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Leiche - oben ohne

Leiche - oben ohne

Titel: Leiche - oben ohne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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drauf.«
    »Besten Dank«, sagte ich.
    Er zuckte die Schultern. »War
’ne Abwechslung für mich. Die Zeit will gar nicht rumgehen, wenn man nur
dauernd sitzt und denkt.«
    »Das haben Sie wirklich getan?«
fragte ich ungläubig.
    »Haben Sie vielleicht gedacht, ich
faulenze?« brummte er.
    Die einfachste Antwort darauf
war, die Tür zu öffnen und eine Art Bürosaal zu betreten. Ich wanderte an einem
Dutzend Schreibtischen vorüber, die von Papier und Aschern überquollen, bis zur
Tür am anderen Ende. Wie mein nachdenklicher Freund mir verraten hatte, stand
auf der verglasten Tür: Dane Fordyce .
Ich klopfte und hörte jemand »Herein!« rufen, was ich befolgte. Das Interieur
dahinter überraschte mich, weil es so auffällig mit dem nüchternen Vorraum und
seinem schäbigen Mobiliar kontrastierte. Das Chefzimmer war geräumig und fast
elegant mit seiner ledernen Couch und den Sesseln. In einer Ecke stand eine Bar
und mir gegenüber ein breiter, lederüberzogener Schreibtisch, an dem ein
kleiner Mann saß.
    Er war recht vornehm angezogen,
was vielleicht als Ausgleich für seinen Mangel an Größe und für seine
unübersehbare Häßlichkeit gedacht war. Sein krauses Haar war kurzgeschoren, gab
eine fliehende Stirn frei und war schon fast grau; seine Augen sahen
quicklebendig drein — und doch gleichzeitig irgendwie traurig. Manchmal, wenn
man durch den Central-Park-Zoo geht und sich plötzlich umdreht — dann erblickt
man hinter Gittern einen Affen, der einen beobachtet, mit eben der Miene, die
Mr. Fordyce jetzt zur Schau trug.
    »Sie wollten mich sprechen?«
Seine Stimme klang kultiviert und schien so gar nicht zum Boss einer Spedition
zu passen. »Ich bin Dane Fordyce.«
    »Mein Name ist Boyd«, sagte
ich. »Es handelt sich um Joe Slater.«
    Er zuckte die Schultern. »Das
hat Charlie mir bereits mitgeteilt.«
    Charlie mußte der denkende Kerl
von draußen sein — der Gorilla, der im Dienst eines Affen stand.
    »Slater wurde vorgestern abend
ermordet«, sagte ich.
    »Soll das was Neues sein?«
erwiderte er trocken.
    »Er war Ihr Freund«, fuhr ich
beharrlich fort. »Er hatte sogar Geld in Ihr Unternehmen investiert.«
    »Wirklich?«
    »Oder gehört das Geld Duke
Borman, und Slater hat es nur für ihn angelegt?« meinte ich.
    Fordyce suchte sich aus dem
Kasten auf dem Tisch eine lange dicke Corona, und dann befaßte er sich
umständlich damit, die Cellophanhülle abzustreifen, an der Zigarre zu
schnuppern, sie zwischen den Fingern zu rollen und schließlich anzuzünden. Sein
Gesicht verschwand vorübergehend hinter einer dichten Rauchwolke, dann
erschienen die springlebendigen braunen Augen wieder, wachsam und abschätzend.
»Was wollen Sie, Boyd?« fragte er nüchtern.
    »Duke Borman liegt in Mailand
im Sterben«, sagte ich. »Er möchte ein paar Informationen mit ins Grab nehmen,
aber das wiederum möchten andere Leute nicht. Sie haben sich an Borman herangemacht
und damit nichts erreicht— wie soll man einem Sterbenden auch Furcht einflößen?
—, und dann überlegten sie sich, daß er wohl nur in einem Punkt verwundbar sei:
über seine Tochter. Ich vermute, Joe Slater hat davon Wind gekriegt und wollte
Lucia Borman warnen, aber er kam nicht mehr dazu, weil er vorher umgebracht
wurde.«
    Seine Hand war klein und
zierlich; mit der dicken Zigarre wirkte sie fast zwergenhaft, wie er sie nun
langsam in der Luft hin und her pendeln ließ. Vielleicht war das für ihn so eine
Art Metronom, um seine Gedanken in den rechten Takt zu bringen.
    »Und was interessiert Sie an
der Sache?« fragte er.
    »Ich bin Privatdetektiv«, sagte
ich. »Man hat mich beauftragt, Lucia Borman zu behüten, bis ihr alter Herr
gestorben und die Gefahr für sie vorüber ist. Aber mir behagt dieses Verfahren
nicht. Was, wenn Duke doch länger lebt? Er wäre nicht der erste, der die
Mediziner zum Narren gehalten hat. Meines Erachtens ist der beste Weg, das
Mädchen zu beschützen, die Drahtzieher zu finden und unschädlich zu machen.«
    »Wo ist das Mädchen jetzt?«
    »In Sicherheit«, log ich. »Sie
waren Joe Slaters bester Freund. Ich könnte mir denken, daß er mit Ihnen über
die Sache gesprochen hat.«
    Er paffte ein Weilchen an
seiner Zigarre. »Wer hat Sie beauftragt, nach dem Mädchen zu sehen?«
    »Der Name eines Klienten ist
vertraulich zu behandeln«, sagte ich und kam mir ziemlich albern dabei vor.
    »Alles, was Joe Slater mir
anvertraut hat, ist ebenfalls vertraulich.« Er lächelte kurz. »Guten Tag, Mr.
Boyd.«
    »Na gut«,

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