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Leichenfresser - Thriller

Leichenfresser - Thriller

Titel: Leichenfresser - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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anderen, weit entfernten Kontinent zugetragen. Einsamkeit schwelte in ihrer klammen Brust.
    Der Ghoul hatte keine Ahnung, wie lange er schon dort lag, eingekerkert und außerstande, sich zu bewegen oder zu fressen, gebannt von dem Symbol auf dem Grabstein über ihm. Gefangen durch mittlerweile vergessene Magie, durch Sigillen aus Büchern der Macht wie Die Daemonolateria und Der lange verborgene Freund, durch mystische Symbole, die von längst verstorbenen Menschen kopiert und eingeritzt worden waren – Menschen, die in nahen Gräbern zu Knochen und Staub zerfielen und friedlich verwesten, während der Ghoul in einem Dämmerzustand aus Langeweile und Verzweiflung vor sich hin schlummerte ... und an überwältigendem Hunger litt. Realistisch betrachtet dauerte die Gefangenschaft noch nicht lange, jedenfalls nicht nach den Maßstäben des Ghouls. 100 Jahre. Vielleicht einige mehr. Nur ein Augenzwinkern für seine Art, doch der Hunger ließ es wesentlich länger erscheinen.
    Der Ghoul fühlte sich einsam.
    Er war wütend.
    Und vor allem quälte ihn Heißhunger.
    Jener Hunger hatte im leeren Bauch des Ghouls genagt – eine kalte, hohle Leere, die er nicht hatte füllen können.
    Bis er vor zwei Wochen endlich befreit worden war. Danach hatte er die verlorene Zeit aufgeholt und endlich seinen Appetit gestillt.
    In jener Nacht, als die Sigille versehentlich zerstört wurde, nachdem der Grabstein auf die Erde gekippt und zerbrochen war, erwachte er zu vollständigem Bewusstsein. Er nahm den Menschen wahr, der über ihm stand. Der Ghoul konnte ihn riechen – den Gestank seines Menschenschweißes, den Alkohol, der aus seinen Poren drang, die Angst in seinem Herzen, die Wut in seinem Kopf. All das vermochte der Ghoul zu wittern und mehr noch, er witterte die Toten auf dem Friedhof. Die Kreatur knurrte gemeinsam mit ihrem Magen.
    Der Verstand des Mannes glich einem Stock voll zorniger Bienen und der Ghoul konnte es fühlen.
    Der Mann bewegte sich über dem Grab und murmelte etwas Wütendes, Unverständliches, die Worte von Alkohol verzerrt. Er verfluchte den umgekippten Grabstein, obwohl er ihn selbst umgestoßen hatte. Der Mann zündete sich eine Zigarette an.
    Der Boden geriet in Bewegung.
    Der Ghoul brandete der Oberfläche entgegen, pflügte durch das Erdreich wie ein Hai durchs Wasser. Seine langen, knochigen Finger stießen aus dem Boden. Die dreckigen, krummen Krallen an seinen Fingerspitzen waren rissig und schälten sich. Seine Arme streckten sich weiß und kalt nach vorn, die dicke Haut hart und schmierig. Die Hände des Ghouls schlangen sich um die Fußgelenke des erschrockenen Mannes, umfassten sie kräftig, hielten sie fest. Dann drang der unbehaarte, spitze Kopf der Kreatur wie ein bleicher, verrotteter, zu groß geratener Kürbis durch die aufgeworfene Erde. Vorquellende Augen schimmerten gelb. Scharfe Zähne, an manchen Stellen von Fäulnis geschwärzt, blitzten im Mondlicht auf, grässliche Hauer unter dunklen, wulstigen Lippen.
    Der Mann schrie auf, die Zigarette fiel aus seinem Mund. Sein Gebrüll hallte über den verwaisten Friedhof, wo es niemand sonst hörte.
    Frohlockend hievte sich der Ghoul aus dem Grab und richtete sich zu voller Größe auf. Er war vollkommen nackt, sein Körper beinahe gänzlich unbehaart, abgesehen von einem Gewirr zwischen den Beinen und einigen wenigen, über den Leib verstreuten Strähnen.
    Der Mann hatte zu große Angst, um zu fliehen. Ein nasser Fleck breitete sich im Schritt seiner Hose aus. Eine halb leere Flasche Wild Turkey entglitt seinem Griff und rollte über das feuchte Gras. Er zitterte, als die Kreatur die Erde von ihrem dünnen, ausgemergelten Körper abschüttelte. Unter der unbehaarten Haut zeichneten sich die Knochen ab. Der Ghoul leckte sich über die Lippen. Seine Zunge kroch wie eine dunkelgraue Schlange über sein Gesicht.
    Trotz seines Entsetzens würgte und hustete der Mann, wich vor dem Gestank des Wesens zurück. Es roch stark nach Käse, den jemand zu lange in der sommerlichen Sonne liegen gelassen hatte. Durchdringend. Verdorben. Wie saure, in einer mobilen Toilettenkabine verschüttete Milch.
    »Oh Herr im Himmel ... hilf mir doch jemand! Hilfe!« Der Mann bewegte sich weiter rückwärts. Sein Fuß stieß gegen die Flasche.
    Die Kreatur zischte. Atem wie Kloakendämpfe drang aus ihrem Mund.
    »Hilfe!«
    Der Ghoul hielt inne und grübelte über den Dialekt des völlig verängstigten Mannes nach. Obwohl er die meisten Sprachen der Menschen kannte, lag

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