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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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und vierte Glied weitervererben will, würde sie behaupten, das könne sie verhindern. Nach Ansicht der Frauen ist nämlich nichts so allmächtig wie ihre Liebe. Eine hat sogar erklärt, sie könne aus mir einen offenen, mutigen Menschen machen.
    Es war schon zwei Jahre her, seit ich zuletzt bei einer Frau war. Jetzt hatte ich plötzlich Lust. Es blieb mir keine andere Wahl, als es allein zu erledigen. Bilder von ehemaligen Freundinnen und von fiktiven Frauen zogen an mir vorüber, keine von ihnen hätte ich wirklich an meiner Seite haben wollen. Auch die Idee mit dem jungen Hund kam mir plötzlich idiotisch vor.
    Sicher würde ich ihm nicht einmal beibringen können, den Fußboden nicht als Toilette zu benutzen. Ich las bis spät in die Nacht in einem gleichgültigen Buch. Am nächsten Vormittag weckte mich ein Anruf von Görans Schwester.
    »Wie ich höre, interessierst du dich für einen unserer Welpen.«
    Es hatte sich in weniger als vierundzwanzig Stunden herumge-sprochen. Im Halbschlaf hatte ich nicht die Kraft, ihr zu widersprechen, also versprach ich, gegen Abend vorbeizukom-men und mir die Jungen anzusehen. Immerhin ging es nur um einen Hund, nicht um ein Kind.
    Das Postauto hielt am Wegrand, wieder wurde etwas in meinen Briefkasten geworfen. Ich zog mich an, schaltete die Kaffeemaschine ein und ging meine Post holen. Das Mitglieder-bulletin des Schriftstellerverbandes und eine Kunstpostkarte, van Goghs Schwertlilien. Wer schickte mir so etwas? Ich drehte die Karte um. Sie war tatsächlich an mich adressiert.
    »Lieber Veikko, ich habe gerade deinen Roman ›Braunes Licht‹ gelesen, er hat mir sehr gut gefallen. Die Art, wie du durch karge, exakte Naturschilderungen Gemütsbewegungen skizzierst, hat mich besonders beeindruckt. Hoffentlich sehen wir uns einmal wieder. Genieße den beginnenden Winter!« Die Absenderin war die Autorin mit dem großen Busen, mit der ich bei der Matinee in Häme gewesen war. Die Kulturreferentin hatte uns nach der Veranstaltung zum Essen eingeladen. Der Dichterjüngling lebte gerade alkoholfrei, weil seine Frau schwanger war, und versprach, uns beide nach Hause zu bringen. Er wohnte in Espoo, die Autorin in Vihti.
    Die Kulturreferentin und die Schriftstellerin schienen den Dichterjüngling anzubeten, der offenbar einer der bei Frauen so beliebten Neuen Väter war, da er wegen eines Ungeborenen auf Alkohol verzichtete. Er hatte einen langen blonden Pferdeschwanz und ein einstudiert wirkendes, sanftes Lächeln. Ich aß und trank und hörte den anderen zu. Plötzlich wandte sich die Großbusige an mich:
    »Sehr interessant, deine Auffassung, ein Schriftsteller müsse nicht sensibel sein. Ich habe immer das Gefühl, die Menschen zu enttäuschen, wenn ich ihnen sage, dass ich eine glückliche Kindheit hatte. Als könnte man sich nur durch schlimme Kindheitserlebnisse zum Künstler qualifizieren.«
    Ich wollte weder über meine Kindheit reden noch über irgendetwas anderes, aber höflichkeitshalber sprach ich eine Weile mit ihr. Ich trank eine Menge Wein und einen Kognak und war auf der Rückfahrt vermutlich viel zu gesprächig und freundlich. Ich schäme mich noch immer. Zum Glück hatte ich auf eigenen Wunsch hinten gesessen, aber selbst das hatte mich nicht davor bewahrt, in das Gespräch zwischen dem Dichterjüngling und der Großbusigen hineingezogen zu werden. Als wir die Frau vor ihrem Haus abgesetzt hatten, hatte sie mich umarmt.

    Soweit ich mich erinnerte, hatte sie einen Mann und drei Kinder, also war ihre Postkarte wohl nicht als erotische Annäherung zu verstehen. Dann fiel mir ein, dass sie von den Musen gesprochen hatte, die sie brauchte, wenn sie in ihren Bezie-hungsromanen über Männer schrieb. Sollte ich für so etwas geeignet sein? Ich beschloss, ihr nicht zu antworten, und dachte über »Braunes Licht« nach. Wenn es der Großbusigen gefiel, musste es ein schlechtes Buch sein.
    Den Rest des Tages verbrachte ich mit Putzen und Waschen.
    Dabei dachte ich an den Hund. Als ich klein war, hatten wir einen Karelischen Bärenhund namens Topi. Er durfte selbst bei strengstem Frost nicht ins Haus, sosehr wir Kinder auch bettelten. Im Alter wurde er reizbar und musste schließlich getötet werden. Vater erschoss ihn hinter dem alten Kuhstall und griff anschließend zur Schnapsflasche. Ein neuer Hund wurde nicht angeschafft. Auf dem Hof liefen Katzen umher. Ab und zu warfen sie Junge, die Vater ertränkte, wenn die Mädchen nicht da waren. Später musste Rane diese Aufgabe

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