Leichenfresser - Thriller
war nie stärker gewesen. Im Verlauf der Wanderung hatte er sich daran gewöhnt und ihn beinahe ignorieren können, nun jedoch nahm er ihn wieder deutlicher wahr. Seine Ängste, die zu verdrängen ihm vorher gelungen war, kamen zurückgeschlichen. Jede Faser seines Körpers wollte umkehren und fliehen, aber der Gedanke an Doug, der in undurchdringlicher Finsternis gefangen sein musste, ließ seine Füße an Ort und Stelle verharren.
Wie als Reaktion auf sein wachsendes Grauen grunzte etwas in der Dunkelheit. Ein animalisches Geräusch, wie man es von einem Keiler oder Bären erwarten würde.
Timmy entfuhr ein verängstigtes Wimmern. Er wirbelte herum. Es ließ sich unmöglich mit Sicherheit sagen, woher der Laut stammte oder aus welcher Entfernung er kam, doch er vermeinte, dass er hinter ihm ertönt sein musste.
Timmy leuchtete mit der Lampe in die Richtung, aus der er gekommen war, fürchtete sich davor, was der Strahl vielleicht offenbaren würde, aber der Tunnel lag verwaist da.
Er wartete, ob sich das Geräusch wiederholte, doch es war wieder völlig still.
»Oh lieber Herr Jesus ...«
Der Junge kämpfte den Drang zurück, die Flucht zu ergreifen, und eilte stattdessen weiter.
In seiner verborgenen Nische in einem Nebentunnel belauschte der Ghoul den Jungen und wie er vorbeiging. Das Menschenkind drang tiefer in das Labyrinth vor und näherte sich der Haupthöhle. Das entsprach genau dem, was der Ghoul wollte. Sobald der Junge dort eintraf, war er von jeglichem Fluchtweg abgeschnitten. Er musste durch diesen Tunnel zurück, um die Höhlen zu verlassen, und der Ghoul würde ihn überrumpeln.
Zuerst hatte er den Jungen töten wollen, sobald er ihn witterte und näher kommen hörte. Aber er hatte dann doch gewartet, fasziniert davon, dass ein so junger Mensch Mut und Entschlossenheit zeigte, wie sie viele ältere Menschen nicht aufbrachten, zumindest nicht der Erfahrung des Ghouls nach. Er hatte das Kind nur deshalb vorbeigelassen, weil es sich vielleicht als unterhaltsame Zerstreuung erweisen würde. Aus einer spontanen Eingebung heraus hatte er ein kurzes Grunzen von sich gegeben, um den Jungen weiterzutreiben und seine Angst zu verstärken.
Fleisch schmeckte so viel süßer, wenn es mit Furcht mariniert wurde.
Außerdem war der Ghoul nach wie vor damit beschäftigt, das erste Kind zu verspeisen.
Grinsend wandte er sich wieder seiner Mahlzeit zu. Das noch warme Fleisch fühlte sich zwischen seinen Zähnen fest und rein an – es zerfiel nicht, löste sich nicht in Brei auf, wie es bei verwesendem Gewebe der Fall war. Der Leichenfresser genoss jeden einzelnen Bissen. Er seufzte wohlig, als sich seine Schneidezähne in einen Oberschenkel gruben. Das dicke Blut schmeckte süß und er leckte es gierig auf. Der Junge war mit einer besonders üppigen Fettschicht gesegnet und die Kreatur wühlte genießerisch mit beiden Händen in der gelblichen Masse.
Der Ghoul brach einen Knochen auf, saugte das Mark heraus und fragte sich, ob dieses andere Kind ein Freund seiner gegenwärtigen Mahlzeit war. Der Geruch des neuen Jungen kam ihm vertraut vor, vielleicht aus dem Clubhaus der Kinder, das er zuvor überfallen hatte. Was hatte Smeltzer noch mal gesagt? Dieser Keiser, der nun ausgebreitet und aufgerissen vor dem Ghoul lag, hatte mit dem Sohn des Totengräbers und einem anderen Jungen gespielt. Die Kreatur durchforstete ihr Gedächtnis nach dem Namen. Draco? Mako?
Graco.
Der Ghoul hob die Hände ans Gesicht. Seine lange, nahezu schwarze Zunge schnellte vor und leckte Fleischreste von den mit Blut und Gewebe verkrusteten Krallen. Sogar, als die Kreatur ihre Schnauze in die Bauchhöhle des Jungen bohrte, knurrte ihr Magen angesichts des Versprechens eines bevorstehenden weiteren Leckerbissens. Und sie brauchte dafür nicht einmal zu jagen. Sie konnte hier warten, diese Vorspeise beenden und sich anschließend dem Hauptgang widmen, denn der Junge konnte nicht entkommen.
Barry fand seinen Vater unter einem Marmordenkmal, einem großen, fast zwei Meter hohen Gedenkstein. Clark Smeltzer saß daran gelehnt, die Augen geschlossen. Er stank nach Alkohol. In der Nähe lagen Glasscherben, die Überreste einer Flasche Wild Turkey.
Zuerst dachte Barry, sein Vater sei tot. Er war blutüberströmt, sein Gesicht und sein Hals waren ziemlich übel aufgeschlitzt. Als Barry ihn mit einem Fuß anstieß, rührte er sich nicht. Mit zitternden Händen holte Barry die Druckluftpistole hervor und feuerte einen Schuss auf den reglosen
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