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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ist?«
    »Er ist in Sicherheit, Mr. Holmes. Er ist in guten Händen.«
    Er packte ihre Schultern.
    »War es Dr. Grenville? Ist er derjenige, der seine Flucht organisiert hat?«
    Sie starrte in Wendells wild funkelnde Augen. »Wir können ihm doch vertrauen, oder nicht?«
    Wendell stöhnte auf. »Dann ist es vielleicht schon zu spät für Norris.«

    »Warum sagen Sie das? Sie machen mir Angst.«
    »Grenville wird nie zulassen, dass es zum Prozess gegen Norris kommt. Zu viele Geheimnisse würden dabei ans Licht kommen, skandalöse Geheimnisse, die die diese Familie ruinieren werden.« Er blickte zu Aldous Grenvilles stattlichem Haus auf.
    »Aber Dr. Grenville hat Norris immer verteidigt.«
    »Und haben Sie sich nie gefragt, wie ein so einflussreicher Mann dazu kommt, seinen Ruf aufs Spiel zu setzen, indem er einen namenlosen Studenten ohne jegliche Beziehungen verteidigt?«
    »Weil Norris unschuldig ist! Und weil...«
    »Er hat es getan, um zu verhindern, dass Norris vor Gericht kommt. Ich glaube, er will, dass Norris von der öffentlichen Meinung gerichtet wird, dass ihm auf den Titelseiten der Zeitungen der Prozess gemacht wird. Da ist er nämlich schon für schuldig befunden worden. Jetzt braucht es nur noch einen Kopfgeldjäger, der das Amt des Henkers übernimmt. Sie wissen doch, dass auf seinen Kopf eine Belohnung ausgesetzt ist?«
    Sie schluckte ihre Tränen hinunter. »Ja.«
    »Damit wäre ein sauberer Schlussstrich unter die Affäre gezogen – wenn erst der West End Reaper aufgespürt und zur Strecke gebracht ist.«
    »Warum sollte Dr. Grenville das tun? Warum sollte er sich gegen Norris wenden?«
    »Es ist jetzt keine Zeit für Erklärungen. Sagen Sie mir einfach nur, wo Norris ist, damit ich ihn warnen kann.«
    Sie starrte ihn an und wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hatte bisher nie an Wendell Holmes gezweifelt, aber nun schien es ihr, als müsse sie an allen zweifeln, selbst an den Menschen, denen sie am meisten vertraut hatte.
    »Bei Einbruch der Dunkelheit«, sagte sie, »bricht er von Medford auf und reist nach Norden, auf der Straße nach Winchester.«
    »Sein Ziel?«

    »Die Stadt Hudson. Die Mühle am Fluss. Da ist ein geschnitzter Pelikan am Tor.«
    Er nickte. »Mit etwas Glück werde ich ihn eingeholt haben, lange bevor er Hudson erreicht.« Er wandte sich zum Gehen, hielt dann aber inne und blickte sich zu Rose um. »Kein Wort zu Grenville«, warnte er sie. »Vor allem verraten Sie keinem Menschen , wo das Kind ist. Es muss versteckt bleiben.«
    Sie sah ihm nach, als er zur Straße lief, und einen Augenblick darauf hörte sie Hufgetrappel, das sich rasch entfernte. Die Sonne stand schon tief am Himmel, und noch in dieser Stunde würde Norris aufbrechen und den Weg nach Winchester einschlagen.
    Beeil dich, Wendell. Du musst als Erster bei ihm sein.
    Ein Windstoß wehte um die Hausecke und wirbelte totes Laub und trockene Erde auf. Sie musste die Augen zusammenkneifen, um sich vor dem Staub zu schützen, und sah gerade noch, wie sich etwas auf dem Gehsteig bewegte. Der Wind legte sich, und sie starrte den Hund an, der durch das offene Tor von der Beacon Street hereinspaziert war. Er schnüffelte an den Büschen und scharrte in der Asche herum, die auf dem glatten Gehweg ausgestreut war. Dann hob er ein Bein, pinkelte an einen Baum und trottete zum Tor zurück. Während sie ihm nachsah, wurde ihr plötzlich klar, dass sie diesen Moment schon einmal erlebt hatte. Oder jedenfalls einen sehr ähnlichen.
    Aber es war in der Nacht gewesen.
    Mit diesem Bild stieg ein nagendes Gefühl der Traurigkeit in ihr auf, die Erinnerung an einen so furchtbaren Kummer, dass sie den Gedanken von sich stoßen, die Bilder in das dunkle Verlies der vergessenen Schmerzen zurückdrängen wollte. Aber das tat sie nicht, stattdessen zog sie hartnäckig weiter an jenem dünnen Faden der Erinnerung, bis er sie zu jenem Augenblick zurückführte, da sie an einem Fenster gestanden, ihre neugeborene Nichte im Arm gehalten und in die Nacht hinausgestarrt hatte. Sie erinnerte sich an einen
Einspänner, der in den Hof des Krankenhauses eingebogen war. Sie erinnerte sich daran, wie Agnes Poole aus dem Schatten herausgetreten war, um mit der Person in der Kutsche zu sprechen.
    Und sie erinnerte sich noch an ein weiteres Detail: das unruhige Pferd, das nervös mit den Hufen getrappelt hatte, als ein Hund vorbeigetrottet war. Ein großer Hund, dessen Silhouette sich gegen die glänzenden Pflastersteine abzeichnete.
    Das war Billys

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