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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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sind, soviel
ich weiß, noch nicht abgeschlossen», sagte er.
    «Ja, ja.» Er seufzte. «Das Ergebnis der
Obduktion war ja auch alles andere als zufriedenstellend.» Der junge Mann legte
die Notizen beiseite, in denen zu lesen er vorgegeben hatte, und blickte Mr.
Pringle über den Schreibtisch hinweg an.
    «Haben Sie mir etwas zu sagen, Mr.
Pringle?»
    «Wenn ich ganz offen sein darf... Mein
Neffe hat Ihnen vermutlich mitgeteilt, daß ich eigene Ermittlungen in bezug auf
Miss Hursts Tod anstelle. Dabei bin ich auf einige merkwürdige, scheinbar nicht
miteinander in Verbindung stehende Fakten gestoßen — ich werde sie zu gegebener
Zeit der Polizei selbstverständlich zur Kenntnis bringen —, aber noch immer
ergibt sich für mich kein klares Bild.»
    «Vielleicht war es ganz einfach ein
Unfall», sagte der Vermögensverwalter. Es klang nicht sehr überzeugt. Mr.
Pringle überging die Bemerkung.
    «Als ich mich mit Mr. Clarke
unterhielt, erwähnte er, daß die Rede davon gewesen sei, einen Neffen von
Leonard Hurst in die Firma aufzunehmen.»
    «Das ist auch geschehen.»
    «Ach ja?»
    «Mr. Peter Hurst, Sohn von Mr. Francis
Hurst, arbeitet für unsere australische Tochterfirma. Er ist zunächst hier im
Stammhaus tätig gewesen, aber das Leben in London hatte ihm nicht zugesagt. Er
sprach davon, daß er mehr Weite brauche.» So wie es klang, gehörte der junge
Manager offenbar zu denen, die mit einem Spaziergang auf Clapham Common
zufrieden waren, dachte Mr. Pringle. «Soweit ich informiert bin, arbeitet Mr.
Hurst drüben immer noch für unsere Firma. Ich bin übrigens bevollmächtigt,
Ihnen mitzuteilen, daß er weder auf Miss Hursts persönliche Erbschaft noch auf
das Trustvermögen Ansprüche erhoben hat. Er hat uns wissen lassen, daß er
seinen eigenen Weg gehen wolle.» Der junge Mann schien dies sehr absonderlich
zu finden.
    «Das ist dann alles, was ich wissen
wollte», sagte Mr. Pringle. Sein Gegenüber schob die Unterlagen zusammen.
«Dürfte ich vielleicht noch erfahren, ob Sie überrascht waren, daß mein Neffe
in Miss Hursts Testament als Begünstigter erschien?»
    «Nein. Der Inhalt ihrer Verfügung war
uns ja bekannt. Wir hatten selbstverständlich eine Kopie.»
    «Selbstverständlich.»
    «Wir gingen davon aus, daß es sich nur
um eine vorläufige Verfügung handelte, und hatten deshalb keine Einwände. Die
Vorbereitungen für ein endgültiges Dokument waren bereits eingeleitet, sie
sollte es an ihrem Geburtstag unterzeichnen.»
    «Ich verstehe.» Die beiden Männer
blickten sich an. Der Vermögensverwalter streifte ein Gummiband über das Bündel
Papiere.
    «Wir haben uns natürlich
rückversichert, bevor wir das Testament veröffentlichten.»
    «Sie meinen, Sie haben mit der Polizei
gesprochen?» Der junge Mann sah ihn kühl an.
    «Als Miss Hursts Treuhänder waren wir
dazu verpflichtet.»
    «Selbstverständlich.»
    «Ich nehme an, Sie selbst sind doch
auch erleichtert gewesen, daß die Beweislage keinerlei Indiz für...» Der junge
Mann wußte nicht, wie er den Satz beenden sollte, ohne taktlos zu erscheinen.
    Mr. Pringle nickte. «Ich habe mich als
erstes überzeugt, daß mein Neffe nicht der letzte war, der Elizabeth lebend
gesehen hat, und daß er zur vermutlichen Todeszeit mit mehreren anderen
zusammen war.»
    «Sehr korrekt. Nun, ich hoffe, daß die
Polizei bald etwas herausfinden wird.»
    «Ja, das hoffe ich auch. Tote Frauen
springen nämlich gewöhnlich nicht von Klippen.» Der junge Mann sah ihn
erschreckt an. Mr. Pringle registrierte mit Befriedigung, daß es ihm offenbar
gelungen war, die Fassade bornierter Gleichgültigkeit zu durchdringen.
     
    Mrs. Bignell ließ ihren linken Fuß
kreisen. Es war die einzige Übung aus dem Gymnastikteil ihres
Schlankheitsbuches, den sie billigte. «Hast du dir denn wirklich Sorgen wegen
Matthew gemacht?» erkundigte sie sich. «Du hast doch nicht etwa geglaubt, daß
er etwas mit ihrem Tod zu tun haben könnte, oder?»
    «Er war natürlich der erste, den ich
überprüft habe. Ich war sehr bestürzt, als sich herausstellte, daß sie ihn in
ihrem Testament berücksichtigt hat. Davon hatte er mir nichts erzählt.»
    «Dein Neffe gehört zu einer anderen
Generation, Lieber. Die jungen Leute heute nehmen solche Dinge nicht mehr so
wichtig... Würdest du mir noch etwas von der Decke abgeben?» Sie klopfte sich
ihr Kopfkissen zurecht und begann dann, den rechten Fuß kreisen zu lassen. Mr.
Pringle beobachtete sie fasziniert. «Aber jetzt bist du beruhigt, oder?

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