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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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Kein Ehepartner, keine Kinder. Auch sonst keine Einträ-
    ge. Ich holte mir auch das Strafregister auf den Schirm, obwohl ich ganz sicher war, nichts zu finden. Doch ich hatte mich getäuscht, es war eine Festnahme vermerkt, 1970 bei einer Demonstration gegen den Schah. Danach aber fünfundzwanzig Jahre nichts. Was noch … Hatten wir das Ärzteverzeichnis in unserer Datenbank? Vielleicht wurden da auch die Psychothera-peuten genannt. Wieder tippte ich eine Weile, bevor ich fand, was ich suchte. Elina Rosberg, Abitur 1973 an der Französischen Schule in Helsinki, Diplompsychologin 1979, Approbation als Psychotherapeutin 1981. Seit 1990 Besitzerin des Therapiezentrums Rosberga, vorher unter anderem in der Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik in Helsinki und in der Nervenheilanstalt Lapinlahti tätig. Hobbys: Naturbeobachtungen und Lesen. Auch hier nichts Außergewöhnliches, nichts, was mich weiterbrachte. Elinas Familie war ungewöhnlich klein. Sie war als Einzelkind aufgewachsen. Auch ihre Mutter hatte keine Geschwister gehabt, und die beiden Brüder von Kurt und Aira Rosberg waren im Krieg gefallen. Neben Aira hatten ihr Joona Kirstilä und Tarja Kivimäki am nächsten gestanden. Vielleicht konnten sie mir sagen, wer Elina ermordet haben könnte, wer sie in eine langsam auftauende Schneefrau verwandelt hatte.
    Ermordet? Warum in aller Welt versteifte ich mich darauf, bisher deutete doch nichts auf ein Verbrechen hin. Es konnte sich ebenso um einen Unfall oder Selbstmord handeln.
    Ich spürte einen seltsamen Druck im Bauch. Meine Tage mussten bald anfangen, wann hatte ich sie eigentlich zuletzt gehabt? Jahrelang war meine Menstruation dem Rhythmus der Pillenpackung gefolgt, aber seit ich die Spirale trug, achtete ich nicht mehr so genau darauf. Meine Brüste waren jedenfalls empfindlich wie immer vor dem Beginn der Periode. Ich kramte gerade in der Schreibtischschublade nach einem Reservetampon, als es klopfte.
    »Komm nur rein!« Ich rechnete mit Taskinen, denn von den anderen Kollegen hielt es kaum einer für nötig, anzuklopfen.
    Doch an der Tür stand eine mir unbekannte Frau. Sie war etwa so alt wie ich oder ein paar Jahre älter, der Typ Frau, dessen Alter schwer zu schätzen ist. Etwa eins sechzig groß, mit einem blassen, unauffälligen Gesicht, dessen Unpersönlichkeit durch das sorgfältig aufgetragene, in Frauenzeitschriften gern als natürlich bezeichnete Make-up unterstrichen wurde. Die knapp ohrlangen braunen Haare waren nach innen geföhnt und wurden von einem schwarzen Lederreif aus der Stirn gehalten. Sie trug eine elegante Brille, die Augen dahinter hatten die Farbe unreifer Blaubeeren. Das braune Kostüm, das den sehnigen Körper umhüllte, hätte aus einem Katalog für erfolgreiche Karrierefrauen stammen können.
    »Sie sind offenbar Hauptmeisterin Kallio. Ich bin hier, um mit Ihnen über Elina Rosberg zu sprechen.«
    Was für ein Wahnsinnskontrast: Das Äußere dieser Frau war mir völlig unbekannt, die Stimme dafür umso vertrauter. Es konnte sich nur um die Fernsehjournalistin Tarja Kivimäki handeln. Sie bestätigte meine Vermutung, wobei sie mir kurz, aber fest die Hand drückte. Ihre Fingernägel waren sorgfältig in Form gefeilt und in einem unauffälligen, hellen Ton lackiert.
    »Aira Rosberg hat mich angerufen und erzählt, dass man Elina tot aufgefunden hat. Offenbar hält man Selbstmord für möglich.« Tarja Kivimäki nahm auf dem Sofa Platz und schlug damenhaft die Beine übereinander. Sie hatte ausgesprochen schöne, getrimmte Unterschenkel. Für welche Sportart entschied sich eine Frau wie sie? Aus irgendeinem Grund tippte ich auf Schattenboxen oder Fechten.
    »Ich möchte klarstellen, dass der Verdacht auf Suizid völlig absurd ist. Elina hätte so etwas nie getan. Wenn sie psychisch so schwer belastet gewesen wäre, hätte sie professionelle Hilfe in Anspruch genommen.« Hinter der ruhigen Stimme schwangen die Schärfe und Wut mit, die ich von ihren politischen Reportagen in den Fernsehnachrichten kannte. Es war eine interessante Kombination: die ruhige, intelligente Oberfläche, unter der unangenehme Fragen hervorbrachen, die viele Politiker in Verlegenheit brachten.
    »Bis die Obduktionsergebnisse vorliegen, können wir tatsächlich nur Spekulationen anstellen.« Ich merkte, wie ich mich in Kampfposition begab, um keinen Preis wollte ich vor Tarja Kivimäki als tumbe Polizistin dastehen. Na gut, den Ministerpräsidenten konnte sie ins Stottern bringen, aber Maria Kallio

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