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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeit zu sterben
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Überwachungsmonitor. Am Tor stand ein mittelgroßer, sportlich wirkender Mann mit kurz geschnittenem, sandfarbe-nem Haar. Er hatte ein angenehm symmetrisches Gesicht, das aber keinen bleibenden Eindruck hinterließ. Sein hellbrauner Mantel hatte mehr gekostet, als ein Arbeitsloser im ganzen Monat bekam. Die Schuhe waren auf Hochglanz poliert, die Bügel-falten in der dunklen Hose tadellos.
    «Guten Tag. Sie wünschen?», fragte Pauli über die Gegen-sprechanlage.
    «Mein Name ist Pasi Leiwo. Ich möchte mit meiner Frau sprechen.»
    «Meines Wissens ist kein Treffen vereinbart.»
    «Aber ich weiß doch, dass sie da ist. Lassen Sie mich alles er-klären!»
    «Ihre Frau wird sich sicher mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn die Zeit dafür reif ist.» Paulis Stimme war freundlich und verständnisvoll, er erinnerte mich an den Pfarrer im Konfirman-denunterricht, der es ganz raffiniert angestellt hatte, unsere Hoffnungen und Sünden in Erfahrung zu bringen. Mit deren Hilfe hatte er uns junge Leute dann äußerst geschickt manipu-liert. Erst als Erwachsene hatte ich das Schema kapiert. Was wie ehrliches Interesse gewirkt hatte, war purer Machthunger gewesen. Schon damals hatte ich gelernt, Privatangelegenheiten besser für mich zu behalten. Was immer ich anderen erzählte, konnte gegen mich verwendet werden.
    Pauli wollte eine Welt herbeireden, in der Ehegatten einander nicht schlugen – er sprach immer von misshandelnden Ehepart-nern statt von Männern. Seiner Ansicht nach litten prügelnde Männer im Allgemeinen unter schwachem Selbstbewusstsein, das sich am besten durch ermutigende Worte eines anderen Mannes kurieren ließ. Hoffentlich konnte er mit seiner Methode Pasi Leiwo dazu bringen, stolz auf die Karriere seiner Frau zu sein.
    Als ich am Morgen aus dem Haus gegangen war, hatte ich das Telefon wieder eingestöpselt und eine neue Ansage auf den Anrufbeantworter gesprochen, in der ich meine Handynummer nicht mehr nannte. Wenn weitere Drohanrufe kamen, würde ich die Polizei benachrichtigen. Ich hatte beschlossen, mir keine Angst mehr einjagen zu lassen.
    Tiina Leiwo saß im Esszimmer und lackierte sich die Fingernägel. Die Schwellung in ihrem Gesicht war zurückgegangen, der blaue Fleck unter dem Make-up verborgen.
    «Guten Morgen, Tiina. Du siehst prima aus.»
    «Guten Morgen.» Sie machte sich nicht die Mühe, das Kom-pliment zurückzugeben; es wäre sowieso geschwindelt gewesen. «Kannst du mir sagen, was ich tun soll? Ich nehme Pasis Anrufe nicht an, aber wenn ich das Handy ausschalte, hinterlässt er eine Nachricht nach der anderen. Der Anrufbeantworter muss laufen, wegen dienstlicher Sachen. SMS schickt er auch, heute Morgen sind schon drei gekommen.»
    «Was für Nachrichten hinterlässt er denn?»
    «Er entschuldigt sich. Er sagt, er liebt mich, und fleht mich an, nach Hause zu kommen. Kann ich ihm glauben?»
    Sie trug die letzte Schicht dunkelvioletten Nagellack auf und spreizte die Finger wie eine Pianistin vor dem Spiel.
    «Das kommt darauf an, was du glauben willst.»

    «Wie geht es denn normalerweise in solchen Fällen weiter?»
    Mit ihren ausgestreckten Händen erinnerte Tiina an einen Ras-sehund, der um einen Leckerbissen bettelt. Vermutlich wollte sie von mir hören, dass sie Pasi glauben konnte, dass ihr Verschwin-den ihm einen Schrecken eingejagt hatte und er sich bessern würde.
    «Ich kann dir keine Garantien geben. Eine gemeinsame Therapie wäre sicher nützlich.»
    «Aber wir sind doch nicht verrückt!» Tiina zog die Hände zu-rück, der Nagellack hatte den gleichen Ton wie ihr Lippenstift.
    «Gewalt gehört nicht zu einem normalen Eheleben.»
    «Pasi ist gestresst! Er ist beruflich furchtbar eingespannt, weil seine Firma den Aufschwung nützen und ihren Marktanteil er-weitern will. Das ist der ganze Grund.»
    Die Verletzungen im Gesicht waren überschminkt, und mit ihnen war offenbar auch Tiinas gesunder Menschenverstand verschwunden. Es würde mich gar nicht wundern, wenn sie schon am Nachmittag zu einem Treffen bereit wäre. Sollte ich ihr von Irja Ahola erzählen, sie in mein Zimmer führen und ihr Irjas Foto zeigen? Ihr verschüchtertes, faltiges Gesicht, die krau-se Dauerwelle im dünnen Haar, die zerstochenen Finger der Näherin? Nein, Tiina würde sich nicht mit Irja identifizieren können.
    Pauli kam herein und berichtete Tiina von Pasis Anruf. Nach einigen Worten erklärte sie sich bereit, um drei Uhr am Partnergespräch teilzunehmen.
    In der letzten Nacht war eine unserer

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