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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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ihn aufmerksam an. Mr. Pringle
versuchte, seine Theorie zu erläutern: «Vielleicht kam es im Dunkeln zu einem
Handgemenge, wie ein paar Tage vorher in Spartahouri. Wer immer sich ihr
genähert hat, er hat vielleicht gar nicht vorgehabt, Elizabeth zu verletzen
oder gar zu töten. Doch als er dann begriff, was geschehen war, geriet er in
Panik und stieß ihre Leiche über den Rand der Felsen. Könnte es so gewesen sein?»
    Der Beamte schien zu verstehen, was er
meinte, und nickte nachdenklich. «Aber diese Theorie von Ihnen ist nur eine
Spekulation — Sie haben keine Anhaltspunkte — oder?» erkundigte er sich. Mr.
Pringle wurde rot.
    «Das, was Sie Anhaltspunkte nennen,
habe ich nicht», sagte er. «Aber ich bin mir sicher, daß Charlotte Fairchild
dort oben auf dem Hügel Gill begegnet ist, genau wie sie gesagt hat. Ich will
keine Anschuldigungen erheben, aber ich denke, daß er sich dort oben noch
herumgetrieben hat, nachdem Charlotte weggelaufen war.»
    «Wenn dem so war», sagte der Beamte
geduldig, «und wir also einmal akzeptieren, daß Charlotte Fairchild und Mr.
Gill dort oben aufeinandergetroffen sind, dann muß ich Sie aber daran erinnern,
daß beide behaupten, Elizabeth Hurst nicht gesehen zu haben. Wenn wir ihr das
glauben, warum dann nicht auch ihm? Und warum sollte einer von ihnen Elizabeth
etwas getan haben?» Mr. Pringle schob den Gedanken an ein mögliches Motiv von
Charlotte gleich wieder beiseite, weil es ihm nur schwer erträglich war, sich
vorzustellen, daß sie etwas mit Elizabeths Tod zu tun haben konnte. Was Gill
betraf, so gestand er sich ein, daß er dem Mann gegenüber nicht fair gewesen
war. «Versuchen Sie, mit dem Grübeln aufzuhören», sagte der Beamte in mitfühlendem
Ton, «wir wissen, daß das Mädchen nicht glücklich war, und das ist noch milde
ausgedrückt. Man kann wohl sagen, daß sie sich an diesem Abend in einer Art
Ausnahmezustand befand. Außerdem hatte sie zuviel getrunken. Möglicherweise ist
ihr deshalb nicht aufgefallen, wie nahe am Abgrund sie sich befand. Wir haben
dort oben alles sehr gründlich untersucht, Sie können übrigens, wenn Sie
wollen, auch selbst noch einmal hinaufgehen. Sowohl die Büsche als auch der
Boden weisen eindeutige Spuren auf, daß jemand dort schnell entlanggelaufen
ist. Die Stelle, wo sie hinunterstürzte, ist ebenfalls klar zu erkennen...» Und
wer sagt, daß sie nicht vor einem Verfolger weggelaufen ist? dachte Mr.
Pringle.
    «Bitte», sagte der Beamte,«quälen Sie
sich nicht noch länger. Es ist ein tragisches Ende für ein so junges Leben,
aber...» Er zuckte die Achseln, es gab nichts mehr zu sagen.
    «Vielen Dank», murmelte Mr. Pringle.
«Sehr freundlich von Ihnen...»
     
    Bei ihrer Rückkehr an Bord der Capricorn wurden Mr. Pringle und Matthew dort von Mrs. Clarke erwartet. «Ich hoffe, es
ist Ihnen recht... Ich habe schon angefangen, Miss Elizabeths Sachen
einzupacken. Es war Kates Idee. Die Polizisten sagten, sie seien mit ihren
Untersuchungen hier an Bord fertig, und wir dachten, daß es Ihnen vielleicht
lieb wäre, wenn wir es Ihnen abnehmen würden. Die Sache ist nur —wohin sollen
wir es schicken?»
    «Man hat mir mehrere Formulare und
Zollerklärungen und so etwas mitgegeben... da steht auch eine Adresse darauf.
Die Sachen sollen zusammen mit ihrer... Leiche geschickt werden.» Man merkte
Matthew an, daß es ihm schwerfiel, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
    «Dann überlasse ich alles Weitere
vielleicht am besten Ihnen», sagte Mrs. Clarke. «Und falls Sie eine Tasse Tee
möchten — Sie können jederzeit zu uns herüberkommen.»
    Mr. Pringle ging daran, seine Sachen zu packen. Er war schnell damit fertig. Bis zur Abfahrt nach Korfu blieben ihnen
noch über zwei Stunden. Der Gedanke, hier untätig herumsitzen zu müssen,
belastete ihn. «Ich denke, ich werde schwimmen gehen», sagte er zu Matthew.
«Willst du mitkommen?»
    «Nein, ich bleibe lieber hier.» Seine
Stimme klang, als sei er den Tränen nahe. «Ich möchte eine Weile allein sein.»
     
    Unter den Feriengästen am Strand
entdeckte er Louise. Sie winkte ihm zu und bedeutete ihm, sich neben sie zu
setzen, sprach ihn aber nicht gleich an. Er war ihr für ihr Taktgefühl dankbar.
Gedankenversunken ließ er sich den Kies durch die Finger laufen. Er überlegte,
ob er noch zu den Felsen hochlaufen sollte, entschied sich dann aber dagegen.
Ihm grauste davor, die Schneise zu sehen, die sie bei ihrem rasenden Lauf in
die Büsche gebrochen hatte, und die Stelle, wo

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