Leichenfresser - Thriller
Blut.
Tief in dem Loch quiekte etwas. Der Laut klang zornig.
»Großer Gott!« Doug brach auf dem Gras zusammen, zog sein verwundetes Bein an und schälte langsam den zerfetzten Strumpf von seinem Fuß. Fünf leichte, unregelmäßige Kratzer zeichneten sich um seinen Knöchel und an seiner Wade ab, als hätten ihn lange Fingernägel oder Krallen erwischt.
»Alles in Ordnung?«, fragte Timmy besorgt.
»Nein, verdammt, es ist nicht alles in Ordnung. Ich bin in ein Loch gefallen und irgendwas hat mich gekratzt. Guck dir bloß meinen Fuß an. Sieht das für dich aus, als wäre alles in Ordnung? Ich blute.«
Barry und Timmy warfen einander einen Blick zu und schämten sich für ihre erste Reaktion.
»Hast du das Loch nicht gesehen?«, fragte Barry.
»Da war keins. Der Boden hat einfach nachgegeben, wie bei einer Fallgrube oder so.«
Timmy und Barry begutachteten das Loch. Es sah nicht wie ein Erdhörnchenbau aus. Die Größe passte nicht. Auch für einen Maulwurf schien es zu groß zu sein, andererseits zu klein für sonstige Säugetiere, die sich durch die Erde wühlten. Außerdem befand sich daneben kein Erdhaufen. Es schien von unten gegraben worden zu sein, als hätte etwas einen Tunnel nach oben angelegt und dieser kleine Bereich war dabei eingestürzt. Timmy kniete sich neben die Öffnung. Eine leichte Brise wehte über seine Wange. Er rümpfte die Nase.
»Da unten ist Luft. Ich kann sie im Gesicht spüren. Aber sie stinkt.«
»Wen juckt’s?« Doug wiegte sich vor und zurück. »Sieh dir meinen Knöchel an. Ich könnte die Tollwut kriegen.«
»Deinem Knöchel fehlt nichts, Mann. Pack einfach Jod oder so drauf.«
»Aber das verhindert keine Tollwut. Davon stirbt man. Mit Schaum vor dem Mund und all so was.«
Timmy hörte ihm nicht zu und konzentrierte sich stattdessen auf die eigenartige Öffnung. Der Geruch war abscheulich, trotzdem konnte er den Blick nicht von dem Loch abwenden.
»Ihr habt doch das Geräusch gehört, oder? Hat nicht wie ein Erdhörnchen geklungen. Ich frage mich, was da ist.«
»Erdfall«, sagte Barry. »Gibt’s auf dem Friedhof, ist in letzter Zeit ständig. Mein Dad meint, da unten müssen Höhlen oder etwas Ähnliches sein. Neuerdings brechen überall solche kleinen Löcher auf. Und Grabsteine sinken auch ein. Sie sacken einfach halb in den Boden. Dieses Quieken war vermutlich nur herausströmende Luft.«
»Luft?« Doug seufzte gereizt. »Und was hat mich dann gekratzt, du Trottel?«
Timmy schenkte den beiden keine Beachtung. Durch seinen Verstand geisterten verschiedenste Erklärungen. Eine unterirdische Höhle! Vielleicht sogar ein ganzes Netzwerk. Wenn sie hineingelangen und sie erkunden könnten, ließ sich unmöglich abschätzen, was sie finden würden. Vielleicht wurden sie sogar berühmt. Vergangenen Winter hatte er ein Buch über Höhlen gelesen und war fasziniert von der Vorstellung gewesen, eine Höhle in der Nähe ihrer Häuser zu finden. Das wäre noch cooler als der Bunker.
Er beugte sich näher heran, zuckte vor dem aufsteigenden Gestank zurück und fächelte die Luft vor seiner Nase weg.
»Das riecht nicht wie eine Höhle. Eher wie ein Abwasserkanal.«
»Wir sind auf einem Friedhof«, erinnerte ihn Barry. »Wahrscheinlich geht der Geruch von einer verwesenden Leiche aus.«
Angewidert schrak Timmy vor dem Loch zurück. Eine Sekunde lang dachte er an seinen Großvater. Passierte das gerade mit ihm? Timmy schloss die Augen und versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken.
»Oh Mann«, stieß Doug stöhnend hervor. »Wenn das ein Abwasserkanal oder eine Leiche war, könnte sich die Wunde infizieren.«
»Mann«, sagte Timmy, »geh einfach nach Hause und verarzte sie. Wenn du dich gleich darum kümmerst, wird sich gar nichts infizieren.«
»Ich kann jetzt nicht nach Hause. Nicht mit dem Fuß. Ich könnte mit dem Rad nie schnell genug an Catcher vorbeistrampeln.«
»Catcher.« Timmy ballte die Hände zu Fäusten. »Immer wieder Catcher. Ohne ihn wäre alles viel einfacher.«
»Hast du nicht die Schnauze voll von dem Köter?« Barry schaute Doug an.
»Na ja, klar, aber was kann ich schon tun? Ich hab Mr. Sawyer gesagt, dass mich Catcher jagt, und meine Ma hat auch schon mehrmals bei ihm angerufen, aber er bindet ihn trotzdem nicht an. Der Hundefänger hat auch nichts unternommen. Ma sagt, das liegt daran, dass er mit Mr. Sawyer befreundet ist. Die hängen oft zusammen im Veteranenverein ab.«
Timmy lächelte. »Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir uns
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