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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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gleichmäßig und ruhig zu gehen, und weigerte mich, dem Urbedürfnis nachzugeben und loszulaufen, doch ich
     war froh, als ich meinen Wagen erreichte. Schon ein paar Schritte davor holte ich meine Schlüssel hervor und entriegelte ihn.
     Als ich die Tür öffnete, fiel mir etwas auf der Windschutzscheibe auf.
    Unter einen der Scheibenwischer war ein Lederhandschuh geklemmt worden, dessen Finger sich auf dem Glas spreizten. Wahrscheinlich
     hatte ihn jemand am Boden gefunden und dorthin gesteckt, damit sein Besitzer ihn sehen konnte, dachte ich, als ich um die
     Tür herumging, um ihn wegzunehmen. Eine innere Stimme versuchte mich zu warnen, dass es die falsche Jahreszeit für Handschuhe
     war, aber da hatte ich ihn bereits berührt.
    Er fühlte sich kalt und schmierig an und war viel zu dünn für Leder.
    Ich zog hastig meine Hand zurück und wirbelte herum. Vor mir lag nur der finstere und leere Parkplatz. Kein Geräusch war zu
     hören. Mit rasendem Herzen wandte ich mich wieder dem Gegenstand auf der Windschutzscheibe zu. Es war kein Handschuh, das
     wusste ich jetzt. Und es war auch kein Leder.
    Es war menschliche Haut.

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    |285| KAPITEL 18
    Gardner beobachtete, wie der Beamte der Spurensicherung den Scheibenwischer anhob und den Hautfetzen vorsichtig mit einer
     Pinzette entfernte. Er und Jacobsen waren vor zwanzig Minuten gekommen, begleitet von einem großen Kastenwagen, in dem sich
     das mobile Labor der Spurensicherung des TBI befand. Die Beamten hatten vor meinem Wagen Scheinwerfer aufgestellt und den
     gesamten Platz abgesperrt.
    «Sie hätten das nicht anfassen dürfen», sagte Gardner nicht zum ersten Mal.
    «Wenn ich gewusst hätte, was es ist, hätte ich es auch nicht angefasst.»
    Anscheinend hatte man mir meine Verärgerung anmerken können. Jacobsen, die neben Gardner stand, wandte ihren Blick vom Team
     der Spurensicherung, das den Wagen nach Fingerabdrücken untersuchte, und sah mich leicht besorgt an. Zwischen ihren Augenbrauen
     war wieder die kleine Falte zu sehen, sie sagte aber nichts.
    Auch Gardner schwieg. Er hatte einen großen Umschlag mitgebracht, bisher aber noch nicht verraten, was darin war. Ausdruckslos
     schaute er zu, wie ein Beamter die Haut vorsichtig in einen Beweisbeutel steckte. Es war nicht das Team, mit dem ich bisher
     zu tun gehabt hatte. Ich fragte mich, ob Jerry und seine Kollegen an anderer Stelle gebraucht wurden |286| oder diese Nacht einfach freihatten. Im Grunde spielte es keine Rolle, aber es war bequemer, darüber nachzudenken, als sich
     zu fragen, was diese Entwicklung bedeuten könnte.
    Der Beamte kam mit dem Beutel zu uns und hielt ihn hoch, damit Gardner den Inhalt besser sehen konnte.
    «Tatsächlich menschliche Haut.»
    Das hätte er mir nicht sagen müssen. Die Haut war dunkelbraun und beinahe durchsichtig. Jetzt war klar, dass das Stück für
     einen Handschuh zu ungleichmäßig war, aber der Irrtum war verständlich. Ich hatte so etwas schon oft genug gesehen.
    Nur nicht an der Windschutzscheibe meines Wagens.
    «Bedeutet das, York hat seine Opfer gehäutet?», fragte Jacobsen. Sie bemühte sich, ungerührt zu erscheinen, doch selbst sie
     hatte ihre Gelassenheit verloren.
    «Das glaube ich nicht», entgegnete ich. «Darf ich?»
    Ich streckte meine Hand nach dem Beweisbeutel aus. Der Beamte der Spurensicherung wartete, bis Gardner zustimmend nickte,
     ehe er ihn mir gab.
    Ich hielt ihn ins Licht. Die Haut war an einigen Stellen gesprungen und gerissen, vor allem auf der Rückseite, hatte aber
     eine handähnliche Form behalten. Sie war weich und geschmeidig und hatte die Innenseite des Beutels mit einem fettigen Rückstand
     verschmiert.
    «Sie ist nicht abgezogen worden», erklärte ich. «Dann wäre sie nämlich glatt wie Leder. Diese Haut ist zwar an manchen Stellen
     eingerissen, aber noch mehr oder weniger ganz. Ich glaube, sie hat sich in einem Stück von der Hand abgelöst.»
    Weder Gardner noch der Beamte der Spurensicherung sahen überrascht aus, doch Jacobsen schien nicht zu verstehen.
    «Abgelöst?»
    «Die Haut rutscht nach ein paar Tagen von allein von einer |287| Leiche. Besonders an den Extremitäten wie dem Kopf und den Füßen. Und den Händen.» Ich hielt den Beweisbeutel hoch. «Ich bin
     mir ziemlich sicher, dass wir es mit einer solchen abgeworfenen Haut zu tun haben.»
    Als sie auf den Beutel starrte, war von ihrer üblichen Reserviertheit nichts mehr zu spüren. «Sie meinen, sie ist von einer
     Leiche

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