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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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genossen, mit Tom über den Fall zu sinnieren, aber in letzter Zeit schien ich ständig damit beschäftigt
     zu sein, mich selbst in Frage zu stellen. «Ich bin wahrscheinlich nur misstrauisch. Aber kommt es dir nicht auch ein bisschen
     zu einfach vor, dass der Fingerabdruck auf der Filmdose direkt zu einer weiteren Leiche führt?»
    Er zuckte mit den Achseln. «Auch Kriminelle machen Fehler.»
    «Du glaubst also, dass Willis Dexter noch lebt? Und dass er der Mörder ist?»
    |102| «Was denkst du?»
    «Ich denke, ich hatte vergessen, wie gern du den Advocatus Diaboli spielst.»
    Er musste lachen. «Ich gehe nur die Möglichkeiten durch. Okay, du hast recht, es erscheint alles eine Spur zu einfach. Aber
     Dan Gardner ist kein Idiot. Er kann manchmal furchtbar nerven, aber ich bin froh, dass er den Fall übernommen hat.»
    Ich konnte mich nicht mit Gardner anfreunden, doch Tom verteilte Lob nicht leichtfertig. «Was hältst du von York?», fragte
     ich.
    «Abgesehen davon, dass ich mir die Hand waschen wollte, nachdem er sie geschüttelt hat, bin ich mir nicht sicher.» Er machte
     ein nachdenkliches Gesicht. «Er ist nicht gerade ein Werbeträger für Bestatter, aber er schien sich wegen der Exhumierung
     keine Sorgen zu machen. Auf jeden Fall so lange nicht, bis er gesehen hat, in welchem Zustand der Sarg war. Er wird bestimmt
     ein paar peinliche Fragen beantworten müssen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er so gelassen gewesen wäre, wenn er
     gewusst hätte, was wir finden würden.»
    «Trotzdem, es ist schwer vorstellbar, wie die Leichen vertauscht worden sein sollen, ohne dass jemand vom Bestattungsunternehmen
     davon wusste.»
    Tom nickte. «Fast unmöglich. Aber ich spare mir das Urteil über York lieber noch auf.» Er hielt inne, um zu blinken und dann
     ein langsam fahrendes Wohnmobil zu überholen. «Gute Arbeit vorhin übrigens. Mir war an der Nasenhöhle nichts aufgefallen.»
    «Es wäre dir auch aufgefallen, wenn du dich nicht so über Hicks aufgeregt hättest.»
    «Mich über Hicks aufzuregen ist mein Berufsrisiko. Mittlerweile |103| sollte ich mich daran gewöhnt haben.» Sein Lächeln verblasste, als er meine Miene sah. «Okay, raus damit. Was hast du auf
     dem Herzen?»
    Eigentlich hatte ich nicht darüber sprechen wollen, aber dem Thema weiter auszuweichen hatte keinen Zweck. «Ich glaube, dass
     meine Reise hierher keine gute Idee gewesen ist. Ich weiß deine Bemühungen zu schätzen, aber   … seien wir ehrlich: Es funktioniert nicht. Ich glaube, ich sollte zurückfliegen.»
    Bis zu diesem Moment war mir nicht bewusst gewesen, dass ich eine Entscheidung getroffen hatte. Doch jetzt war mir so, als
     hätten meine Zweifel konkrete Formen angenommen und würden mich zwingen, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Obwohl mich dieses
     Eingeständnis auch erschreckte, weil ich wusste, dass es etwas Endgültiges hatte. Wenn ich jetzt abreiste, würde ich nicht
     nur meinen Aufenthalt abkürzen.
    Ich würde aufgeben.
    Tom schwieg eine Weile. «Das hat nicht nur mit der Sache in der Hütte gestern zu tun, oder?»
    «Das war nur ein weiterer Baustein.» Ich zuckte mit den Achseln und wusste nicht, wie ich es ausdrücken sollte. «Ich denke
     einfach, diese Reise war ein Fehler. Keine Ahnung, vielleicht war es zu früh.»
    «Deine Wunde ist verheilt, oder?»
    «Das meinte ich nicht.»
    «Ich weiß.» Er seufzte. «Darf ich offen sein?»
    Ich nickte nur, das war sicherer, als etwas zu sagen.
    «Du bist schon einmal davongelaufen, und es hat nicht funktioniert. Wie kommst du darauf, dass es dieses Mal besser wird?»
    Ich spürte, wie meine Wangen glühten.
Davongelaufen?
|104| Sah ich das auch so? «Wenn du die Situation meinst, als Kara und Alice gestorben sind, dann hast du wohl recht, da bin ich
     davongelaufen», sagte ich mit heiserer Stimme. «Dieses Mal ist es etwas anderes. Ich habe das Gefühl, als würde mir etwas
     fehlen, und ich weiß nicht was.»
    «Dir ist das Selbstvertrauen verloren gegangen.»
    «Wenn du so willst, ja.»
    «Dann frage ich dich erneut: Wie soll dir das Davonlaufen helfen?»
    Jetzt fiel ich ins Schweigen.
    Tom wandte seinen Blick nicht von der Straße. «Ich werde dich nicht mit billigen Aufmunterungen nerven, David.Wenn du wirklich
     glaubst, dass es das Richtige ist, dann musst du abreisen. Ich glaube, du wirst es bereuen, aber es ist deine Entscheidung.
     Aber würdest du vorher etwas für mich tun?»
    «Natürlich.»
    Tom rückte seine Brille zurecht. «Ich habe das,

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