Lehtolainen, Leena
solltest aufpassen, wenn du mit ihr sprichst.«
Damit legte er auf. Ich dachte an Sara, die in jener schrecklichen Nacht an mir vorbeigerannt war. Wie war das Blut an ihr Nachthemd gekommen?
Der Kognak entfachte eine brennende, widerliche Hitze in meinem Innern. Ich goss den Rest aus dem Glas in die Flasche zurück. Es war längst Schlafenszeit, doch ich fühlte mich nicht schläfrig. Also kochte ich mir Kakao und schlug das neueste Buch von Enni Mustonen auf. Bald fühlte ich mich besser. Ich putzte mir die Zähne, machte mir auf dem Sofa das Bett zurecht, legte mich hin und las weiter. Als ich das Licht ausknipste, wollte der Schlaf sich nicht einstellen. Saras Gesicht und ihre Worte gingen mir im Kopf herum, und auch an Mauri musste ich denken, den gebeugten, hilflosen Mauri, der vor der endgültigen Auseinandersetzung davongelaufen war.
»Jemand, der mir sehr nahestand, trat zwischen uns und zerstörte unsere Beziehung …«
Als Mauri immer wieder in der Buchhandlung erschien, begriff ich zuerst nicht, dass er meinetwegen kam. Nach Eero hatte ich ein paar unverbindliche Beziehungen gehabt, doch keinem dieser Männer wollte ich einen bleibenden Platz in meinem Leben einräumen. In den Büchern, die ich las, rochen die Männer angenehm und hatten genau das richtige Lächeln, in den Filmen hatten sie sanfte Stimmen, und ihre Hände sahen aus, als könne man sich von ihnen berühren lassen, doch in der Wirklichkeit hatten Männer klobige Hände und redeten ungehobeltes Zeug. Beim dritten oder vierten Mal begann ich den Sex mit einem realen Mann zu genießen, aber in diesem Stadium war ich für sie bereits ein erlegtes und abgehäutetes Wild, mit dem sie vor ihren Jagdfreunden nicht mehr prahlen konnten.
Mauri war anders. Er war eine Mischung aus Romanheld und Realität. Er hatte es nicht eilig, erst nach zwei Monaten schliefen wir zum ersten Mal miteinander. Da begehrte ich ihn bereits und hatte mich gefragt, weshalb er kein Interesse zeigte. Im Bett war er sensibler und nervöser als viele andere, er beobachtete meine Reaktionen und ging erstaunlich aufmerksam auf meine Bedürfnisse ein. Sein Rasierwasser roch weder süßlich noch muffig, sondern nach Wald.
Ich gestand mir nie ein, dass ich mich verliebt hatte, und verbot mir, von einer gemeinsamen Zukunft zu träumen. Nach einer Weile kam mir der Verdacht, auch Mauri wolle sich nicht endgültig binden. Er wirkte mitunter abwesend, und dann wieder hatte er keine Zeit, sich mit mir zu treffen. Ich dachte, er habe seine Scheidung und die Trennung von den Kindern noch nicht überwunden. Über seinen Vorschlag, mit mir nach Pielavesi zu fahren und meine Mutter zu besuchen, war ich überrascht, aber auch unendlich dankbar, denn ich nahm seinen Wunsch als Zeichen, dass er es doch ernst meinte. Als wir in Pielavesi an der Kirche vorbeifuhren, überlegte ich unwillkürlich, ob die Trauung dort stattfinden sollte und ob wir anschließend im Hotel Resident feiern würden. Eero und ich hatten ebenfalls in der Kirche von Pielavesi geheiratet, aber das Fest hatte bei uns zu Hause stattgefunden, weil wir uns nichts anderes leisten konnten.
Später versuchte Mauri, seine Verfehlung damit zu erklären, dass er Sara nicht habe vor den Kopf stoßen wollen. Sie habe ihm nämlich mit Selbstmord gedroht. Das glaubte ich unbese-hen. Er bat mich, ihm noch eine Chance zu geben, doch ich lehnte ab. Sara wollte ich nie wiedersehen. Hätte ich mich doch nur daran gehalten! Doch als Mutter krank wurde, flehte sie um Versöhnung. Seitdem verhielt sie sich, als hätte Mauri nie existiert.
Ich war es leid, die ganze Nacht mit meinem ohnmächtigen Hass zu ringen. Da hörte ich plötzlich Katjas Stimme aus weiter Vergangenheit:
»Immer muss ich aufräumen! Warum nicht Kaitsu? Er hat genauso viel Unordnung gemacht wie ich. Aber unser Kaitsu braucht ja nie einen Finger zu rühren, unser Kaitsu ist Mamas kleiner Liebling …«
»Du räumst sofort auf, du faule Kuh!«, hatte ich sie damals angebrüllt. An diese Worte musste ich später denken, als Katja mir von ihrer Krankheit erzählte. Vielleicht hätte ich sie besser für mich behalten. Und was war mit all den Worten, die Katja mir an den Kopf geworfen hatte? Würde ich sie ihr vorhalten, wenn ich krank wurde, so wie Mutter krank geworden ist?
Ich wollte so nicht denken. Stattdessen versuchte ich, mich an die Zeit zu erinnern, als Katja und Kaitsu kleine hilflose, nach Milch riechende Bündel gewesen waren, an die flüchtigen
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