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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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Die Kreditberaterin wollte sich auch gleich um die verbleibenden vierzigtausend kümmern und empfahl mir verschiedene Anlagemöglichkeiten. Ich hatte keine Lust, ihr darzulegen, welche realistischen Investitionen ich im Auge hatte: einen neuen Außenbordmotor, eine Flasche vom besten Kognak und eine ordentliche Fahrradlampe.
    Anschließend aß ich im »Rosso« Rindfleisch mit Knoblauch und trank ein Glas Rotwein dazu. Gegen meine Gewohnheit bestellte ich mir sogar ein Eis als Dessert. Als Großmutter sterbend im Krankenhaus lag, nahm Mutter Rane und mich zu einem Besuch mit. Sirkka blieb zu Hause, um Sara zu hüten, die damals noch ein Baby war. An das Krankenhaus habe ich keinerlei Erinnerung, aber bevor wir nach Pielavesi zurückfuh-ren, spendierte Mutter uns ein Eis: eine Kugel Erdbeer, eine Kugel Schokolade, Schokoladensoße und Schlagsahne. Der Eisbecher im »Rosso« schmeckte ähnlich. Eigentlich hatte den ja auch Mutter spendiert.
    Ich bestellte ein Taxi, fuhr zum Alkoholgeschäft und von dort zum Supermarkt. Der Taxifahrer war aus Kirkkonummi, ich kannte ihn nicht, aber er half mir, meine Einkäufe bis an die Haustür zu tragen. Ich gab ihm ein großzügiges Trinkgeld.
    Während ich meine Vorräte auspackte, dachte ich über die Anschaffung eines Hundes nach. Oder sollte ich mir Hund und Katze zulegen?
    Der Gedanke war so überwältigend, dass ich mich umzog und zu einem Spaziergang aufbrach. Als ich aus dem Haus trat, wurde mir bewusst, dass ich nun auf eigenem Grund und Boden stand, dreieinhalbtausend Quadratmeter Land, das mir allein gehörte. Auf der Straße kam mir Clasu mit seinem Traktor entgegen. Ich lud ihn für den Abend zu einem Kognak ein, und er versprach zu kommen. Dann schlug ich den Weg zum Ufer ein, die Felder strahlten in warmem Braun, und auch der nackte Wald klagte nicht über Kälte. Auf der Stromleitung hockten Elstern.
    Der Wind kam von Süden und türmte hohe Wellen auf. Am Horizont war ein Schleppkahn zu sehen, zwei Schwanenpaare zogen einige hundert Meter vom Ufer vorbei. Ich hatte Lust zu schwimmen, zog mich aus und watete ins Wasser. Es war höllisch kalt, doch ich machte trotzdem einige Schwimmzüge.
    Der Sand unter meinen Füßen war geriffelt, die Algen, die sich am Ufer angehäuft hatten, fühlten sich warm an. Ich hüpfte auf und ab, bis ich trocken war, zog mich an und betrachtete den Horizont und den Himmel mit den dicken Wolken, die die Farbe von Blaubeermilch hatten. Der Anblick war so schön, dass mir fast die Tränen gekommen wären. Meine Landschaft! Mein Zuhause!
    Haimakainen und seine Frau waren ebenfalls unterwegs, ich überholte sie auf dem Rückweg. Die Frau schlenkerte heftig mit ihren Stöcken, die Haimakainen peinlich zu sein schienen. Wir lächelten und grüßten uns, die Frau meinte ebenfalls, es sei ein schöner Tag. Ich hatte das Gefühl, hierher zu gehören.
    Clasu und ich tranken genau die richtige Menge Kognak. Er erzählte, die Hündin von Görans Schwester habe Junge geworfen. Ich fragte, ob sie die Mutter eines dieser verrückten Viecher sei, die winselnd am Ufer stehen, wenn ihr Herrchen schwimmt, doch das wusste er nicht. Die Mutter sei jedenfalls eine Finnische Spitzhündin und der Vater aller Wahrscheinlichkeit nach der eigensinnige Samojede des Nachbarn. Ich versprach, mich zu melden.
    Clasu verabschiedete sich gegen zehn. Es hatte aufgeklart, vom Stubenfenster aus war der Große Wagen zu sehen, und ganz oben prangte der Polarstern. Ich ging auf den Hof, um zu pinkeln und die Sterne zu betrachten. Es roch nach Frost.
    Ich war vierundvierzig und besaß ein schuldenfreies Haus.
    Bisher hatte ich einen Band mit Erzählungen und vier Romane veröffentlicht, im nächsten Jahr würde der fünfte erscheinen. Im Lauf meines Lebens war ich mit elf Frauen zusammen gewesen, keine große Zahl, schien mir. Die längste Beziehung hatte ein Jahr gedauert. Ich hatte sie beendet, als die Frau sich im Kaufhaus die Kinderwagen ansah.

    Sara hatte in dem Dokumentarfilm gesagt, es sei noch nicht zu spät für sie, Kinder zu bekommen. Sie war einundvierzig. Auch für mich war es nicht zu spät, Männer hatten ihr Leben lang Zeit. Wer keine Kinder will, ist in meinen Augen ein Feigling.
    Ich gestehe freiwillig, dass auch ich zu dieser Kategorie gehöre.
    Neugierigen gegenüber begründe ich meine Entscheidung mit der Überbevölkerung der Erde. Frauen halten mich daraufhin für edelmütig. Wenn ich einer Frau sagen würde, dass ich meine Verrücktheit nicht ins dritte

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