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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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aufgefallen, wie schlank ihre Waden neuerdings waren. Geradezu schön.
    »Holst du mir bitte das Telefonbuch?«, bat ich. Katja wälzte sich vom Hocker wie ein missmutiger Teenager.

    »Wen willst du denn anrufen?«
    »Die Auslandsauskunft. Um nach der Nummer deines Vaters zu fragen. Wahrscheinlich wohnt er ja noch in Göteborg.«
    »Du weißt, wo er wohnt?« Sie warf ihre Mähne zurück wie ein Pferd. »Hast du seine Adresse?«
    »Nicht mehr, ich hab sie weggeworfen. Holst du nun das Telefonbuch?«
    Katja holte das Buch aus dem Flur und warf es wütend auf den Tisch. Ich suchte die Nummer der Auskunft heraus und rief dort an. In Göteborg gab es tatsächlich eine Eintragung für Tiainen, Eero und Angela. Ich notierte mir die Telefonnummer und die Adresse: Wasagatan.
    »Jetzt kannst du aber noch nicht anrufen, da ist es noch eine Stunde früher als hier«, sagte Katja aufgebracht.
    »Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein!« Ich holte tief Luft und wählte die Göteborger Nummer.
    In dem Frühjahr, als Katja Abitur machte, hatte sich Eero wieder gemeldet. Er erzählte, er sei in Finnland gewesen, habe in der Zeitung Katjas Namen auf der Liste der Abiturienten gesehen und wolle seiner Tochter etwas schenken. Es ging um eine beträchtliche Geldsumme, doch ich sagte, weder Katja noch irgendwer sonst wolle je wieder etwas von ihm hören. Eero glaubte mir, weil er mir glauben wollte. So war er schon immer.
    Auch als ich damals angedeutet hatte, Kaitsu sei vielleicht nicht von ihm, hatte er die Behauptung akzeptiert, denn so war es am einfachsten.
    Es dauerte lange, bis sich eine Frauenstimme meldete.
    »Kann ich mit Eero Tiainen sprechen?«, fragte ich mit strenger Stimme auf Schwedisch. »Sein Sohn liegt halbtot im Krankenhaus.«
    Die Frau schrie auf und stammelte etwas von einem Örjan.
    Offenbar hatte Eero auch mit dieser Angela einen Sohn. »Es geht um Kaitsu, seinen Sohn in Finnland«, fügte ich hinzu. Bald darauf hörte ich Eeros Stimme:
    »Sirkka?«
    Ich berichtete ihm kurz, was passiert war. Er schien langsam wach zu werden.
    »Es besteht also keine Lebensgefahr mehr?«, fragte er schließ-
    lich.
    »Nein, aber möglicherweise wird dein Sohn nie mehr laufen können.«
    »Soll ich nach Finnland kommen?«
    »Das musst du selbst entscheiden. Er liegt in Espoo in der Klinik.«
    »Wohnt ihr noch in Matinkylä?«
    »Ich ja.«
    Eero versprach nichts, aber Versprechungen hatte ich auch nicht erwartet. Als ich auflegte, hatte Katja ihren Kaffee halb ausgetrunken und starrte mich an, als wäre ich der Fahrer, der Kaitsus Unfall verursacht hatte.
    »Das ist doch nicht zu fassen! Du hast die ganzen Jahre gewusst, wo Vater wohnt, und uns nichts davon gesagt?«
    »Was hättet ihr davon gehabt? Er hat euch sitzenlassen.«
    »Die Entscheidung, ob ich mit ihm etwas zu tun haben will oder nicht, hätte ich gern selbst getroffen! Und was hast du über Kaitsu gesagt? Besteht die Gefahr, dass er gelähmt ist?«
    »Ja.«
    Katja fing wieder an zu weinen, in Krisensituationen heulte sie immer, genau wie Sara, Mutter und Rane. Veikko hatte bei Vaters Tod immerhin die Nerven behalten und die Polizei alarmiert, aber um alles Übrige hatte ich mich kümmern müssen.
    Ich trank noch etwas Tee, wusch mir das Gesicht und rief ein Taxi. Katja wollte mitkommen, doch ich sagte ihr, sie solle bleiben und noch eine Weile schlafen. Den Zettel mit Eeros Telefonnummer ließ ich absichtlich auf dem Tisch liegen. Sollte sie ihn ruhig anrufen, wenn sie es für richtig hielt.
    Im Krankenhaus passierte stundenlang gar nichts. Ich saß im Wartezimmer und las die Plakate, auf denen Anleitungen für Nordic Walking und Informationen über Herzkrankheiten standen. Die Zeit hatte keine Bedeutung, sie war wie eine Spirale, in der sich Gegenwart und Vergangenheit vermischten.
    Ich erinnerte mich an andere Wartezimmer, zum Beispiel an das des Arztes in Kuopio, wo ich auf die Bestätigung gewartet hatte, dass ich ein uneheliches Kind bekam, und an das Polizeirevier, wo ich noch einmal zu Vaters Tod vernommen worden war.
    Ebenso deutlich erinnerte ich mich auch, wie es im Gerichtsge-bäude gerochen hatte, als ich darauf wartete, als Zeugin aufgerufen zu werden. Ich hätte so gern etwas gesagt, was Rane entlastet hätte.
    Ich konzentrierte mich auf ein einziges Wort. Geh! Kaitsu hatte es früh gelernt, schon mit zehn Monaten. Von da an war er ständig herumgelaufen, auch wenn er immer wieder hingefallen war und sich blaue Flecken geholt hatte. Marja Kalmanlehto

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