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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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Milla ihrerseits Ström bedachte, war kein bisschen freundlicher.
    »Hat Tatjana das behauptet? Die kann ja nicht mal richtig Finnisch und Englisch auch nicht. Bist du sicher, dass sie den Dienstag gemeint hat? Oder spricht so ein Bulle wie du etwa Russisch?«
    »Wo warst du am Dienstagabend, Milla?«
    »Schick den Idioten raus!« Sie zeigte auf Ström. »Solange der dabei ist, sag ich kein Wort. Er kann sich ja von Tatjana was vortanzen lassen, dafür braucht er keine Sprachkenntnisse.«
    Ich nickte Pertsa zu, glücklicherweise war er einsichtig genug zu gehen. Oder er fand die nackten Busen im Erdgeschoss interessanter. Es war beklemmend, Milla zuzuschauen, wenn sie die Abgebrühte spielte. Als wollte sie mich bis zum Anschlag provozieren.
    »Also, schieß los. Was war am Dienstag?«
    »Ich …« Sie zwinkerte mit den Augen, die Wimperntusche lief in schwarzen Streifen über ihr Gesicht. »Ich konnte einfach nicht mehr. Ich hab in der Wohnung angerufen, wo unsere russischen Mädchen wohnen, und hab gefragt, ob eine von denen mich wenigstens ein paar Stunden lang vertreten kann.
    Das letzte Wochenende war wahnsinnig anstrengend gewesen, ich war einfach … müde.«
    »Warum hörst du nicht auf mit dem Job?«
    »Für eine Polizistin bist du ganz schön naiv! Wird mein Leben dadurch besser? Ich studiere brav Literatur und heirate einen anständigen Mann. Dass ich nicht lache!«
    Milla zog haufenweise Kleenextücher aus der Schachtel, die Wimperntusche färbte ihr ganzes Gesicht schwarz. »Dem Laden hier gehört meine Wohnung. Ich lass mich in kein Gemein-schaftsquartier stecken wie die Russinnen. Wo soll ich ’ne Wohnung hernehmen? Und komm mir jetzt nich mit ’nem Zimmer im Studentenwohnheim. Dafür bin ich zu asozial.«
    Mir wollten immer noch keine vernünftigen Worte einfallen, mir schossen nur leere Phrasen durch den Kopf. Häng den Job an den Nagel. Geh zur Therapie, arbeite deine Kindheitstrauma-ta auf. Zeig deinen Vater an. Ich zog es vor, diese Weisheiten für mich zu behalten und die Vernehmung fortzusetzen.
    »Dann warst du am Dienstagabend also zu Hause?«
    Milla schüttelte heftig den Kopf. Sie hatte schwarzen Lippenstift auf dem Kinn, ihre Nase war gerötet.
    »Ach Kacke, wozu erzähl ich dir das, du schnallst ja doch nichts! Du bist ’ne Polype, keine Elina. Ja, ja, ich war zu Hause, keine Zeugen. Oder vielleicht war ich auch in Rosberga und hab Aira ausgeknockt, weil sie wusste, dass ich Elina umgebracht hab. Ist doch scheißegal!«
    »Das ist es nicht.« Ich stand auf, suchte einen Weg, sie zu berühren, obwohl in diesem Raum Anfassen verboten war, hier durfte man nur zuschauen, wie sich jemand seelisch und körperlich entblößte. »Nein, ich bin nicht Elina«, sagte ich unsicher und strich ihr vorsichtig über die Schulter. »Aber vielleicht kann ich dir trotzdem helfen.«
    Die Tür wurde aufgerissen, diesmal ohne Anklopfen. Rami Salovaara spähte herein.
    »Milla, du wirst unten verlangt. Du hast eine Buchung, um Viertel vor sollst du tanzen … Jetzt mach dich erst mal zurecht, verdammt! Wir hatten doch ausgemacht, dass die Vernehmungen den Geschäftsbetrieb nicht stören.« Die letzte Bemerkung galt mir.
    »Ich bin fürs Erste fertig, besten Dank«, sagte ich und wusste nicht, ob ich über die Unterbrechung wütend oder erleichtert sein sollte. Um ein Haar hätte ich Milla angeboten, ihr Leben in Ordnung zu bringen, obwohl ich mit meinem eigenen genug zu tun hatte.
    Ich ging ins Erdgeschoss. Puupponen und Ström standen an der Bar und tranken ein Bier. Die Show hatte bereits begonnen, auf der Bühne verrenkte ein dem Aussehen nach minderjähriges Mädchen ihren anmutigen Körper. Puupponen sah ihr interessiert zu.
    »Ich kann ja allein zurückfahren, wenn ihr noch bleiben und die Aussicht genießen wollt«, feixte ich.
    »Das war schon alles? Deswegen hast du uns hergeschleppt?«, fragte Puupponen ungläubig. »Ich dachte, es gäbe eine Festnahme.«
    »Schön wär’s!« Ich ließ den Blick durch das Lokal schweifen.
    Ich fühlte mich unbehaglich, denn ich wurde von allen Seiten angeglotzt. In diesem festen Gefüge von gut gekleideten Männern und halb nackten Mädchen war ich ein Fremdkörper, eine Erinnerung an die Wirklichkeit, die hier keinen Platz hatte.
    Aber es war noch jemand im Lokal, der nicht wie der typische Kunde einer Sexbar aussah: An einem der hinteren Tische saß Joona Kirstilä, einsam und verloren in der lärmenden Gesellschaft der Anzugträger.
    »Da schau an, ein

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