ihretwegen unterbrechen muss, um Ihnen zu erklären, was Sie tun sollen. Das möchte ich nicht mehr tun, auch nicht mehr ein paar Tage lang. Haben Sie eine Idee, wie wir das ändern könnten?
    Sylvia : (denkt nach) Ich könnte meiner Freundin Marion mein Tonband mitgeben, und sie nimmt damit Ihre Instruktionen auf. Wenn ich dann zu spät komme, kann ich es mir leise anhören und erfahre so, was alle anderen schon wissen.
    Lehrer : Das ließe sich machen. Lassen Sie Marion das Gerät an mein Pult bringen, und ich sorge dann dafür, dass meine Anweisungen aufgenommen werden. Wenn Sie verspätet ankommen, holen Sie sich das Band einfach vom Pult ab.
    Sylvia : In Ordnung, morgen bringe ich das Gerät mit.
    Lehrer : Bis morgen. Einen schönen Tag noch.
    In dieser Abfolge von Interaktionen gelang den beiden eine Befriedigung ihres jeweiligen Bedürfnisses durch eine von der Schülerin vorgeschlagene und vom Lehrer akzeptierte Lösung. Beide konnten zufrieden sein. Herr J. konnte Sylvia einen schönen Tag wünschen und es auch wirklich meinen. Vergleichen Sie dieses Ergebnis mit den Ergebnissen von Methode I und II in Kapitel 7, wo immer einer der Unterlegene war. Verstehen Sie nun, dass Methode III positive Gefühle erzeugt und dass dieser Prozess ohne Niederlage zu gegenseitigem Respekt führt?
    Der gerade geschilderte Konflikt zwischen Herrn J. und Sylvia verdeutlicht einige klare Vorzüge der Methode III gegenüber den » Sieg-Niederlage-Methoden«. Es ist zum Beispiel gleichgültig, wer die endgültige Lösung vorschlägt. In unserem Fall war es Sylvia. Es hätte aber genauso gut Herr J. sein können. Die Kernfrage lautet nämlich nicht » Wer kann die beste Lösung finden?«, sondern » Können wir eine für alle akzeptable Lösung finden?«. So lehrt Metho de I II , dass Probleme am besten durch Kooperation und nicht durch einen Machtkampf bewältigt werden.
    Ein weiterer Vorteil der Methode III ist, dass die Lösungen ausschließlich die Beteiligten selbst zufriedenstellen müssen. Sylvias Vorschlag, die Lehrerinstruktionen auf Tonband aufzunehmen, wäre für manche Pädagogen eventuell nicht akzeptabel gewesen, er war es aber für Herrn J. Und da nur er und Sylvia das Problem besaßen, waren sie auch die Einzigen, denen die Lösung gefallen musste.
    Ganz anders als bei » Patentrezepten«, die Standardlösungen anbieten, setzt Methode III die Kreativität der Beteiligten frei und lässt sie einzigartige, kreative Lösungen für ihre einzigartigen Probleme finden. Nur dieser eine Prozess muss gelernt werden, damit Lehrer ihre vielen Konflikte mit Schülern erfolgreich lösen können, egal

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