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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Lieberman?»
    «Darauf läuft es wohl hinaus.»
    Er konzentrierte sich darauf, die Verschlüsse zu öffnen, und versuchte, sich gleichmütig zu geben. «Heißt das, sie bleibt
     in Tennessee?»
    «Warum fragen Sie sie nicht selbst?»
    Er schaute mich erschrocken an und senkte dann schnell den Blick. «Nein, das kann ich nicht. Ich, äh, dachte nur.»
    Ich unterdrückte ein Lächeln. «Ich glaube jedenfalls, dass sie noch eine Weile hier sein wird.»
    «Ja, vermutlich.»
    Er nickte heftig und vertiefte sich in die Arbeit. Seine Schüchternheit war mir irgendwie peinlich. Ich hatte keine Ahnung,
     ob sein Interesse Summer willkommen war, aber ich hoffte, dass er den Mut aufbringen würde, es herauszufinden.
    Wir wollten gerade den Deckel von der Aluminiumkiste heben, als Tom zurückkehrte. Er sah nicht gerade glücklich aus.
    «Ihr braucht euch nicht zu beeilen. Dan will, dass wir mit der Untersuchung noch warten. Offenbar möchte sich Alex Irving
     die Leiche so anschauen, wie sie gefunden wurde.»
    |108| «Weshalb?» Ich konnte verstehen, dass der Profiler die Leiche des ersten Opfers in der Hütte hatte sehen wollen, diese aber
     lag in einem Sarg. Mir war schleierhaft, welche Schlüsse er daraus ziehen wollte, die ihm nicht auch Fotos verschaffen würden.
    «Wer weiß?» Tom atmete genervt aus. «Hicks und Irving an einem Morgen. Mein Gott, das kann ja noch heiter werden heute. Und
     du hast nicht gehört, dass ich das gesagt habe, Kyle.»
    Der Assistent der Leichenhalle lächelte. «Nein, Sir. Kann ich sonst noch etwas tun?»
    «Im Moment nicht. Ich rufe dich, wenn Irving hier ist. Mir wurde versichert, dass er nicht lange braucht.»
    Aber wir hätten wissen müssen, dass Irving kein Typ war, der sich darum Gedanken machte, wie lange er andere warten ließ.
     Eine halbe Stunde verstrich, dann eine Stunde, und er hatte uns noch immer nicht mit seiner Anwesenheit beehrt. Tom und ich
     beschäftigten uns damit, die über Nacht in Lösungsmittel eingelegten Überreste aus der Hütte abzuspülen und zu trocknen. Erst
     nach fast zwei Stunden schlenderte der Profiler ohne anzuklopfen in den Autopsiesaal. Über einem schlichten schwarzen Hemd
     trug er wieder seine teure Wildlederjacke, ein gepflegter Dreitagebart bedeckte seine fülligen Wangen und das leicht schwabbelige
     Kinn.
    Eine hübsche junge Frau begleitete ihn, die kaum älter als neunzehn oder zwanzig war. Sie hielt sich dicht hinter ihm, als
     wollte sie sich verstecken.
    Er schenkte uns ein falsches Lächeln. «Dr.   Lieberman, Dr.   …» Er beließ es bei einem vagen Nicken in meine Richtung. «Ich nehme an, Dan Gardner hat Ihnen gesagt, dass ich komme.»
    |109| Tom erwiderte das Lächeln nicht. «Ja, vor zwei Stunden. Er hat auch gesagt, dass sie bald hier sein würden.»
    Irving hob theatralisch die Hände und setzte ein Lächeln auf, das er anscheinend für entwaffnend hielt. «Mea culpa. Das Fernsehen
     hat gerade ein Interview mit mir aufgezeichnet, als Gardner anrief, und die Aufnahmen haben sich etwas verzögert. Sie kennen
     das ja.»
    Toms Miene sagte, dass er genau Bescheid wusste. Er schaute fragend auf die junge Frau. «Und das ist   …?»
    Irving legte besitzergreifend eine Hand auf ihre Schulter. «Das ist, äh, Stacie. Eine meiner Studentinnen. Sie schreibt eine
     Dissertation über mein Werk.»
    «Das ist bestimmt faszinierend», sagte Tom. «Aber sie muss leider draußen warten.»
    Der Profiler tat die Bemerkung mit einer lässigen Handbewegung ab. «Schon in Ordnung, ich habe sie gewarnt, was sie erwartet.»
    «Trotzdem, ich muss darauf bestehen.»
    Irvings Lächeln wurde zu einer Maske, als er und Tom sich anstarrten. «Ich habe ihr versprochen, dass sie mich begleiten kann.»
    «Das hätten Sie nicht tun sollen. Das hier ist eine Leichenhalle, kein Vorlesungssaal. Tut mir leid», fügte Tom etwas sanfter
     an die junge Frau gewandt hinzu.
    Irving starrte ihn noch einen Moment an, dann schenkte er ihr ein bedauerndes Lächeln. «Sieht so aus, als wäre ich überstimmt
     worden, Stacie. Sie werden in meinem Wagen warten müssen.»
    Stacie eilte verlegen mit gesenktem Kopf hinaus. Sie tat mir leid, aber Irving hätte wissen müssen, dass er sie nicht einfach
     mitbringen konnte, ohne Tom zu fragen. Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen, verschwand das Lächeln des Profilers.
    |110| «Sie ist eine meiner besten Studentinnen. Wenn ich den Eindruck gehabt hätte, sie könnte meine Arbeit behindern, hätte ich
     sie nicht

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