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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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wurde ich schwanger. Ich musste natürlich abtreiben, weil ich nicht wusste, wer der Vater war. Mit Hilfe einer Frauengruppe fand ich wieder Boden unter den Füßen und suchte weiter nach der Liebe.«
    Aber du hast deine große Liebe doch gefunden! Warum sprichst du nicht über Reetta?, fragte ich Sara in Gedanken und merkte plötzlich, dass ich laut gesprochen hatte. Saras lesbische Phase hatte Mutter schwer erschüttert und ihr höllische Angst eingejagt, die Nachbarn in Pielavesi könnten davon erfahren.
    Nach knapp einem Jahr war es aber auch schon vorüber, wie fast jede Phase in Saras Leben.
    »Dann lernte ich Mauri kennen. Er war mein Seelenverwand-ter, das erkannte ich auf den ersten Blick. Doch unser Glück hatte keine Chance. Ein anderer Mensch, zu allem Überfluss jemand, der mir sehr nahestand, trat zwischen uns und zerstörte unsere Beziehung. Das brach mir das Herz. Ich wurde Alkoholikerin, litt unter Panikattacken, Anorexie und Bulimie. Die Anonymen Alkoholiker haben mir eine Zeitlang geholfen, dann Psychotherapie, Homöopathie und jetzt die Healing-Gruppe.
    Durch Malen und Meditation fand ich den Weg zu meinem inneren Kind und zu meiner Kreativität. Damit begann der Genesungsprozess. Ich hoffe auf die Liebe und möchte eine Familie gründen. Dafür ist es noch nicht zu spät.«
    Die letzten Aufnahmen zeigten Sara am Meer, Sonnenlicht tanzte auf dem Wasser und brachte ihre Haare zum Leuchten.
    Sie lächelte träumerisch.
    Die darauffolgende Geschichte des Rollstuhlfahrers rauschte an mir vorüber, ich hörte nur die Worte Scheidung, Konkurs und Selbstmordversuch. Am liebsten hätte ich ein Taxi gerufen und wäre zu Sara gefahren, und zwar mit dem schweren Kartoffel-stampfer aus Marmor. Wie konnte ich mich je wieder an meinem Arbeitsplatz blicken lassen? Was fiel Sara ein, derartige Lügen über mich und unseren Vater zu verbreiten?

    Im Abspann wurden die Namen der Menschen genannt, die ihre Geschichte erzählt hatten. Ich versuchte mich zu beruhigen.
    Nur wer uns beide kannte, wusste, dass Sara meine Schwester war. Ansonsten konnte niemand diese Sara Selin mit Sirkka Tiainen in Verbindung bringen, wir sahen uns nicht einmal ähnlich.
    Sara anzurufen, wagte ich vorläufig nicht, aus Angst, mich zu Äußerungen hinreißen zu lassen, die ich später bereuen würde.
    Ich stöpselte das Telefon trotzdem ein und wählte Katjas Nummer. Sie meldete sich erst beim dritten Versuch.
    »Na, hast du jetzt gesehen, wohin dein Gerede von Ranes angeblicher Unschuld geführt hat?«
    »Was?« Im Hintergrund hörte man Lärm: Gläserklirren, Lachen und Musik. Katja war schon wieder in einem Lokal.
    »Die Sendung über Sara, hast du sie dir nicht angesehen?«
    »Ich hab’s aufgenommen. Jetzt kann ich nicht weiterreden, die Verbindung ist so schlecht. Wenn ich die Sendung gesehen habe, ruf ich dich an. Ciao!«
    Katja trank zu viel. Ich hatte jetzt allerdings auch eine Stärkung nötig. Zum Muttertag hatten Katja und Kaitsu mir eine Flasche guten Kognak geschenkt, von dem ich seither keinen Tropfen mehr getrunken hatte. Ich schenkte ein Schnapsglas voll, denn Kognakschwenker besaß ich nicht. Das Getränk war stark und scharf, es roch schlimmer als der Hustensaft in meiner Kindheit, aber vielleicht half es. Als das Telefon klingelte, zögerte ich, den Hörer abzunehmen. Aber wenn Sara die Stirn hatte, mich nach alldem anzurufen, hatte sie sich die Folgen selbst zuzuschreiben.
    Doch es war Veikko.
    »Na, Schwesterherz, hat dir die Fernsehunterhaltung gefallen?«
    »Es war entsetzlich!«

    »Sara ist eine blendende Schauspielerin. Für ihr Talent, sich zur Heldin großer Tragödien zu stilisieren, hätte sie einen Oscar verdient«, lachte er.
    »Sie hat die ganze Zeit gelogen, über mich und Vater und Mauri …«
    »Ich weiß. Deshalb rufe ich ja an. Du darfst dir nichts daraus machen, hörst du?«
    »Natürlich mache ich mir etwas daraus! Sara hat mich in aller Öffentlichkeit bloßgestellt!« Ich merkte, dass mir die Tränen kamen. Seit Jahren hatte mich außer Büchern und Filmen nichts mehr zum Weinen gebracht, selbst auf Mutters Beerdigung waren meine Augen trocken geblieben.
    »Hast du dir eigentlich nie Gedanken darüber gemacht, weshalb Rane kein Geständnis abgelegt hat?«
    »Fang du nicht auch noch an!«
    »Wieso ich auch?«
    »Sara und Katja sind schon schlimm genug!«
    »Kennst du Sara noch immer nicht? Bei ihr ist es wie bei der amerikanischen Polizei: Alles, was du sagst, kann gegen dich verwendet werden. Du

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