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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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einer Reise passiert. Ich meine natürlich nicht den Unfall», fügte
er hastig hinzu, «nein, ich spreche von Krächen... Auseinandersetzungen...
Zusammenstößen... Sie sind, wenn man zum Segeln unterwegs ist, sozusagen an der
Tagesordnung. Die Leute kommen hierher, um Ferien zu machen, und manchmal ist
es das erste Mal seit Jahren, daß sie gezwungen sind, so dicht mit anderen
zusammenzuleben. So auf engem Raum zusammengepfercht zu sein, das verträgt
nicht jeder, da weitet sich eine kleine Reiberei schnell zu einem Krach aus.
Ich denke oft, daß sich beim Zusammenleben in einem Boot noch schneller als in
einem Zelt herausstellt, wer der andere wirklich ist. Wir hatten oft schon
Ehepaare dabei, die sich dann nach der Reise scheiden ließen. Der Vorfall in
Spartahouri hätte uns natürlich eine Warnung sein sollen, aber Patrick und ich
rechneten eigentlich damit, daß sich einige Leute wieder beruhigen würden.» Er
goß sich Wein nach und fuhr dann fort: «Wir nahmen an, daß Liz sich irgendwo in
Parga in einem Hotel einquartieren und am Morgen zurückkommen und sich mit
Matthew wieder versöhnen würde.» Er seufzte. «Wir haben uns geirrt. Leider. Ich
könnte mich ohrfeigen dafür, daß ich nichts unternommen habe, als Charlotte uns
von Gill erzählte.»
    «Oh?» Mr. Pringle war auf einmal
hellwach.
    «Er hat sich dort oben herumgetrieben
und offensichtlich einen ziemlich plumpen Annäherungsversuch unternommen. Char
war ganz außer sich, als sie wieder zurückkam.»
    «Bist du ganz sicher, daß es in
Spartahouri nicht doch Gill war?» fragte John und sah Emma durchdringend an.
«Ich weiß, daß wir die Geschichte schon x-mal durchgekaut haben, aber überleg
mal in aller Ruhe. Könnte es nicht doch Gill gewesen sein?»
    «Ich kann es nicht sagen. Ich wünschte
selbst, daß ich es wüßte.»
    «Und wenn es Gill war, was für
Schlußfolgerungen würden Sie daraus ziehen?» erkundigte sich Mr. Pringle.
    «Daß er der Kerl ist, der Liz auf dem
Gewissen hat. Für mich steht fest, daß sie noch irgendwo dort oben war, sonst
hätten wir sie ja herunterkommen sehen müssen — der Pfad führt ja direkt an der
Lichtung vorbei. Und außerdem ist Charlotte fast unmittelbar nach Emmas
Rückkehr losgelaufen — da hatte Elizabeth gar nicht viel Zeit, woanders
hinzugehen.»
    «Trotzdem», Mr. Pringle sah die drei
der Reihe nach an, «Charlotte ist von Gill losgekommen. Warum ist das Elizabeth
nicht auch gelungen? Sie war ein gesundes, kräftiges junges Mädchen und wäre
meiner Meinung nach durchaus mit ihm fertig geworden, besonders wenn sie vorher
mitbekommen hätte, wie er mit Charlotte umgegangen war. Oder geht ihr davon
aus, daß Elizabeth so außer sich vor Angst war, als Gill sich ihr näherte — einmal
vorausgesetzt, daß er das tatsächlich getan hat daß sie einfach blindlings
losrannte, direkt auf den Abgrund zu?»
    Es herrschte Schweigen. Nach einer
Weile sagte John: «Nun, sie ist jedenfalls hinuntergestürzt, das ist eine
Tatsache. Dafür sprechen erstens der Ort, wo wir sie gefunden haben, und
zweitens ihre Verletzungen. Sie hat sich beim Sturz den Schädel zertrümmert. Es
tut mir leid...» Er blickte zu Matthew hinüber, der nichts sagte, nur stumm den
Kopf schüttelte. «Wie auch immer», fuhr John fort, «es war jedenfalls keine
Äußerung von Matthew oder Emma, die sie in den Tod getrieben hat. Übrigens
wollte ich dir noch etwas sagen, Matthew. Wenn wir wieder im Hafen sind, wollen
Patrick und ich uns Gill vornehmen. Aber da hältst du dich raus, verstanden.
Wir machen das allein mit ihm ab. Und glaub nicht, daß wir uns mit Lügenmärchen
abspeisen lassen werden.» Mr. Pringle dämmerte es.
    «Warum ist Gill nicht befragt worden?
Er ist ja auch gar nicht herübergekommen. Warum hat man von ihm keine Aussage
verlangt?»
    «Nach dem, was die Polizei hat
durchblicken lassen», sagte Matthew, «leugnet Gill, daß er oben auf dem Hügel
war. Charlotte ist die einzige Zeugin, die ihn dort oben gesehen hat — es steht
also Aussage gegen Aussage. Was er gesagt hatte, hat Charlotte erst erfahren,
nachdem sie selber ihre eigenen Beobachtungen zu Protokoll gegeben hatte.»
    «Die arme Char», sagte Emma. «Sie ist
fast ausgeflippt, als sie ihr seine Aussage vorhielten. Pa und Patrick sind mit
ihr weggegangen, damit sie sich etwas beruhigt. Sie warten unten beim Kai’k auf
uns.»
    Und wenn, fragte sich Mr. Pringle
insgeheim, Gill nun die Wahrheit sagte? Charlotte war eine ganze Zeitlang fort
gewesen und dann —

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