Leiche in Sicht
das tut er meistens dienstags...»
Maureen hielt inne. «Wenn er nicht bald zurückkommt, muß ich die Wohnung hier
aufgeben. Mr. Miller hat ein Angebot für das Geschäft und das Haus, aber die
Wohnung hier muß geräumt sein, dabei haben wir fast zwölf Jahre hier gewohnt!»
Es war ein einziger Klageschrei. Mr.
Pringle tätschelte ihre Hand. Er hätte ihr gern ein sauberes Taschentuch
angeboten, hatte aber keines dabei und schenkte ihr statt dessen eine neue
Tasse Tee ein.
«Hat Roge irgend etwas gesagt, als er
ging?»
«Nur, daß er eine Weile weg sei, und
ich solle nach unten gehen und so lange auf den Laden aufpassen, bis Mr. Miller
käme. Das habe ich schon öfter gemacht. Und dann ist Roge in den Lieferwagen
gestiegen und weggefahren, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.»
«War er an dem Morgen guter Laune?»
«Ich meine, ja.» Sie hatte aufgehört zu
weinen. «Ich fand sogar, daß er viel besserer Stimmung war als seit langem
schon», sagte sie. «Das habe ich auch der Polizei erzählt, aber sie haben mir
nicht geglaubt. Sie haben angenommen, daß wir Streit gehabt hätten, weil Leute,
die von zu Hause verschwinden, eben einfach Streit gehabt haben müssen — ihrer
Meinung nach. Sie von etwas anderem überzeugen zu wollen war völlig zwecklos.»
«Haben sie inzwischen irgend etwas
herausgefunden? Ich meine, ein Mann kann doch nicht so einfach spurlos
verschwinden...»
«Sie sagten, daß sie sich in den
Krankenhäusern der Umgebung umhören wollten, ob er vielleicht einen Unfall
gehabt hat, aber es hat sich nichts ergeben.»
«Sie werden ihn schon noch finden»,
sagte Mr. Pringle beruhigend. «Es ist nur eine Frage der Zeit...»
«Aber wo ist er jetzt!» schrie Maureen.
Sie war aufgesprungen und stand vor ihm, die Arme vor der Brust gekreuzt, als
wolle sie die Panik in sich zurückdrängen. «Wir hatten keine Verwandten oder
enge Freunde. Roge hatte mich, und ich hatte ihn, und das hat uns beiden
gereicht. Wo ist er bloß!»
Mavis hatte Mühe, sich durch den
fröhlichen Trubel im Nag’s Head verständlich zu machen. «Ist der
Zeitpunkt, zu dem Roge verschwand, irgendwie von Bedeutung?»
«Nein, nicht daß ich wüßte. Ich habe
noch einmal meine Notizen daraufhin durchgesehen. Es ist jetzt etwas über vier
Wochen her — es war ein Dienstag. Sämtliche Teilnehmer der Reisegruppe waren
inzwischen wieder hier, Roge und Maureen haben zur letzten Gruppe gehört.»
«Und besteht zwischen ihm und den
Clarkes und Hansons eine Verbindung?»
«Das habe ich ganz vergessen zu
fragen.» Mr. Pringle seufzte. «Aber ich kann es mir eigentlich nicht
vorstellen. Ich denke, daß ich das mitbekommen hätte.» Mavis lud sich die
restlichen Chips auf den Teller.
«Erst die Sache mit Liz, und jetzt ist
Roge verschwunden — du hast doch mal gesagt, du glaubtest nicht an Zufälle?»
Nein, er glaubte nicht an Zufälle. Aber
wenn zwischen den beiden Ereignissen ein Zusammenhang bestand, dann war er ihm
bisher entgangen.
«Matthew hat angerufen», sagte Mavis.
«Er wollte wissen, wie du vorankämst. Ich habe ihm gesagt, du seist noch nicht
zurück. Er hat übrigens einen der Vermögensverwalter erreicht. Der Mann möchte
dich gern sprechen, wenn es dir recht sei. Du sollst ihn anrufen, ich habe mir
die Nummer notiert. So...» Sie schob energisch den Teller beiseite und sah ihn
spitzbübisch von der Seite an. «Ich finde, wir könnten jetzt langsam nach Hause
gehen, aber vorher bestellst du mir noch einen Port.»
Kapitel 24
«Ist
Ihnen der Cousin von Miss Hurst persönlich bekannt?»
«Nein, nein.» Mr. Pringle berichtete
kurz von seiner Unterhaltung mit Mr. Clarke. Der Vermögensverwalter, der ihm
gegenübersaß, war wesentlich jünger als der, mit dem er beim erstenmal zu tun
hatte, und er saß in einem entsprechend kleineren Büro, weit entfernt von dem
großartigen Atrium. Er trug ein makelloses weißes Hemd und einen dunkelgrauen
Anzug. Vermutlich ebenfalls ein Topmanager, dachte Mr. Pringle, dem heute die
lästige Aufgabe zugefallen war, sich mit einem geschwätzigen alten Trottel
unterhalten zu müssen.
«Besteht Grund zu den Annahme, daß von
bisher unbekannter Seite Ansprüche auf den Vermögens-Fonds angemeldet werden
könnten?»
«Du liebe Güte, das kann ich wirklich
nicht sagen. Ich habe mir nur Gedanken gemacht, ob der Cousin von Miss Hursts
Tod profitieren würde, da der Tod selbst mir immer noch sehr unerklärlich ist.»
Der junge Mann sah ihn scharf an. «Die polizeilichen Ermittlungen
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