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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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vergessen Sie das nicht. Und Sie sind Brite, ein Gast des Instituts. York glaubt vielleicht, dass er mit
     Ihnen größeres Aufsehen erregen könnte als mit einem Einheimischen.»
    Daran hatte ich noch nicht gedacht. «Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen», entgegnete ich. Ich hatte versucht,
     es wie einen Witz klingen zu lassen.
    Dieses Mal wurde ich aber nicht mit einem Lächeln belohnt. «Meiner Meinung nach sollten Sie es nicht auf die leichte Schulter
     nehmen.»
    Das tue ich auch nicht, glaube mir
. «Darf ich Sie etwas fragen?» Ich wollte das Thema wechseln. «Wissen Sie vom Labor schon Neues über die Blutproben aus der
     Hütte?»
    |293| Es verging ein Augenblick, ehe sie antwortete. «Eine vollständige DN A-Analyse braucht Wochen.»
    Danach hatte ich nicht gefragt, aber ihr Ausweichen sagte mir, dass ich auf der richtigen Spur war. «Ja, aber mittlerweile
     müsste man schon herausgefunden haben, ob es menschliches Blut war oder nicht.»
    Zu jeder anderen Zeit hätte ich ihre Überraschung genossen. «Woher wissen Sie das?»
    «Sagen wir mal, ich habe nicht nur geraten. Dann war es also Tierblut, ja?»
    Sie nickte, ohne mich anzusehen. «Wir haben die Ergebnisse erst heute Nachmittag erhalten, wir wussten aber schon vorher,
     dass mit dem Blut etwas nicht stimmte. Die Art, wie es verspritzt war, hat die Techniker stutzig gemacht, obwohl York sich
     bemüht hat, es echt aussehen zu lassen. Deshalb wurde im Labor ein vorläufiger Test gemacht, bei dem herauskam, dass das Blut
     nicht von einem Menschen stammte. Wir müssen aber auf die DN A-Analyse warten, um Gewissheit zu haben.»
    «Was war es? Schweineblut?»
    Ich konnte ihre weißen Zähne in der Dunkelheit sehen. Sie lächelte also wieder. «Jetzt bluffen Sie aber.»
    Na ja, vielleicht ein bisschen
. «Es ist gar nicht so clever, wie es klingt», räumte ich ein. «Sobald wir bestätigt hatten, dass Terry Loomis erdrosselt
     wurde, war klar, dass das Blut nicht von ihm stammen konnte. Die Wunden an seinem Körper mussten nach dem Tod zugefügt worden
     sein, also musste das Blut in der Hütte einen anderen Ursprung haben.»
    «Ich verstehe trotzdem nicht, wie Sie wissen konnten, dass es Schweineblut war   …», begann sie, gab dann aber selbst die Antwort. «Ach so, jetzt weiß ich. Wegen der Zähne, die wir bei Willis Dexters Leiche
     gefunden haben.»
    |294| «Ich habe mich schon vorher gefragt, ob das Blut von einem Tier stammen könnte. Aber als ich die Zähne gesehen habe, habe
     ich vermutet, dass es wahrscheinlich auch von einem Schwein stammt», erklärte ich ihr. «Solche Spielchen scheinen York zu
     gefallen.»
    Jacobsen schwieg. Ihr Gesicht wurde von dem Regen, der die Fenster runterlief, marmoriert. In dem gelben Licht der Straßenlaternen
     sah ihr Profil wie das einer griechischen Skulptur aus.
    «Eigentlich dürfte ich Ihnen das nicht sagen», begann sie langsam. «Aber wir haben nicht nur die vorläufigen Ergebnisse zu
     den Blutproben aus der Hütte bekommen. Die Leiche von Noah Harper ist positiv auf Hepatitis C getestet worden.»
    Mein Gott. Armer Kyle.
Im Gegensatz zu Hepatitis A und B gibt es keine Schutzimpfung für Hepatitis C.   Das Virus ist nicht unbedingt tödlich, aber die Behandlung ist zeitintensiv und unangenehm. Und selbst dann gibt es keine
     Garantien.
    «Weiß Kyle schon Bescheid?», fragte ich und musste wieder daran denken, dass es genauso gut mich hätte treffen können.
    «Noch nicht. Es dauert noch eine Weile, bis er seine Untersuchungsergebnisse vom Krankenhaus erhält, und Dan meint, dass man
     ihn jetzt nicht beunruhigen sollte.» Sie warf mir einen kurzen Blick zu. «Ihnen ist klar, dass diese Information streng vertraulich
     ist?»
    «Selbstverständlich.» Dieses Mal war ich mit Gardner einer Meinung. Es bestand immer noch die Chance, dass Kyle sich nicht
     angesteckt hatte. Ich hätte allerdings mein eigenes Leben nicht gern einer Wette mit einer solch mageren Quote unterworfen.
    |295|
Fast hättest du es getan.
    Wir hatten mein Hotel erreicht. Jacobsen fand einen Parkplatz nahe dem Eingang. Als sie einparkte, sah ich, wie sie im Rückspiegel
     die Fahrzeuge hinter uns überprüfte.
    «Ich bringe Sie in Ihr Zimmer», sagte sie und nahm den Umschlag vom Rücksitz, den Gardner ihr gegeben hatte.
    «Das ist nicht   …»
    Doch sie stieg bereits aus dem Wagen. Als wir hineingingen, nahm ich eine zuvor nie bemerkte Wachsamkeit an ihr wahr. Ihre
     Augen waren ständig in Bewegung, sie

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