Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
Vom Netzwerk:
ich, die Titelmusik von Platoon.
    Charly Sheen steht mit dem anderen Soldaten in der Hütte. Der Vietnamese gegenüber, lacht verzweifelt. Sie schreien. Lass das Gegrinse. Schreien. Beide extrem gestresst. Hysterisches Gebrüll. Der Vietnamese soll tanzen. Sie schießen auf seine Füße. Soll tanzen. Geschrei. Der Vietnamese tanzt, grinst panisch, bebendes Kinn. Charly Sheen schlägt ihn nieder, geht raus. Der andere drischt dem Vietnamesen den Gewehrkolben ins Gesicht. Blut. Spritzer.
    »Ist der Soldat?« Heike fragt mit vollem Mund. Alle sehen hoch.
    Ulla zieht die Nasenwurzel kraus. »Wie? Der Zapp?« Kopfschütteln.
    »Nein«, Heike schiebt sich mit dem kleinen Finger eine buttrige Brotkrume vom Mundwinkel in den Mund, »dieser Typ im Onanistentreff.« Pause. Alle schauen sie an. »Na, im Pornoladen. Der da rausgeworfen wurde.«
    Ulla schiebt den Kopf nach vorn. »Soldat? Was meinst du?«
    »Hm, hm, hm«, Heike murmelt, blättert mit dem kleinen Finger, hält die Wurststulle mit dem Rest der Hand, »hm, hm, konnte die Person mit leichter körperlicher Gewalt nach draußen gedrängt werden. Dabei hat sie tätlich fast keinen Widerstand geleistet, lediglich verbal ist der Mann sehr ausfallend geworden. Den genauen Wortlaut kann ich nicht wiedergeben, es waren aber Schimpfworte wie – Arsch, blöde Sau – und so weiter. Er zeigte mir dann noch den gestreckten Mittelfinger und sagte so etwas wie ›hundertsechsunddreißig und du kannst mich lecken ‹ . Ich war letztendlich froh, dass er endlich weg war. Er ging dann in Richtung Bahnhof, an die Uhrzeit bla bla bla …« Heike hebt den Kopf, beißt ab. Ulla sieht Heike an, dann Heinz, dann Heike.
    »Ja«, Heike nickt heftig, »›hundertsechsunddreißig und du kannst mich mal‹ ist so’n Bundeswehrspruch. Mein Bruder ist letztes Frühjahr vom Bund entlassen worden, und das hatte der zum Schluss ständig drauf.« Ulla weiß immer noch nicht.
    »Das sind die Tage, Ulla. Die zählen immer ihre restlichen Tage.« Sie nickt, als ob sie nichts verstanden hätte.
    »Ja.« Heike, undeutlich. Mann, die soll endlich ihr Brot runterschlucken. »Die meisten haben sogar ’n Maßband, bei dem sie jeden Tag einen Zentimeter abschneiden. Und bei jeder Gelegenheit eben … noch vierundsechzig, dann ist alles vorbei … oder so.«
    Könnte sein. Könnte wirklich sein. Käme auch vom Alter her hin, und, warte mal.
    »Gib mal her.« Heinz reicht widerwillig die Akte, nörgelt. »Die Vernehmung der Wierwich ist ziemlich am Anfang. Fernschreiben, Vermerk, Vermerk, Bericht, Fernschreiben, da ist sie. Ganz am Schluss, meine ich. Hier:
    »… mir ist lediglich noch eingefallen, dass der Täter so eine komische Kette mit einem sehr großen, silbernen Anhänger um den Hals hatte …«‹
    Blick in die Runde, alle sehen hoch, Zweifel.
    »Du meinst, das war ’ne Marke?« Heinz. Hat gedient.
    »Ja, klar!«
    Er nickt kaum merklich, lehnt sich zurück, dreht die Augen zur Seite, überlegt.
    Das würde die Zahl der möglichen Täter zumindest weiter eingrenzen. Wäre wenigstens ’ne Chance.
    »Wir sind doch heute Abend mit ’ner Meldung im Lokalfenster im WDR, ne? Wenn wir das mit dem Hinweis in die ›Aktuelle Stunde‹ hieven könnten, dann wären wir schon mal landesweit.«
    »Das wär schon mal was«, Heinz, steht auf, steckt sich sein T-Shirt in die Hose, »obwohl, der kann auch irgendwo in Ostfriesland stationiert sein – wenn’s denn einer vom Bund ist.«
    »Ja, ist richtig. Aber Kleinvieh … ein bisschen Schwein braucht man manchmal auch.« Ulla hat doch den besten Draht zu den Fernsehfritzen. Die kennt da doch diesen Spezie. »Rufst du beim WDR an? Bei deinem Pohlmeier, oder so? Komm, sei nett.«
    Sie atmet tief durch, fällt dann zusammen, Leidensmiene. »Muss ich mich wieder verkaufen? Im dienstlichen Interesse prostituieren?« Sie nimmt den Hörer ab, wählt. Heinz kann die Akte wiederhaben. Er winkt ab.

19 Uhr 35
    Anne poltert herein, wuchtet zwei Hände voller weißer Plastiktüten auf den Schreibtisch. Verhaltenes Gejohle in der Runde.
    »Sechsmal Schlemmerplatte rot-weiß. Komme mir vor wie ’n Currywurst-Taxi.« Sie prustet erschöpft. Alle fallen darüber her. Packpapier weiß in rosa, Holzgabeln, übergelaufene Soße, verschmierte Pappschachteln, braunes Gewürz auf gelben Pommes frites. Brokamp kommt, klaut sich ein Pommes frites von Altenkamp. Noch eins. Altenkamp protestiert knurrend.
    »Na, wie war’s?«
    Brokamp wiegt den Kopf. »Ziemlich zum Schluss, ca. eine

Weitere Kostenlose Bücher