Lehtolainen, Leena
aufzumuntern, mein Kakao dagegen war so erbärmlich dünn, als hätte Pertsa nur eine halbe Portion Pulver genommen.
Als Erstes fragten wir Kirstilä, wo er am Dienstagabend gewesen war.
»Am Dienstagabend«, wiederholte er verwundert. »Also vorgestern Abend? Wie soll ich mich denn daran erinnern! Ich muss in irgendeiner Kneipe gewesen sein, im ›Kosmos‹ vielleicht … oder doch im ›Corona‹ … Nein, zuerst im ›Kosmos‹
und später im ›Santa Fe‹. Da haben sie mich gegen eins rausge-schmissen, und dann muss ich wohl nach Hause gegangen sein.«
»Hast du dich mit irgendwem unterhalten?«
Kirstilä erwähnte ein paar bekannte Lyriker, die er im »Kosmos« getroffen haben wollte. Ich fragte wie nebenbei, ob er jeden Abend in der Kneipe hockte.
»Die Worte haben mich verlassen«, sagte er traurig, schlürfte seinen Kaffee und suchte in der Tasche nach Zigaretten, bremste sich jedoch.
»Und jetzt suchst du deine Worte in einer Tittenbar?«, fragte Pertsa boshaft. »Ich fand es da nicht besonders poetisch.«
Kirstilä schüttelte nur den Kopf. Auch zum Haschisch sagte er nur, er hätte es am Vorabend von irgendwem gekauft.
»War das im ›Corona‹ … oder im ›Kiiski‹ … Ich weiß es nicht mehr.«
Wäre statt Pertsa zum Beispiel Puupponen mein Partner gewesen, hätte ich ihn überredet, Kirstilä laufen zu lassen. Zu einem Streit mit Pertsa fehlte mir jedoch die Kraft, also stimmte ich seinem Vorschlag zu, die Vernehmung am nächsten Morgen Punkt acht Uhr weiterzuführen.
Ich konnte kaum noch die Augen aufhalten, als ich durch das Schneetreiben nach Hause fuhr. Ich ließ mir Zeit, lächelte über einen Hasen, der über die Straße flitzte, und über einen Skiläufer, der dem dichten Schneefall trotzte und über die Felder von Henttaa glitt. Zuerst glaubte ich, es wäre Antti, doch der Läufer war kleiner und stämmiger. Im Haus brannte Licht, es duftete nach frisch gebackenem Brot. Einstein kam mir in der Diele entgegengerannt, gefolgt von Antti, der mich fröhlich anlächelte. Ich hatte erwartet, ihn nach der Protestversammlung frustriert und niedergeschlagen zu erleben, doch er strahlte förmlich.
»Na, Geliebte, noch bei Kräften nach dem langen Tag?« Er legte die Arme um mich. Seine langen Haare dufteten nach Teer und Wind, sein Pullover war mehlbestäubt.
»So gerade noch. Was für ein herrlicher Duft, ich bin halb verhungert.«
»Kirsti hat vor einer Stunde angerufen. Sie haben ein kleines Mädchen bekommen.« Die frohe Nachricht am Ende eines harten Tages ließ mir Tränen in die Augen steigen. Verrückt.
Bisher hatte ich noch nie geheult, wenn jemand ein Kind bekam.
»Ist alles gut gegangen?«, fragte ich und dirigierte Antti in die Küche zum warmen Brot.
»Ich denke schon, obwohl die Geburt fast zwölf Stunden gedauert hat. Sie wollen übers Wochenende in Tammisaari bleiben. Wir könnten sie ja am Samstag besuchen, wenn du Zeit hast.«
Nach vier Scheiben Brot verlangte mein Körper noch eine heiße Dusche, es war irrsinnig spät, als ich endlich zwischen Antti und Einstein einschlief. Ich träumte von Mädchen mit nackten Brüsten, die kleine Katzen stillten. Am nächsten Morgen versuchte ich, die Spuren des Schlafmangels durch elegante Kleidung und sorgfältiges Make-up zu verbergen. Die Bauchmuskeln schmerzten nach dem harten Training, ich war mir fremd. Aber mein Körper gehörte ja auch nicht mehr mir allein. In mir wohnte ein anderer, etwas, das noch nicht viel Platz brauchte, mir aber dennoch den Kaffee sauer aufstoßen ließ, ein Wesen, dessen Geruchssinn den meinen verdrängt hatte und das Benzingestank und Zigarettenqualm viel intensiver wahrnahm als ich. Dieses Wesen brauchte viel Schlaf, um zu wachsen, und machte auch mich müde. In mir wohnte etwas, das mir beim geringsten Anlass Tränen in die Augen treten ließ.
Bald würde es rapide wachsen, mein Taillenumfang würde zunehmen, bis ich weder in meine alte Haut noch in meine Kleider passte. Und zum Schluss kam das Wesen aus mir heraus und war ein selbständiger Mensch und doch jahrelang abhängig von mir.
Eingehend betrachtete ich mein gepudertes Gesicht im Spiegel und sah hinter meinen Augen die Augen eines Unbekannten.
Plötzlich verspürte ich eine Freude, für die ich mich fast schämte, ich wischte mir hastig die Tränen ab und ging hinaus, bereit für einen neuen harten Tag. Nachdem ich Antti in Tapiola an der Bushaltestelle abgesetzt hatte, machte ich mich auf den Weg zum Arbeitsplatz.
Auf der Vanha
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