Leichenfund - Killer Heat
und ich bring sie rechtzeitig in die Heia. Sie ist wegen dieser Warren-Sache so aufgedreht, dass du dir ihretwegen wirklich keine Sorgen machen musst.«
»Willst du mitfahren, Alex?«, fragte Mercer.
»Klar.«
»Dann sehen wir uns morgen um halb acht hier bei dir im Büro. Versuch, ein paar Stunden zu schlafen.«
Ich räumte meinen Schreibtisch auf und ging mit Janet Bristol und Mike zu seinem Auto. Die Fahrt zu dem sechsstöckigen blauen Backsteingebäude, in dem das Leichenschauhaus untergebracht war, dauerte nur eine knappe Viertelstunde. Jeff Kestenbaum, der stellvertretende Gerichtsmediziner, der den Fall bearbeitete, holte uns am Empfang ab und führte uns in sein Büro. Der schlaksige Mann mit dem ernsthaften Gebaren eines Wissenschaftlers hatte eine sanfte Art im Umgang mit Angehörigen, die in der Regel aufgrund schrecklicher Nachrichten zu ihm kamen.
Kestenbaum erklärte Janet, wie die Besichtigung ablaufen würde. Er erläuterte ihr in drastischeren Worten, als Mike es getan hatte, wie die Insekten die Frauenleiche zugerichtet hatten. Er bestätigte, dass die zahnärztlichen Unterlagen mit dem Gebiss der Toten übereinstimmten, beziehungsweise mit dem, was nach der Misshandlung durch den Mörder noch von Ambers Zähnen übrig war.
»Muss ich... muss ich sie sehen?«
Laut Vorschrift musste mindestens eine dem oder der Verstorbenen nahestehende Person die Leiche identifizieren. Es wurde immer wieder von Fällen berichtet, in denen Tote aufgrund ähnlicher Merkmale - Statur, Hautfarbe, Zahnkronen oder OP-Narben im Unterbauchbereich - falsch identifiziert und unter falschem Namen begraben wurden.
»Ja, das müssen Sie, damit wir die Leiche freigeben können.«
Wir gingen die kurze Strecke bis zum Besichtigungsfenster. Die Tote würde heute - nach bereits erfolgter Autopsie, bei der man auch einige der Gesichtswunden genäht hatte - besser aussehen als letzte Nacht.
Als der grüne Vorhang zurückgezogen wurde, reagierte Janet prompt.
»O Gott.« Sie drückte die Stirn gegen das Glas. »Ja, das ist meine Schwester. O Gott!«
Jetzt, da uns Janet ihr Profil zuwandte, das sich mit der Knochenstruktur von Ambers Gesicht deckte, war die Ähnlichkeit zwischen den beiden Schwestern noch auffälliger. Janets Knie gaben nach, und Mike fing sie auf, bevor sie zu Boden sackte.
Wir folgten Kestenbaum zurück in sein Büro. Mike legte Janet auf das Sofa in der kleinen Besucherlounge, wo sie fast augenblicklich wieder zu sich kam. Die Männer verließen den Raum, als ich mich zu ihr setzte, ihr über die Hand strich und sie zu beruhigen versuchte.
»Möchten Sie jemanden anrufen, der hierher zu Ihnen kommen soll?«
»Nein. Da ist niemand. Ich muss meine Mutter anrufen.« Sie holte tief Luft und lehnte den Kopf an die Sofalehne.
»Irgendwelche Freundinnen, damit Sie nicht allein sind?«
»Verstehen Sie denn nicht? Ich will nicht, dass irgendjemand davon erfährt.«
»Dass Amber umgebracht wurde?«
»Das wird sich schnell genug herumsprechen. Aber es soll niemand von ihrem Lebenswandel erfahren.«
»Kann ich irgendetwas -«
»Würden Sie mich bitte ein paar Minuten allein lassen? Ich möchte in Ruhe nachdenken.«
Ich zog die Tür hinter mir zu und ging in Kestenbaums Büro. Der Mediziner stand an seinem Schreibtisch und ordnete, vermutlich für einen Gerichtstermin, Autopsiefotos von einem männlichen Schussopfer. Mike hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und zappte sich durch die Fernsehkanäle.
»Können wir los?«, fragte er.
»Janet will ein paar Minuten allein sein, um sich zu sammeln.«
»Ich kann’s kaum erwarten, Ambers Adressbuch in die Finger zu kriegen.«
»Ihre Kunden, ein verheirateter Lover, ein verärgerter Vermieter, ihr Exboss und vielleicht ein Unbekannter, der mit einer Sammlung Folterinstrumente herumläuft.« Ich zählte die möglichen Einträge an den Fingern ab. »Wo willst du da anfangen?«
Mike drehte die Lautstärke auf, als Alex Trebek auf dem Bildschirm die Kategorie der letzten Jeopardy! -Frage bekannt gab. »›Berühmte Amerikaner‹. Mal sehen, Leute, wie viel Geld ihr darauf setzen wollt.«
»Ich bin dabei, Coop. Zwanzig Mäuse.«
Weder ein grausiger Tatort noch die bedrückende Atmosphäre eines Leichenschauhauses konnten Mike davon abhalten, sich in die letzten Minuten der Quizsendung einzuschalten. Er hatte Geschichte studiert und glänzte gern mit seiner Allgemeinbildung.
»Ich weiß, dass du mich gleich wegen meiner Pietätlosigkeit schimpfen wirst«,
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