Lehtolainen, Leena
Warnblinkanlage an und fuhr auf die Standspur. Kirstilä schaffte es gerade noch, die Tür aufzumachen, bevor er loskotzte. Das Erbrochene stank nach Bier und Wurst, prompt wurde mir auch schlecht. Ich gab mir Mühe, nicht durch die Nase zu atmen, trotzdem rebellierte mein Magen noch, als wir schon auf dem Revier waren.
Ich hatte angenommen, um diese Zeit wäre es in unserer Abteilung ruhig. Weit gefehlt! Als sich die Aufzugtür öffnete, hörten wir aufgeregtes Gekakel in einer unverständlichen Sprache, untermalt von Taskinens außergewöhnlich lauten Kommandos.
Auf dem Flur schien sich eine ganze Somaliersippe eingefunden zu haben. Es waren hauptsächlich Männer, dazwischen aber auch zwei vollkommen verschleierte Frauen und ein paar kleine Kinder.
»Himmel, Arsch und Wolkenbruch, was ist denn hier los?«, fragte Pertsa.
»Ein Brandanschlag in Suvela«, stöhnte Taskinen. »Irgendwer hat einen Molotowcocktail ins Wohnzimmer dieser Familie geworfen. Wir versuchen gerade, uns ein klares Bild zu ver-schaffen. Kann von euch jemand helfen? Oder habt ihr auch eine Verhaftung?«
»Geh du, Puupponen!«, kommandierte Pertsa, bevor ich eine andere Arbeitsteilung vorschlagen konnte. Ein kleiner Junge mit riesigen Augen lief mir zwischen die Füße und stolperte. Ich hob ihn mit tröstenden Worten auf, doch eine der schwarz verschlei-erten Frauen riss ihn hastig fort. Ich glaubte durch den Stoff hindurch eine leise Entschuldigung zu hören. Der Kontrast zwischen den barbusigen Kellnerinnen im »Fanny Hill« und diesen von oben bis unten verhüllten Frauen war so enorm, dass mich nicht einmal die sonst so bedrohlich wirkenden Schleier einschüchterten.
»Sehen wir zu, dass wir schnell mit Kirstilä fertig werden, Jyrki braucht sicher noch Hilfe«, schnaufte ich. Die somalischen Männer starrten den nach Erbrochenem stinkenden Joona missbilligend an. Ich schickte ihn als Erstes zum Waschen auf die Toilette.
»Vielleicht seh ich lieber mal nach, damit er sich nicht an seinem roten Schal aufhängt«, meinte Pertsa.
»Das hätte uns gerade noch gefehlt! Ich freu mich richtig drauf, eine Weile hier rauszukommen«, sagte ich gedankenlos.
»Was?!« Pertsa drehte sich entgeistert zu mir um, merkte aber offenbar im selben Augenblick, dass Kirstilä etwas im Schilde führte, denn er stürzte in den Waschraum und brüllte:
»Du Saukerl, was versuchst du da ins Klo zu stopfen?« Was ich anschließend hörte, klang, als würde jemand gegen die Kloschüssel knallen. Ohne Rücksicht auf den Gockel an der Tür lief ich hinein. Pertsa hielt Kirstilä fest gepackt.
»Guck mal nach, was er da reingeworfen hat!«
Ich hob den Deckel und spähte in die Schüssel, in der zum Glück nur eins schwamm, nämlich ein etwa fünf Quadratzenti-meter großes, durchsichtiges Plastiktütchen, das eine braune Substanz enthielt.
»Sieht nach Hasch aus. Wolltest du deswegen abhauen, Joona?« Kirstilä wand sich in Pertsas Griff, er wirkte immer noch betrunken. So ein Idiot, dachte ich und wusste nicht genau, wen von beiden ich meinte. Wenn Joona Kirstilä uns einfach gesagt hätte, was er am Dienstagabend getan hatte, wäre sein Haschisch niemandem aufgefallen.
»Wie es scheint, hat Herr Kirstilä gleich mehrere Anklagen zu erwarten«, sagte Pertsa maliziös und ließ den kleinen Mann los.
»Widerstand gegen einen Beamten und Drogenbesitz. Und als Sahnehäubchen eine Mordanklage. Das heißt, in Aira Rosbergs Fall handelt es sich ja nur um versuchten Mord.«
Joona Kirstiläs Augen wirkten plötzlich klarer.
»Was ist mit Aira?«
»Komm, Freundchen, spar dir das Theater. Du hast sie am Dienstagabend in Rosberga niedergeschlagen, oder wie seh ich das?«
Einer der Somalier öffnete die Toilettentür, zog sich aber hastig zurück, als er mich erblickte. Ich prustete los, ich konnte nicht anders. Dieser Tag war einfach zu viel für mich, ich hatte kein bisschen Willenskraft mehr übrig, um den Lachanfall zu stoppen.
»He, Kallio, was gibt’s da zu kichern? Komm raus hier!«, kommandierte Pertsa, doch damit brachte er mich nur noch mehr zum Lachen. Kirstilä starrte vor sich hin.
Schließlich bekam ich mich so weit in den Griff, dass ich vorschlagen konnte, die Vernehmung in meinem Zimmer zu führen. Pertsa holte Kaffee für sich und Joona und Kakao für mich, während ich den Recorder vorbereitete. Fest in seinen schwarzen Mantel gewickelt, kauerte Kirstilä im Sessel unter meiner Kollektion schöner Männer. Der Kaffee schien ihn ein wenig
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