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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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genommen hatte, wachte ich schon um viertel nach fünf auf und konnte nicht mehr einschlafen. Aus Angst, den Wecker zu überhören, wagte ich keine zweite Tablette zu nehmen. Also las ich bis sieben Uhr in alten Sound-Heften, dann stand ich auf und kochte Kaffee. Gegen Mittag sollte ich in Kodes Studio sein. Ich hatte nur drei meiner Songs für präsentabel befunden: das Gefängnislied, das sich mit reiner Gitarrenbegleitung allerdings nach nichts anhörte, ein uraltes Sehnsuchtslied, das ich für Karri geschrieben hatte und das meiner Stimme schmeichelte, und ein witziges Stück im Ramones-Stil. »Der schönste Surfer weit und breit, ich sah dich an wie nicht gescheit. Jedem Mädchen wurden die Knie weich, du warst so cool, so braungebrannt und reich.« In dem Lied ging es um ein einfaches Mädchen aus Matinkylä, das erkennt, dass der Junge aus der Luxusvilla für sie unerreichbar ist, und deshalb beschließt, mit einem gestohlenen Surfbrett weit hinaus aufs Meer zu fahren: »Richtung Tallinn, weiter und weiter, kreischende Möwen sind meine Begleiter, von Welle zu Welle, auf und ab, das wogende Meer wird mein Grab.« Im Allgemeinen fiel es mir leicht, das Lied mit einem Lachen zu singen, wie es sein sollte, aber diesmal fand ich es überhaupt nicht lustig.
    Meine Stimme war heiser und kehlig, wahrscheinlich brütete ich eine Erkältung aus. Am besten sagte ich den Termin ab.
    Aber nein, dann würde ich mir beim nächsten Mal einen anderen Vorwand einfallen lassen. Ich sang mich ein, und als der Nachbar an die Wand klopfte, ging ich ins Bad und machte dort weiter.
    Essen konnte ich nichts. Ich brachte nur Milchkaffee herunter, obwohl in meinem Magen ein Loch klaffte, das mit Leckerbissen gestopft werden wollte. Nach dem Vorsingen würde ich mir den Bauch vollschlagen und trinken, bis ich umfiel. Vom Gefängnishof schallte wieder eine Lautsprecherstimme herüber, dann hörte man eine Sirene, und ein Krankenwagen fuhr durch das Tor. Sanitäter liefen in das Gebäude und kamen bald darauf mit einer Trage zurück. War Rane auch so abtransportiert worden, oder hatte man ihn bereits im Gefängnis für tot erklärt?
    Im selben Moment ging mir auf, dass er exakt am selben Tag vor vierundzwanzig Jahren gestorben war.
    Die Gedanken an Rane ließen sich nicht abschütteln. Die Zeit tröpfelte dahin, dennoch hatte ich es zum Schluss eilig. Ich zog eine dicke Strumpfhose, einen kurzen Wickelrock und einen Baumwollpullover an, denn es war mir wichtig, dass die Kleidung mich nicht einengte. Meine Beine wirkten lang und staksig, das Gewicht der Gitarre zog mir die Schulter nach unten. Ich versuchte, tief in den Brustkorb zu atmen und mich aufrecht zu halten. Als ich zum Studio Blitz ging, fiel nasser Schnee. Eigentlich war dieses Treffen nicht so wichtig, redete ich mir ein. Kode und Pekka wollten nur hören, ob meine Songs brauchbares Rohmaterial für eine Demoaufnahme boten. Die Demo selbst hatte noch gar nichts zu bedeuten, als Nächstes musste ich eine Plattenfirma finden. Da ich die zwanzig längst überschritten hatte und nicht wie ein Fotomodell aussah, würde das nicht einfach sein.
    Meine Schritte hallten durch das Treppenhaus des Studioge-bäudes. Ich stieß versehentlich mit dem Gitarrenkasten an die Wand und bat Mister Black um Entschuldigung. Zaghaft klopfte ich an die Tür zu Kodes Büro. In dem kahlen Flur klang das Klopfen unnatürlich laut.
    »Hallo, Katja! Ich bin mächtig gespannt auf deine Stücke.
    Sanna kann übrigens nicht zu deiner Party kommen, sie hat eine Verabredung mit ihrer Schwester, aber ich komme gern.«
    »Und eure Kinder?«
    »Die bringen wir zur Oma. Es tut gut, ab und zu unbeschwert zu feiern. Wollen wir? Pekka ist schon im Studio und bereitet alles vor.«
    Obwohl ich gerade erst zu Hause auf der Toilette gewesen war, musste ich schon wieder. Meine Hände waren kalt, ich drehte den Warmwasserhahn auf und hielt sie lange darunter.
    Dann trank ich einen Schluck Wasser, um meinen knurrenden Magen zu besänftigen.
    Das Studio hatte keine Fenster. Die Wände waren zum Teil mit Akustikplatten, zum Teil mit Eierschachteln abgedämmt.
    Ein einsames Mikrophon und zwei Hocker in unterschiedlicher Höhe erwarteten mich. Ich wählte den niedrigeren.
    »Hallo, Katja!«, rief Pekka durch das Plexiglas der Tonkabine.
    »Wir machen erst mal eine einfache Aufnahme ohne Feinregu-lierung. Ich bring dir einen Schallkörper für die Gitarre, warte einen Moment. Wie viele Songs hast du mitgebracht?«
    »Drei«,

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