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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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gefallen?»
    «Mehr oder weniger.» Ich wandte mich an den Beamten der Spurensicherung, der mit mürrischer Miene zugeschaut hatte. «Würden
     Sie zustimmen?»
    Er nickte. «Und zum Glück ist sie schön weich. Das erspart uns das Einweichen, bevor wir die Fingerabdrücke nehmen.»
    «Davon kann man Fingerabdrücke nehmen?»
    «Klar. Eigentlich ist abgeworfene Haut ausgetrocknet und spröde und muss erst in Wasser eingeweicht werden. Dann zieht man
     sie wie einen Handschuh über und macht ganz normal Abdrücke.»
    Er hob seine Hand und bewegte die Finger, um es zu veranschaulichen.
    «Lass dich nicht aufhalten, Deke», sagte Gardner. Der Beamte senkte leicht beschämt seine Hand und ging zurück zum Wagen.
     Gardner klopfte sich mit dem Umschlag gegen das Bein. Er schaute mich beinahe wütend an. «Und? Wollen Sie es sagen oder soll
     ich?»
    «Was sagen?», fragte Jacobsen.
    Gardner presste seine Lippen zusammen. «Sagen Sie es ihr.»
    «Wir haben uns die ganze Zeit gefragt, wie es York geschafft hat, Fingerabdrücke seiner Opfer an den Tatorten zu hinterlassen,
     nachdem sie schon Monate tot waren», sagte ich, als sie sich an mich wandte. Ich deutete zum Wagen. «Jetzt wissen wir es.»
    |288| Jacobsens Stirnfalte verschwand. «Sie meinen, er hat die Haut ihrer Hände benutzt? Und sie wie Handschuhe angezogen?»
    «Bisher habe ich noch nie gehört, dass diese Methode benutzt wurde, um Fingerabdrücke
vorsätzlich
zu hinterlassen, aber in diesem Fall sieht es danach aus. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass Noah Harpers Leiche
     so stark verwest war. York wollte die Haut seiner Hände, bevor er sie mit der Leiche von Willis Dexter vertauscht hat.»
    Und dann hatte er ein paar weitere Tage gewartet, ehe er zurück in den Wald gegangen war, um auch die abgeworfene Haut von
     Dexters Händen einzusammeln. Da sich die Aasfresser an der gesamten Leiche laben konnten, hatten sie sich nicht um einen Fetzen
     trockener Haut gekümmert. Und wenn sie die Haut gefressen hätten   …
    Dann hätte er einfach die von jemand anderem benutzt.
    Es ärgerte mich, dass ich nicht früher darauf gekommen war. Dabei hatte mir mein Unterbewusstsein immer wieder einen Hinweis
     geben wollen. Jedes Mal, wenn ich die Latexhandschuhe ausgezogen und meine verschrumpelten Hände gesehen hatte, hatte sich
     dieses Déjà-vu-Gefühl eingestellt, doch ich hatte es ignoriert. Tom hatte recht gehabt. Er hatte mir gesagt, ich sollte mehr
     auf meine Instinkte hören.
    Ich hätte auch auf ihn hören sollen.
    Jacobsen nahm den Beweisbeutel in die Hand. Sie betrachtete den Inhalt mit einer Mischung aus Ekel und Faszination.
    «Deke sagte, die Haut wäre nicht ausgetrocknet. Bedeutet das, dass sie von einem erst kürzlich Verstorbenen stammt?»
    Ich vermutete, dass sie an Irving dachte. Obwohl es noch niemand ausgesprochen hatte, war uns allen klar, dass der Profiler
     mittlerweile tot sein musste. Doch selbst wenn er |289| sofort getötet worden wäre, hätte sich die Haut von seiner Leiche bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelöst. Dieser Vorgang
     dauerte wesentlich länger.
    «Das bezweifle ich», sagte ich. «Es sieht so aus, als wäre sie eingefettet worden, um sie haltbar und geschmeidig zu machen.»
    Das brachte mich auf einen Gedanken. Ich schaute hinüber zum Wagen. Dort, wo die Haut auf der Windschutzscheibe gelegen hatte,
     waren jetzt Fettflecken zu sehen.
    «Babyöl.»
    Gardner und Jacobsen starrten mich an.
    «Bei dem Fingerabdruck auf dem Filmbehälter in der Hütte sind Rückstände von Babyöl festgestellt worden», sagte ich. «Irving
     hielt das für einen Beweis, dass die Morde sexuell motiviert sind, aber das stimmt nicht. York hat Babyöl benutzt, um die
     abgeworfene Haut geschmeidig zu halten. Die natürlichen Fette trocknen aus, und er wollte, dass die Fingerabdrücke schön deutlich
     sind. Deshalb hat er die Haut wie altes Leder eingefettet.»
    Ich musste an Irvings spöttische Bemerkung denken.
Wenn
der Mörder keine Vorliebe für Feuchtigkeitscremes hat   …?
Er war der Wahrheit näher gekommen, als er wusste.
    «Wenn York die Fingerabdrücke seiner Opfer sammelt, warum hat er dann nicht auch die Haut von Terry Loomis’ Händen mitgenommen?»,
     wollte Jacobsen wissen. «Bei der Leiche in der Hütte war die Haut noch da.»
    «Wenn sie nicht da gewesen wäre, hätten wir gleich vermutet, was vor sich geht», sagte Gardner schroff, als würde er sich
     Vorwürfe machen. «York wollte selbst bestimmen,

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