Leiche - oben ohne
dann hielt ich das Oberteil in der Hand. Sie ließ
einen Schreckensschrei los, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel hin. Ich
bückte mich, packte sie am Handgelenk und zerrte sie wieder hoch — und nun
stand sie vor mir und streckte mir die ganze Schönheit mit den korallenroten
Gipfelchen entgegen; aber ich war so wütend, daß ich’s nicht mal bemerkte.
»Jetzt reden Sie«, knirschte
ich, »oder ich bringe Sie mit bloßen Händen um!«
»All right.« Sie ließ plötzlich
die Schultern sinken. »Wir haben es so verabredet. Ich habe im Wasser nur so
getan, weil Lucia nichts anderes einfiel, wie man Sie aus dem Haus locken
konnte.« Ihre Augen sprühten Funken. »Sie tun mir weh!«
»Okay.« Ich blitzte sie einen
Augenblick an, dann ließ ich ihr Handgelenk los. »Und wo ist sie hin?«
»Ich weiß es nicht — ehrlich.
Wenn ich geahnt hätte, daß sie so etwas Verrücktes tun und Ihren Wagen nehmen
würde, dann hätte ich nie mitgespielt. Sie wollte doch nur ihren Freund anrufen
und ihm ungestört erzählen, wieso sie zwei Wochen lang nicht in die Stadt
kommen kann. Sie versprach sogar hoch und heilig, ihm unseren Aufenthaltsort
keinesfalls zu verraten.«
»So etwas habe ich gern«,
grollte ich.
»Es tut mir leid, Danny.« Ihre
Hand berührte flüchtig meinen Arm. »Wirklich. Wenn ich gewußt hätte, was
sie...«
»Ist ja schon gut.« Ich nickte.
»Im Augenblick können wir gar nichts unternehmen.«
»Und später?«
»Herumsitzen, warten und
hoffen, daß sie zurückkommt«, sagte ich und hielt ihr das Oberteil hin. »Hier,
ziehen Sie das lieber wieder an, sonst erkälten Sie sich noch.«
Sie wurde purpurrot, riß mir
den Bikini aus der Hand, drehte mir den Rücken zu und zog das Ding wieder an.
Es war ein schwacher Trost für einen Leibwächter, der einen Zwei-Wochen-Auftrag
nicht mal volle fünf Stunden durchhalten konnte.
5
Was Kochen anging, war Roberta
Spitzenklasse, und das überbackene Hähnchen hätte mir unter anderen Umständen
noch weitaus besser gemundet. Aber selbst so fühlte ich mich wohlig satt,
nachdem wir gegessen und uns im Wohnzimmer angesiedelt hatten. Die Lohblonde
trug jetzt ein blaues Chiffonkleid, dessen asymmetrisches Oberteil eine
Schulter völlig frei ließ. Sie lag auf der Couch und balancierte ihr Glas etwa
auf dem Nabel; der kurze Rock war bis fast zu den Hüften hochgerutscht und
hatte sich dort in einer lustigen, kleinen blauen Wolke versammelt. Während sie
zur Decke hochsah, sah ich sie nur an — meistens, und nur von Zeit zu Zeit auf
meine Uhr. Letzteres hauptsächlich dann, wenn ich mein Glas zur Hand nahm.
»Wie spät ist es?« fragte sie
plötzlich.
»Fünf nach zehn«, antwortete
ich.
»Glauben Sie, daß sie noch kommt?«
»Geglaubt hab’ ich das nie«,
knurrte ich. »Ich hab’s lediglich gehofft. Aber jetzt hoffe ich auch nicht
mehr.«
»Und was machen wir nun?« Sie
setzte sich auf, schwang die Beine von der Couch und sah mich ängstlich an,
derweil sie mit einer Hand automatisch ihr Kleid in Richtung Knie streifte.
»Sie suchen«, sagte ich. »Das
heißt, wenn uns nicht schon jene Leute zuvorgekommen sind, die sie entführen
wollen.«
Sie zuckte zusammen. »Und wo
fangen wir an?«
»Lucia kann nicht zu Lansing
gefahren sein, nicht nach all der Mühe, die er sich mit ihrem Verschwinden
gegeben hat«, meinte ich. »Es sieht so aus, als sei sie geradewegs in die
liebevoll ausgestreckten Arme ihres Freundes geeilt — wie hieß er doch? Carl?«
»Carl Rennie. Er wohnt in einem
Apartment in den East Thirties. Aber Lucia kann sich doch denken, daß wir dort
zuerst nach ihr suchen.«
»Dann wird sie sich mit ihrem
Freund abgesetzt haben.« Ich zuckte die Schultern. »Jedenfalls müssen wir
irgendwo anfangen, und seine Wohnung scheint mir dafür am geeignetsten. Danach
müssen wir so lange suchen, bis wir sie aufgetrieben haben.«
»Aber das kann Tage dauern.«
Sie sah besorgt drein. »Ist es nicht sehr riskant, nach Manhattan
zurückzukehren? Wenn nun Lansing einen von uns sieht?«
»Das Risiko müssen wir
eingehen«, brummte ich. »Denn eins steht fest: Wenn wir Lucia nicht finden,
dann wird sich Lansing auf die Suche nach uns machen, und das wahrscheinlich
mit einem Schießeisen in der Hand.«
Roberta schüttelte heftig den
Kopf. »Ich möchte aber jetzt nicht nach Manhattan.«
»Ich auch nicht«, erklärte ich
wahrheitsgemäß. »Für mich könnte das nämlich sehr peinlich werden. Deshalb gehe
ich direkt in Ihre Wohnung, wenn
Weitere Kostenlose Bücher