Leiche - oben ohne
Ufer entfernt sah ich einen Kopf aus dem Wasser tauchen,
während ich hinunterrannte; dann verschwand er wieder. Obwohl ich die Sandalen
abstreifte, hielt der tiefe Sand mich auf, und es schien mir eine halbe
Ewigkeit, bis ich am Wasser war. Ich watete bis zu den Hüften hinein, dann
tauchte ich in die nächste Brandungswelle. Die Kälte war ein Schock.
Ich schwamm los, aber ich wäre
bestimmt doppelt so schnell gekrault, wenn ich mich von mehr als nur den
Sandalen getrennt hätte — und nicht immer noch unter diesem schrecklichen Kater
gelitten hätte. Die Zigaretten und die drei Martinis auf leeren Magen wirkten
sich auch nicht gerade günstig aus. Als ich endlich die Stelle erreichte, wo
ich den Kopf zum letztenmal gesehen zu haben glaubte, war mein Tempo gleich
Null.
Ich trat Wasser und schaute
mich verzweifelt um, sah aber nichts — auch die nächste Welle nicht, die mir in
den offenen Mund schlug. Es kam mir vor, als sei ich ein paar Stunden unter
Wasser gewesen, als ich endlich wieder nach oben kam, den Mund weit aufriß und
nach Luft schnappte. Dann bekam ich den Krampf. Die Martinis in mir wurden zu
festen Brocken und klappten mich vor Schmerz wie ein Taschenmesser zusammen, so
daß ich erneut unter Wasser geriet, ehe ich genug von der köstlichen Luft hatte
einatmen können. Panik erfaßte mich, während ich mich ein paarmal um die eigene
Achse drehte. Dann verlor ich jegliches Gefühl für oben und unten, während der
verdammte Krampf mir die Knie bis unters Kinn hochtrieb. Meine Lungen waren ein
glühender Schmelzofen, und ich wußte, daß ich jeden Augenblick anfangen würde,
Salzwasser zu schlucken — da kam von irgendwoher ein Arm und legte sich um
meinen Hals. Es kam mir fast komisch vor: Da war ich gerade dabei, zu
ertrinken, und ausgerechnet jetzt wollte so ein Depp mich erwürgen!
Aber dann war mein Kopf plötzlich
nicht mehr im Wasser, und während ich gierig Luft in mich hineinsog, hörte ich
aus etwa tausend Meilen Entfernung eine Stimme sagen: »Nur die Ruhe.« Das war
natürlich eine alberne Bemerkung — denn was hätte ich mit meinem Krampf,
eingerollt wie ein Rollmops, schon tun sollen? Der Inhaber des Armes nahm mich
ins Schlepptau und zog mich etwa fünf Meilen durchs Wasser, bis ich den
Eindruck gewann, wir hätten Kurs auf Connecticut — aber dann spürte ich
plötzlich Boden unter den Füßen. Ich kroch mit einiger Mühe aus dem Wasser,
seitwärts wie eine Riesenkrabbe, und blieb dann im nassen Sand liegen. Die
Tortur war freilich noch nicht zu Ende: Irgendein blonder Wikinger rollte mich
auf den Rücken, packte meine Knie und pumpte sie hin und her, bis sie sich
endlich streckten und ich langewegs dalag. Meine Magenmuskeln zuckten noch
einmal, dann gaben sie Ruhe. Die Erleichterung war so beglückend, daß ich ein
Weilchen an ihrer Wirklichkeit zweifelte und einfach still liegenblieb. Dann,
nach einer ganzen Weile, setzte ich mich vorsichtig auf und blickte ins
besorgte Gesicht des blonden Wikingers, der sich neben mich gekniet hatte — und
gar kein Er, sondern eine Sie war.
»Sind Sie in Ordnung, Danny?«
fragte sie gespannt.
»Es geht«, erwiderte ich, und
dann begann ich zu lachen.
»Sie sind hysterisch.«
»Nein.« Ich kicherte hilflos.
»Mir fiel nur gerade ein — eigentlich hätte ich Sie retten sollen!«
»Ich weiß.« Sie wurde ein
bißchen rot. »Ich muß in einen Strudel oder so was geraten sein, es trieb mich
weiter und weiter hinaus, und da habe ich wohl die Nerven verloren. Aber dann
kam ich wieder aus der Strömung heraus und beruhigte mich. Später kamen Sie auf
mich zu geschwommen, also schwamm ich Ihnen entgegen — und dann sind Sie
plötzlich untergegangen. Es war ein Krampf, nicht wahr?«
»Ich hätte lieber was essen
sollen«, meinte ich, »statt drei Martinis hintereinander zu trinken, ehe ich
schwimmen ging.«
»Es war meine Schuld«, sagte
sie. »Es tut mir leid, Danny.«
»Dummes Zeug«, sagte ich. »Sie
haben mir soeben das Leben gerettet.«
Sie schüttelte unwillig den
Kopf. »Geht’s Ihnen jetzt wirklich besser?«
Ich sah sie an, und zum
erstenmal, seit sie mich aus dem kühlen Grab gezogen hatte, bekam ich sie ganz
ins Blickfeld. Sie trug einen weißen Bikini, dessen Oberteil etwa ein knappes
Drittel seines trutzig aufragenden Inhalts bedeckte, während der untere Teil
aus zwei lächerlichen Dreieckchen bestand, deren Enden von zwei recht fragil
wirkenden Kördelchen zusammengehalten wurden. Der Rest war prächtiges
Sonnenbraun.
»Es
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