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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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ob
er mit der richtigen Geschwindigkeit herunterkam. G.D. H. Pringle schickte ein
Stoßgebet zum Himmel: «O lieber Gott, bitte nicht ausgerechnet hier!» Aber es
ließ sich nicht mehr abwenden.
    Langsam, wie in Zeitlupe, fiel er aus
dem Himmel und landete sanft im Meer. Die Tote wurde etwas abgetrieben. Doch
jetzt hatte auch der Schnellbootfahrer sie entdeckt und stieß einen
Entsetzensschrei aus. Er versuchte, an sie heranzufahren, aber die Wellen
nahmen sie immer wieder mit sich fort. Wieder und wieder schlug ihr Körper an
die Felsen.
    Das Mädchen und ihr Partner brachten
Mr. Pringle zurück an den Strand. Er versuchte zu laufen, fast schluchzend rang
er nach Atem. Seine Krampfadern taten ihm weh, Tränen machten ihn halb blind,
und als er endlich die Flottille erreichte, sah er, daß man dort die Nachricht
schon erhalten hatte. Sie starrten ihn an, und obwohl er jeden von ihnen mit
Namen kannte, erschienen sie ihm plötzlich alle wie Fremde. Man trat beiseite,
um ihn durchzulassen, aber die Beine versagten ihm den Dienst. Kate kniete sich
neben ihn.
    «Einer der Einwohner hier hat sie
entdeckt. Die Polizei ist schon unterwegs. Patrick und Matthew sind
losgefahren, um sie zu bergen.»
    Er ging an Bord der Capricorn, um dort zu warten. Jedes Gefühl für Zeit war ihm abhanden gekommen. Man
versuchte, ihm beizustehen. Mrs. Clarke legte ihm ein Handtuch um, denn er
hatte trotz der Hitze eine Gänsehaut und immer noch liefen ihm Tränen die
Wangen hinunter.
    Mrs. Clarke war es auch, die ihm Tee
brachte, während ihr Mann Mr. Pringle dabei half, sich anzuziehen. Der wollte
nichts als allein gelassen werden. Er fühlte sich völlig leer. Irgendwann
kehrte das Dingi der ZocLiac zurück, und er sah, daß sie ihre Leiche in
eine Decke gehüllt hatten. Der Anblick des grauen Bündels war ein Schock, der
ihn in die Realität zurückbrachte. Nein, es gab keinen Zweifel mehr: Elizabeth
war tot.
     
     
     

Kapitel 14
     
    Der Tag schien kein Ende nehmen zu
wollen. Er blieb auf der Capricorn, bis der Polizei-Kai’k kam, um sie
nach Parga zu bringen. Während der Fahrt sprach niemand ein Wort. Ein paar
Touristen drehten sich nach ihnen um, als sie, von Polizeibeamten begleitet,
durch die Straßen gingen, aber Mr. Pringle bemerkte es nicht einmal. Im Innern
des kühlen, graugrünen Gebäudes mußten sie eine Zeitlang warten. Er war der
letzte, den man aufrief.
    Der Raum war kahl, aber der Anblick
einer Grünpflanze auf dem hohen Fenstersims tröstete ihn. Sie sah genauso aus
wie die, die Mavis im Flur stehen hatte. Während der Polizeibeamte sich die
Angaben aus seinem Paß notierte, starrte er die ganze Zeit mit unbeweglicher
Miene auf diese Pflanze, als sei sie das einzig Reale im Raum.
    «Ich möchte Ihnen zunächst mein Beileid
aussprechen und Ihnen dann erläutern, wie wir weiter vorgehen werden. Zunächst
einmal: Es wird sicher eine Obduktion geben, vermutlich schon morgen.»
    «Ja.» Damit hatte er gerechnet.
    «Und heute möchten wir versuchen, Licht
in die näheren Umstände zu bringen.»
    «Ja.»
    «Wann haben Sie Miss Hurst zum
letztenmal gesehen?»
    «Gestern abend beim Barbecue.»
    «Was hatten Sie da für einen Eindruck
von ihr? Wirkte sie irgendwie deprimiert?»
    «Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe
sie nur von weitem gesehen. Auf mein Rufen hat sie nicht reagiert, sie hat mich
wahrscheinlich nicht gehört.»
    «Haben Sie sie danach noch einmal
gesehen?»
    «Ich bin mir nicht sicher.» Es war ihm
peinlich, davon sprechen zu müssen. «Ich habe gestern abend zuviel getrunken.
Das einzige, an was ich mich sonst noch erinnere, ist, daß zu einem bestimmten
Zeitpunkt im Laufe des gestrigen Abends mein Neffe sowohl nach Elizabeth als
auch nach Emma Fairchild suchte. Ob er sie gefunden hat oder n icht, kann ich
nicht sagen. Ich weiß zwar, daß ich ihn danach gefragt habe, aber an seine
Antwort kann ich mich nicht mehr erinnern.» Seine Verlegenheit war bei jedem
Wort gewachsen.
    «Und gestern? Sie und Matthew sind doch
zusammen mit Miss Hurst nach Parga gesegelt?»
    «Ja. Aber Elizabeth fühlte sich nicht
wohl. Sie war am Abend vorher in Levkas krank geworden, wahrscheinlich hatte
sie irgend etwas gegessen, was ihr nicht bekam, und deshalb blieb sie den
ganzen Tag unter Deck.»
    «Als Sie Miss Hurst gestern abend
sahen, hatten Sie da den Eindruck, daß sie sich von ihrer... Verstimmung wieder
völlig erholt hatte?» Mr. Pringle stutzte. Er überlegte, ob der Beamte wohl mit
Absicht von «Verstimmung» gesprochen

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