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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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gelaufen ist, hol ich das nach, okay.« Dominik kommt angesprungen. Die Haare fühlen sich weich an, die Hände sind warm.
    »Aber versprochen, du besuchst uns.« Ja, ganz bestimmt.
    »Mach mit dem Hemd aber keinen Quatsch, sonst komm ich in Deubels Küche. Vielleicht zur Aufbesserung des Taschengeldes ’n paar Verwarngelder nehmen, oder so.« Er lässt los, springt wieder aufs Sofa, Indianergeheul.
    »Also, mach’s gut, Herr Oberkommissar.« Er kommt, fasst um die Hüfte, fester Druck.
    »Bis demnächst.« Weiche Haare. »Tschüss, Schwesterchen.«
    Im Treppenhaus immer noch Bratensoßenduft. Den Inhalt des Maggipäckchens in einen Viertelliter kochendes Wasser einrühren, kurz aufkochen lassen, fertig. Mit einem Schuss Sahne verfeinern. So riecht das.
     
    Bei Sener ist es voll, fast nur Fußballer. Qualm, lautes Gebrabbel. Basler, Freistoß, Schiedsrichter, Sener winkt, grinst, die Enden des Schnurrbarts heben sich. Ruft über die Köpfe. »Was essen?«
    Hm, was essen. Eigentlich nicht, aber, »’n schnellen Döner auf die Hand, geht das? Hab’s eilig.«
    »Im Dienst?« Nicken.
    »Geht klar.« Er zapft zu Ende, wischt sich die Hände in der Schürze ab, geht in die Küche.
    Kommt wieder. »Sofort. Zwei Minuten.«
    An der Theke streiten zwei Türken über Fußball. »Kovac kannst du vergessen.« Einer humpelt in weißer Ballonseide zur Toilette. Auf der Stecktafel mit den Gerichten fehlt ein kleines u bei Lahmacun. »… da wär das ’n Nationalspieler. Der gehört da einfach rein, sag ich dir …«
    Die Schwingtür öffnet sich, Ayse, fragt Sener, der zeigt mit dem Kopf. Sie kommt, reicht den Döner in einer Papiertüte. Zwei Fußballer verdrehen sich den Hals.
    Längerer Blick, Lächeln. Vielleicht ein bisschen spöttisch?
    »Na, gut geschlafen?«
    »Bisschen kurz.« Sener blinzelt aus den Augenwinkeln.
    »Und du?«
    Sie kommt etwas näher. »Hab mich anscheinend etwas erkältet. Muss wohl irgendwie Zug gekriegt haben.« Wieder schelmischer Blick. Sie macht Scherze, so, so. Zug gekriegt.
    »Wir war’n doch gar nicht am Bahnhof.« Oh, nein, nein. Saublöder Spruch.
    Sie schüttelt den Kopf, lachende Augen, geht in die Küche.
    Idiot, Idiot. Bahnhof. Tolle Idee. Noch warten, bis sie wieder rauskommt? Seners Sinalco-Uhr zeigt Viertel vor zwei. Oh, Scheiße.
    Der Döner brennt durch die Serviette. Ganz schön heiß.
    14 Uhr 06
    Der Aufzug in der Achten, Scheiße. Dann eben die Treppe. Hopp hopp, hopp hopp, hopp … Ulla am Ende des Ganges vor dem ED-Raum, stützt sich mit ausgestrecktem Arm an der Wand ab, lässig, mütterliches Lächeln. »Mein lieber Mann, ganz schön knapp.«
    »Jaaaa, tut mir Leid, ging nicht eher. Hab mich schon beeilt.«
    Sie öffnet die Tür, geht vor. »Mal sehen, ob’s was genützt hat.«
    Die Wierwich steht an der Spiegelscheibe. Gespannte Ruhe, angestrengter Blick. Ein bisschen ängstlich. Komm Mädchen, mach uns glücklich. Sie presst die Lippen zusammen, die Augen wandern, tiefes Atmen. Unsicherer Blick, sie zuckt schüchtern mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht …«
    Ulla sieht rüber, unbewegliche Miene.
    »Sind Sie sich bei einem von denen unsicher, oder kommt überhaupt keiner infrage?«
    Sie prüft noch mal durch die Scheibe, einmal hin, einmal her. Zaghaftes Kopfschütteln.
    »Scheiße, das ist so schwierig«, sie Iässt die Schultern hängen. Ulla nimmt sie in den Arm.
    »Manchmal glaub ich, ich kann mich gar nicht mehr richtig erinnern. Ich weiß auch nur noch ganz dunkel, wie der aussah, wenn überhaupt.« Weinerliche Stimme, ein wenig verzweifelt.
    Enttäuschter Blick von Ulla.
    »Von denen könnte es keiner gewesen sein?«
    Sie wiegt den Kopf, setzt ein paarmal an. »… ich weiß es nicht. Ich …, ich komme mir richtig bescheuert vor, aber ich glaube, von denen war es keiner.«
    Toll! Wär ja auch mal was gewesen. Na ja, konfuse Erinnerung, ist normal nach etwa einer Woche. Wenn er dabei gewesen wäre, hätte sie ihn aber mit Sicherheit erkannt.
    »Ist absolut okay, Frau Wierwich. Machen Sie sich jetzt bloß keine Vorwürfe. Nach einer Woche ist dieser Vorgang total normal. Diese Erfahrung haben schon sehr viele Zeugen gemacht. Danke für Ihre Hilfe.«
    Sie lächelt mit Mühe.
    »Möchten Sie einen Kaffee?« Sie möchte.
    »Aber einen Durchgang müssen wir noch, ist Pflicht. Aber Sie kennen das ja schon.«
    Ulla verschwindet hinter der Spiegeltür.
    16 Uhr 12
    Spur 17
    Überprüfung der Gäste aus dem Squash-Center »Quick« am Tatabend. Auszug aus der Vernehmung

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