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Leichenroulette - Roman

Leichenroulette - Roman

Titel: Leichenroulette - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Kreuz freigab. Er war auf der Suche nach einer molligen, kartenspielenden Frau mit etwas Kapital für die langen Wintermonate in Florida, wohin er regelmäßig der kalten Jahreszeit in Österreich zu entfliehen pflegte. Ein vergammelter Aussteiger mit schulterlangem Haar und »Flinserln« im Ohr, der sich mit einer vermögenden Partnerin auf eine griechische Insel zurückziehen wollte. Ferner ein grauhaariger Methusalem, der schon mit einem Bein im Grab stand und dem sein ausschweifendes Leben die tiefen Falten eines alten Bernhardiners in sein hässliches Gesicht geprägt hatte. Es war zum Verzweifeln.
    Nachdem sich beim besten Willen kein passabler Mann finden ließ, resignierte ich schließlich. Nach einer Bekanntschaft von mehr als einem Jahr entschloss ich mich, mein Schicksal mit dem des Dr. Leopold E. zu verbinden, der unterdessen in seiner Freizeit – ohne von meinen Kontakten auch nur das Geringste zu ahnen – voll Schaffensfreude an seinem Bestseller über das Mittelalter geschrieben hatte. Der Arbeitstitel des Werks klang vielversprechend: »Wilde Ereignisse in dunkler Zeit«. Nach reiflicher Überlegung und genauen finanziellen Berechnungen bat ich meine Ver mieterin, mir doch an einem Freitagabend ihren Herd zu überlassen, lud den Erfolgsautor in spe für den darauffolgenden Tag zur Nachmittagsjause und entfaltete meine verführerischen Backkünste. Eigenhändig fabrizierte ich, wie ich es bei meiner Mutter gelernt hatte, köstliche zierliche Punschkrapferln, eine Mehlspeise, die nicht ganz einfach herzustellen ist. Zuerst bereitete ich aus vier Eiern, 160 Gramm griffigem Mehl und zwei Esslöffeln lauwarmem Wasser einen zarten Biskuitteig. Ich trennte das Eiweiß von den Dottern, die ich mit Zucker und Wasser schaumig schlug. Ich schlug auch das Eiweiß steif und hob es vorsichtig unter die Masse. Dann strich ich den Teig auf das eingefettete Kuchenblech, schob es in den vorgewärmten Herd und backte es 15 Minuten. Inzwischen richtete ich die Fülle her. Dazu benötigte ich vier Esslöffel duftenden Inländer-Rum, sechs Löffel Orangenmarmelade und 200 Gramm fein geriebene Kochschokolade.
    Nach dem Auskühlen zerschnitt ich den fertigen Biskuitteig in zwei Hälften – wobei ich mich selbst mit Kostproben belohnte. Eine davon bestrich ich mit der locker-flaumigen Fülle, bevor ich sie auf die andere stülpte. Auch die Punschglasur stellte ich aus 160 Gramm Staubzucker, drei Esslöffel Rotwein und drei Esslöffeln Rum selbst her. Es ist der richtig dosierte Rotwein, der die schöne rosa Farbe macht. Bewusst verwendete ich auch bei der Glasur Rum und nicht wie manche Köchinnen Zitronensaft. Sollte doch die ganze Prozedur einem ganz bestimmten Zweck dienen! Sorgfältig teilte ich das Biskuit in Würfel und tauchte sie in die Glasur. Ich verzierte die verführerischen Süßigkeiten mit je einer halben Cognac-Kirsche und stellte sie kalt.
    Ganz wie erwartet, machte mir Poldi nach dem Genuss des fünften, stark mit Alkohol getränkten Punsch krapfens einen Heiratsantrag, den ich huldvoll annahm.

Kapitel 5
    5
    Ich wusste es sehr zu schätzen, dass uns der angenehm zurückhaltende, freundliche Vater meines Bräutigams mit viel Mühe eine große ländliche Hochzeit ausrichtete. Die alte, kühle Dorfkirche war zum Bersten voll, als der Pfarrer die ergreifenden Fragen stellten: »Und du, Leopold, willst du … Und du, Hermine, willst du …« Wir wollten. Ich trug ein langes, eng geschnürtes weißes Kleid mit Jäckchen und Poldi einen knapp sitzenden schwarzen Anzug. Die Fotos der Zeremonie zeigen uns als ein ganz hübsches Paar. Der anschließend im »Goldenen Lamm« servierte Festschmaus bestand aus Schweinsbraten und Knödeln sowie wuchtigen Schnitten einer weißen, mehrstöckigen Biskuittorte, die ich, wie ich es bei Prominentenhochzeiten im Fernsehen gesehen hatte, mit einem riesigen Messer vor den Gästen anschnitt, wobei mir Poldi die Hand führte. Fernsehen und Presse fehlten bei uns, doch wir blinzelten für Erinnerungsfotos freundlich lächelnd in die Kamera.
    Meine angeheirateten bäuerlichen Verwandten kamen aus Dörfern der nahen und weiteren Umgebung. Von meiner Seite hielt sich die Zahl der Besucher in Grenzen. Es berührte mich, als mir verhutzelte, knorri ge Bauern in sorgfältig gebürsteten antiquierten schwar zen Sonntagsanzügen wortlos und leicht verlegen mit Banknoten gefüllte Umschläge überreichten. Alte Weiblein in dunklen Gewändern, denen ein starker Geruch von Mottenkugeln

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