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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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wann er uns wissen lässt, was er getan hat.»
    Ich beobachtete, wie die Beamten der Spurensicherung auf der Suche nach Fingerabdrücken einen weiteren Abschnitt |290| des Wagens pinselten. Sie arbeiteten äußerst gründlich. Hoffentlich lohnte es sich auch.
    «Und warum jetzt?», fragte ich.
    Gardner schaute Jacobsen an. Sie zuckte mit den Achseln. «Er prahlt wieder und lässt uns wissen, dass er keine Angst davor
     hat, gefasst zu werden. Offenbar glaubt er, dass uns unsere Erkenntnisse nicht weiterbringen werden. Früher oder später hätten
     wir sowieso herausgefunden, wie er vorgegangen ist. Auf diese Weise behält er die Kontrolle.»
    Die andere Frage blieb unausgesprochen.
Warum ich?
Doch ich befürchtete, dass ich die Antwort darauf bereits kannte.
    Gardner schaute hinab auf den Umschlag in seiner Hand. Er schien eine Entscheidung getroffen zu haben. «Diane wird Sie ins
     Hotel fahren. Bleiben Sie dort, bis ich anrufe. Lassen Sie niemanden in Ihr Zimmer. Wenn jemand Zimmerservice sagt, vergewissern
     Sie sich, dass es ein Hotelangestellter ist, bevor Sie die Tür öffnen.»
    «Was ist mit meinem Wagen?»
    «Wir geben Ihnen Bescheid, wenn wir damit fertig sind.» Er wandte sich an Jacobsen. «Diane, ich muss Sie kurz sprechen.»
    Die beiden gingen außer Hörweite. Nur Gardner sprach. Ich sah, wie Jacobsen nickte, als er ihr den Umschlag gab. Mittlerweile
     war ich kaum noch neugierig auf den Inhalt.
    Ich schaute zurück zu den weißgekleideten Gestalten, die an meinem Wagen arbeiteten. Das feine Puder, das sie benutzten, um
     Fingerabdrücke sichtbar zu machen, hatte dem Lack seinen Glanz genommen, sodass der Wagen selbst wie tot aussah.
    Ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund, als ich ihnen zuschaute. Mit dem Daumen fuhr ich über die Narbe in meiner Hand.
Gib es zu. Du hast Angst
.
    |291| Ich war schon einmal verfolgt und beinahe ermordet worden. Nach Knoxville war ich in der Hoffnung gekommen, das alles hinter
     mir zu lassen.
    Und jetzt geschah es erneut.
     
    Als Jacobsen mich ins Hotel fuhr, begann es zu regnen. Dicke Tropfen platschten in unregelmäßigen Güssen gegen die Windschutzscheibe,
     sodass die Scheibenwischer kaum dagegen ankamen. Im Zentrum waren die Straßen und Bars noch belebt. Die Lichter und vielen
     Leute stellten eine Erleichterung dar, aber ich fühlte mich von dieser Normalität ausgeschlossen. Ich hatte den Eindruck,
     dass mich nicht nur die Fenster des Wagens von der Außenwelt trennten. Und die Sicherheit im Inneren des Wagens war auch nur
     eine Illusion.
    Anders als sonst nahm ich Jacobsens Verschlossenheit kaum wahr. Erst als sie schließlich zu sprechen begann, wurde ich wieder
     ins Hier und Jetzt gezogen.
    «Dan meint, dass Loomis und Harper mit einer Art Binde erdrosselt worden sind», sagte sie.
    Diese Gesprächseinleitung überraschte mich. «Wahrscheinlich mit einer sogenannten Spanischen Schlinge. Eine Art Aderpresse»,
     erklärte ich.
    «Das passt zu dem, was wir über York wissen. Ihm gefällt die Macht, die er damit ausüben kann. Buchstäblich die Macht über
     Leben und Tod. Und es befriedigt ihn wesentlich mehr, als jemanden sofort zu töten. Mit einer solchen Schlinge kann er den
     Prozess kontrollieren und genau bestimmen, wann er genug Druck ausübt, um seine Opfer zu töten.»
    Sie warf mir einen Blick zu.
    «Tut mir leid, das war nicht sehr taktvoll.»
    Ich zuckte mit den Achseln. «Schon in Ordnung. Ich habe |292| gesehen, was York anrichtet. Ich werde mich von seinen Spielchen nicht verrückt machen lassen.»
    «Glauben Sie, dass es ihm heute Abend darum ging?»
    «Wenn er ernsthaft hinter mir her wäre, warum warnt er mich dann vorher?» Doch schon, als ich das sagte, wurde mir klar, dass
     ich bereits einmal einer Mörderin begegnet war, die genau das getan hatte.
    Jacobsen war auch nicht überzeugt. «York will wieder die Oberhand gewinnen. Für einen Narzissten wie ihn war die Sache mit
     Dr.   Lieberman bestimmt ein gewaltiger Gesichtsverlust. Als Ausgleich dafür fordert seine Selbstachtung ein noch spektakuläreres
     Vorgehen. Sein nächstes Opfer vorher zu warnen könnte so etwas sein.»
    «Ich verstehe trotzdem nicht, warum es York auf mich abgesehen haben soll. Tom und Irving waren bekannte Leute. Warum sollte
     er plötzlich hinter einem Fremden her sein, von dem hier noch niemand gehört hat? Das ergibt keinen Sinn.»
    «Für ihn vielleicht doch.» Ihre Miene war todernst geworden. «Er hat Sie gemeinsam mit Dr.   Lieberman erlebt,

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