Leichenfresser - Thriller
Zeit.
In den vergangenen zwei Wochen hatte er sich einen weitläufigen Bau geschaffen. Den Mittelpunkt des Labyrinths bildete sein ursprüngliches Grab, aber er hatte Tunnel in alle Richtungen gegraben und einen verschlungenen Irrgarten angelegt, der zunehmend größer und komplexer wurde. Die junge Frau hielt er in der Hauptkammer, in einem Nest, das er für sie gebaut hatte. Der Ghoul brauchte sich keine Sorgen darüber zu machen, dass sie fliehen würde – dafür war ihr Verstand zu sehr zusammengebrochen. Und selbst wenn sie noch zu vernünftigen Gedanken fähig gewesen wäre, hätte sie nie den Weg durch das pechschwarze Labyrinth der Tunnel gefunden.
Die Kreatur fraß jede Nacht. Anfangs hatte sie sich in den älteren Gräbern in der Nähe bedient und die wenigen menschlichen Überreste verschlungen, die nach 100 Jahren unter der Erde noch übrig waren. Nachts holte sie sich als Imbiss überfahrene Tiere, die man zum Verrotten in der Sonne entlang der Straßen zurückgelassen hatte, die an diesen Teil des Friedhofs grenzten. Danach hatte sich das Geschöpf weiter vorgewagt und einen Weg durch den Hügel hinauf zu den neueren Gräbern gebuddelt. Dort fraß sich der Ghoul Nacht für Nacht satt, indem er die letzten Ruhestätten von James Sawyer und George Stevens, Cathy Luckenbaugh und Damon Bouchard, Britney Rodgers, Raymond und Sally Burke, Stephen Clarke und vielen anderen plünderte.
Die Toten vermochten nicht zu schreien.
In dieser Nacht verhielt es sich genauso. Dane Gracos Leichnam wurde weniger als zehn Stunden nach seiner Beerdigung verzehrt. Dem Ghoul missfielen die Chemikalien im Körper, die Einbalsamierungsflüssigkeit und dergleichen. Er sehnte sich nach den alten Tagen zurück. Abgesehen davon jedoch schmeckte das Essen und er war hungrig.
Am Tag, nachdem die Gracos ihren lieben Verstorbenen bestattet hatten und versuchten, ihr Leben weiterzuführen, überprüfte Clark Smeltzer die vereinbarte Stelle und fand eine neue Ansammlung von Bestechungsgütern, darunter Dan Gracos Freimaurerring. Erneut begann er, über seinen neuen Reichtum nachzudenken. Er tat nichts Falsches, redete er sich ein. Schließlich buddelte er keine Leichen aus und bestahl sie. Und die Toten brauchten das Zeug ohnehin nicht mehr. Warum sollte er es also nicht in Pfandleihen zu Geld machen? Dennoch musste er vorsichtig sein. Etwas wie diesen Ring konnte er nicht vor Ort verkaufen. Er musste nach Harrisburg oder Baltimore fahren, um ihn zu verhökern.
Unter dem kleinen Haufen Schmuck und Münzen lag eine Botschaft auf einem Stück weißem Stoff, offensichtlich von einem Bestattungsgewand abgerissen. Die Nachricht war kurz, bestand nur aus 15 Wörtern, aber Clark hatte Mühe, die Handschrift zu entziffern.
Erzähl niemandem von meiner Existenz.
Bring mir mehr Frauen.
Du wirst weiter dafür belohnt.
Er steckte die Gegenstände in die Tasche. Seine Hose sackte durch das Gewicht der Münzen und des Schmucks nach unten. Clark zog sie hoch, rückte den Gürtel zurecht und ging davon.
Der Friedhofsverwalter bemühte sich sehr, die leisen Frauenschreie zu ignorieren, die er aus der Erde hervordringen hörte.
Gegen Mittag war er wieder betrunken und nichts mehr spielte eine Rolle.
Fünf
Zwei Wochen waren seit Dane Gracos Tod vergangen und für alle anderen ging das Leben weiter. Timmys Kummer legte sich, Barrys blaue Flecken verheilten und Dougs Schuldgefühle verblassten. Die Ängste der Jungen schienen in der Wärme der Sommersonne zumindest vorübergehend zu verwelken. Immerhin waren sie zwölf und entsprechend anpassungsfähig, noch in der Lage, die Verteidigungsmechanismen der Kindheit anzuwenden. Timmy dachte nach wie vor jeden Tag an seinen Großvater, vor allem, wenn er an dessen Grab vorbeikam, und ihn überfielen immer noch Augenblicke, in denen er heftige Stiche im Herzen verspürte und von Weinanfällen überwältigt wurde.
Aber die zwei Wochen seit Beginn der Sommerferien schienen wie ein neues Leben zu sein. Sie verbrachten die Nachmittage mit Angeln am Teich, wo Barry und Timmy Sonnenbarsche und Blaukiemen-Mirakelbarsche fingen, während Doug in der Regel Stöcke und einmal eine Schildkröte aus dem Wasser holte. Sie hingen zusammen im Bunker ab, wo sie Comics und Softpornohefte lasen. Sie spielten mit Timmys Star Wars -Todessternset, das sogar Schaumstoffmüll für die Abfallpresse enthielt. Sie liefen die Bahngleise entlang und sammelten Eisennägel auf, die sie in den Bunker brachten. Sie verbrachten
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