Leichenfund - Killer Heat
zu übernehmen, zusammen mit Bedloe’s Island - da drüben, siehst du? Heute steht dort die Freiheitsstatue, und das dort in der Ferne ist Ellis Island. Und dort drüben, auf der Battery, ist Castle Clinton. Er wollte mit Hilfe all dieser Punkte ein Verteidigungssystem errichten, um den New Yorker Hafen vor einer feindlichen Invasion zu schützen.«
Mercer kapierte, was Mike meinte. »Also wurden an all diesen Stellen Festungen gebaut.«
»Genau. Am Fuß der Freiheitsstatue war Fort Hood, und Ellis Island hieß früher mal Fort Gibson.«
Er zeigte nach Manhattan hinüber, und mein Blick folgte seinem Finger. »Dann ist da noch Castle Clinton, auf der Battery, benannt nach dem früheren New Yorker Gouverneur DeWitt Clinton. Wie du siehst, ist es nur einstöckig. Der Regierung ging das Geld aus, und der Bau wurde nie vollendet. Jetzt dreh dich um.«
Hinter uns befand sich eine massive Festung aus rotem Sandstein mit einem großen runden Wachturm, der an der nordwestlichen Ecke der Insel drei Stockwerke hoch über dem Wasser aufragte.
»Das Kronjuwel des Verteidigungssystems«, sagte Mike. »Castle Williams.«
»Nach wem ist es benannt? Wer war Williams?«, fragte ich.
»Jonathan Williams war der Architekt der Festung. Außerdem war er auch der erste Leiter von West Point.«
»Merk dir das mal. Noch so ein West-Point-Detail, das vielleicht irgendwie mit den anderen zusammenhängt.« Mercer ging zum Eingang der Festung. »Das Tor ist offen.«
Die Anlage machte einen gepflegten Eindruck. Der scheinbar undurchdringliche Mauerring war in regelmäßigen Abständen von Schießscharten durchbrochen, die sich über drei Stockwerke zu jeweils sechsundzwanzig Stück aneinanderreihten. Die weitesten Öffnungen befanden sich unten, die engsten im oberen Abschnitt. Jede der Öffnungen war einst mit einer Kanone bestückt gewesen, und als wir uns näherten, konnten wir vereinzelt noch welche erkennen.
Mercer ging in die Mitte des unüberdachten Innenhofes. Die Festung hatte die Form eines Hufeisens, das zur Felsenküste hin geschlossen war und zur Inselseite eine schmale Öffnung aufwies. Ich drehte mich um die eigene Achse und blickte die drei Stockwerke hinauf zum Wehrgang, auf dem nach wie vor mehrere riesige schwarze Kanonen standen und auf die Bucht hinauszeigten.
Die zum Innenhof gelegenen Räume waren durch Eisengitter verschlossen. Mercer ging zu einer der Türen und zerrte an dem modernen Vorhängeschloss, das um das alte Metallschloss gewickelt war. »Hier kommt man sich eher vor wie in einem Gefängnis«, sagte er.
»Das war es auch mal«, sagte Mike, während wir auch die anderen Türen ausprobierten. »Mitte des neunzehnten Jahrhunderts waren diese stationären Kanonenstellungen nicht mehr zeitgemäß. Es gab alle möglichen Waffen, die über größere Beweglichkeit und Reichweite verfügten, selbst auf den Schiffen. Damals hat die Armee hier ihr Waffenlager eingerichtet und sich andere Verwendungszwecke für die Insel überlegt. Du hast bestimmt nicht gewusst, dass General Winfield Scott die Insel in den 1840er Jahren, vor dem Mexikanischen Krieg, zum Hauptquartier der gesamten US-Armee machte.«
»Wenn es um Militärgeschichte geht, verlasse ich mich ganz auf dich«, sagte Mercer.
»Während des Bürgerkriegs waren hier die Soldaten der Konföderierten interniert. An die fünfzehnhundert Häftlinge drängten sich in den provisorischen Gefängniszellen, viele von ihnen waren der Spionage angeklagt und warteten auf ihre Hinrichtung. Die Hinrichtungen fanden hier im Innenhof statt, damit die anderen Häftlinge zuschauen konnten. Unsere eigene kleine Teufelsinsel.«
»Warum hier?«, fragte ich.
»Weil es von hier kein Entkommen gab, Coop. Die Mauern sind zwölf Meter hoch und zweieinhalb Meter dick. Der einzige Ausgang ist das Tor, durch das wir hereingekommen sind und das früher natürlich verschlossen war. Wenn es den Südstaatlern gelungen wäre, Castle Williams vom Wasser aus unter Beschuss zu nehmen, hätten sie dabei nur ihre eigenen Kameraden umgebracht.«
»Schrecklich trostloser Ort«, sagte Mercer, der noch immer an den Schlössern rüttelte.
»Nach dem Bürgerkrieg blieb es dann ein Militärgefängnis.«
»Also hatten wir hier an der Ostküste, mitten in New York, unser eigenes Leavenworth oder Alcatraz«, sagte Mercer. »Das wusste ich nicht.«
»Wo ist deine Liste, Coop?«
Ich holte Block und Kugelschreiber aus der Tasche.
»Wir müssen herausfinden, wer die Schlüssel zu diesen Zellen
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