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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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dann sind Sie genauso dabei wie ich.«
    Trotz der hämmernden Schmerzen in ihrem Kopf hörte Rose die gedämpften Stimmen der beiden, doch sie konnte sie nicht sehen, und auch sonst sah sie nichts. Wenn sie die Augen aufschlug, umfing sie nur Dunkelheit, finster wie das Grab. Irgendetwas lag auf ihr, so schwer, dass sie sich nicht rühren konnte und kaum Luft bekam. Die beiden setzten ihren Wortwechsel fort, und sie waren so nahe, dass sie jedes Wort ihres erregten Geflüsters verstehen konnte.
    »Was ist, wenn ich auf der Straße angehalten werde?«, sagte der Mann. »Was ist, wenn jemand mich mit dieser Kutsche erwischt? Es gibt keinen Grund, warum ich damit fahren sollte. Aber wenn Sie dabei sind...«
    »Ich habe Ihnen genug bezahlt, um auch dieses Problem aus der Welt zu schaffen.«
    »Nicht genug, dass ich dafür den Galgen riskieren würde.«

    Der Mann hielt inne, als Billys Hund plötzlich zu knurren begann. »Verdammter Köter«, schimpfte er. Der Hund jaulte vor Schmerz auf und verlegte sich dann auf ein leises Winseln, das allmählich erstarb.
    Rose rang nach Luft und atmete den Geruch von schmutziger Wolle und ungewaschener Haut ein – erschreckend vertraute Gerüche. Sie schaffte es, einen Arm zu befreien, und betastete das Ding, das auf ihr lastete. Sie fühlte Knöpfe und Wollstoff. Ihre Hand wanderte weiter über einen zerschlissenen Kragen, und dann berührte sie plötzlich Haut. Sie ertastete einen schlaffen, leblosen Unterkiefer, ein Kinn mit den ersten kläglichen Stoppeln eines Milchbarts. Und dann etwas Glitschiges, das an ihren Fingern klebte und einen intensiven Rostgeruch ausströmte.
    Billys Blut.
    Sie kniff ihn in die Wange, doch er regte sich nicht. Da erst fiel ihr auf, dass er nicht atmete.
    »... kommen Sie entweder mit mir, oder ich mach’s nicht. Ich riskier dafür nicht meinen Hals.«
    »Sie vergessen, was ich über Sie weiß, Mr. Burke.«
    »Dann sind wir ja quitt, würde ich sagen. Nach heute Nacht.«
    »Wie können Sie es wagen!« Die Frau hatte die Stimme erhoben, und plötzlich erkannte Rose sie. Eliza Lackaway.
    Es trat eine lange Pause ein. Dann lachte Burke verächtlich. »Na los doch, erschießen Sie mich ruhig. Ich glaube nicht, dass Sie das wagen. Dann müssen Sie sich nämlich drei Leichen vom Hals schaffen.« Er schnaubte, und sie hörte, wie seine Schritte sich entfernten.
    »Also gut«, sagte Eliza. »Ich komme mit Ihnen.«
    Burke grunzte. »Dann steigen Sie hinten zu den beiden ein. Wenn uns jemand anhält, überlass ich es Ihnen, uns rauszureden.«
    Rose hörte, wie der Kutschenschlag geöffnet wurde, und spürte, wie die Karosserie sich unter dem zusätzlichen Gewicht senkte. Eliza schlug die Tür zu. »Fahren Sie los, Mr. Burke.«

    Aber die Kutsche bewegte sich nicht vom Fleck. Burke sagte leise: »Wir haben ein Problem, Mrs. Lackaway. Einen Zeugen.«
    »Was?« Eliza schnappte plötzlich erschrocken nach Luft. »Charles«, flüsterte sie und kletterte hastig aus der Kutsche. »Du solltest doch im Bett bleiben! Geh sofort zurück ins Haus.«
    »Warum tust du das, Mutter?«, fragte Charles.
    »Am Hafen ist ein Feuer ausgebrochen, Liebling. Wir bringen die Kutsche hin, falls sie zum Transport von Verletzten gebraucht wird.«
    »Das ist nicht wahr. Ich habe dich von meinem Fenster aus gesehen, Mutter. Ich habe gesehen, was ihr in die Kutsche geschafft habt.«
    »Charles, du verstehst das nicht.«
    »Wer sind die zwei?«
    »Sie sind nicht wichtig.«
    »Und warum hast du sie dann umgebracht?«
    Es war lange still.
    Burke sagte: »Er ist ein Zeuge.«
    »Er ist mein Sohn !« Eliza atmete tief durch, und als sie weitersprach, klang sie ruhiger und beherrschter. »Charles, ich tue das für dich. Für deine Zukunft.«
    »Was hat der Mord an zwei Menschen mit meiner Zukunft zu tun?«
    »Ich werde nicht zulassen, dass noch einer seiner Bastarde uns in die Quere kommt! Vor zehn Jahren habe ich schon einmal in Ordnung bringen müssen, was mein Bruder angerichtet hatte, und jetzt werde ich es wieder tun.«
    »Wovon redest du?«
    »Es ist dein Erbe, das ich schütze, Charles. Mein Vater hat es mir vermacht, und es steht dir zu. Ich lasse nicht zu, dass auch nur ein Penny davon an das Balg eines Stubenmädchens geht!«
    Wieder trat eine lange Pause ein. Dann stieß Charles betroffen hervor: »Das Kind ist von Onkel Aldous ?«
    »Schockiert dich das?« Sie lachte. »Mein Bruder ist alles
andere als ein Heiliger, und doch hat er immer die ganze Anerkennung eingeheimst. Ich war

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