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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Mittwoch.«
    »Und Sie vermuten, dass irgendetwas vorgefallen ist, was dazu geführt hat?«
    »Ja, das befürchte ich.«
    Sascha, einundzwanzig. Vom Alter her kommt das hin. Mutter ist außerdem blond. Abwarten.
    »Was ist passiert, Frau Meise?«
    Kurze Pause, tiefes Luftholen.
    »Tja, also, ich bin am Dienstag um zehn, kurz nach zehn ins Bett gegangen, weil, ich muss mittwochs immer schon um halb sechs anfangen. Ich bin auch sofort eingeschlafen. Um 3 Uhr 48 ging dann das Telefon. Ich weiß das noch so genau, weil ich mir die roten Digitalzahlen auf dem Wecker immer gut merken kann. Ich wollte schon fast aufstehen, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, wer mich um diese Zeit anruft, da hörte ich, wie Sascha schon aufgestanden war und abnahm …«
    »… wie? Sascha war zu Hause? Den ganzen Abend?« Seitenblick von Glowatzki, offener Mund, Querfalte auf der Stirn.
    »Ja. In der Nacht war er noch da. Ich bin dann erst liegen geblieben, weil Sascha nur ganz kurz sprach, als ich dann aber etwas poltern hörte, bin ich aufgestanden. Da stand Sascha in der Tür und wollte gehen. In der einen Hand hatte er eine Tüte, in der er seine neuen Turnschuhe hatte …«
    »… das konnten Sie sehen?«
    »Ja, das konnte ich noch sehen. Ich habe ihn dann gefragt, wo er denn um diese Zeit hinwollte und was das mit den Schuhen sollte, aber er hat nur irgendwas gemeckert und ist gegangen. Ich bin dann wieder ins Bett und habe noch mal bis fünf Uhr geschlafen.«
    »Da war Sascha wieder da?«
    »Nein, da war er noch nicht wieder da, ich habe extra nachgesehen. Als ich aber um zehn von der ersten Putzstelle zurückkam, war er in seinem Zimmer. Weil ich seine Schuhe nicht finden konnte, habe ich ihn danach gefragt. Die Dinger haben nämlich hundertzwanzig Euro gekostet, und er hat ja nichts. Das Geld musste ich mir mühsam zusammenwienern. Er hat dann gleich rumgeschrien, und ich habe zurückgeschrien. Ach …« Sie lässt den Kopf hängen, die Haaransätze am Scheitel sind fettig zusammengeklebt, der Rest struppig trocken.
    Glowatzki steht auf, ändert seine Sitzposition.
    »Sie streiten sich oft in letzter Zeit, hm?«
    »Ja. Ja. Wir streiten eigentlich nur«, sie setzt sich wieder ganz aufrecht, »und am Mittwoch ist er dann auch irgendwann aufgestanden und gegangen, und bis jetzt ist er auch nicht wieder nach Hause gekommen.«
    Glowatzkis Blick aus zusammengekniffenen Augen. Er verzieht den Mund zu einem waagerechten, dünnen Schlitz.
    »Wem könnte er die Schuhe gebracht haben, Frau Meise?
    Das vermuten Sie doch, dass er die Schuhe jemandem gebracht hat, oder?«
    »Ja, das nehme ich an, aber ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, wer angerufen hat, ich weiß nicht, wo er jetzt ist, und seine Freunde kenne ich, wenn überhaupt, dann nur mit Vornamen.«
    Stille. Die »Rhenania-Alt-Uhr« über dem Rollschrank tickt laut. Die Zeiger laufen linksherum. Ist ja fast wie ein Hammerwerk.
    »Gibt es Freunde, mit denen er mehr zusammen macht als mit anderen?«
    Kurzes Überlegen, zwei tiefe Atemzüge, der Blick wandert im Raum umher.
    »Ja. Da sind vielleicht fünf oder sechs Leute, die häufiger mal da sind, aber ich kenne von denen höchstens die Vornamen. Oder die Spitznamen, und das nicht mal von allen.« Sie presst die Lippen aufeinander. »Eigenartigerweise ist keiner von denen aus der Siedlung, so viel ich weiß. Komisch, fällt mir jetzt erst auf.«
    »Gibt es möglicherweise jemanden darunter, der Soldat ist oder bis vor kurzem war?«
    Ihre Augen wandern von links oben nach rechts oben, sie beginnt zu nicken.
    »Ja, ich glaube schon«, sie erwidert den Blick, »einer ist dabei, der ist Soldat. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, der heißt Marc oder Marco. An den kann ich mich erinnern, weil Sascha mir erzählt hat, den würde er aus Karlsruhe kennen. Wir haben nämlich bis vor drei Jahren in Karlsruhe gewohnt.«
    »Woher wissen Sie, dass der Soldat ist?«
    »Ich meine, den hätte ich mal in so einem grünen Anzug mit so dicken Stiefeln gesehen, das ist aber schon mindestens einige Monate her. Wenn ich mich nicht täusche, ist der sogar in einer Kaserne hier ganz in der Nähe. Ach, wie heißt die doch gleich? Die ist hier im Wald, zwei Orte weiter!«
    Messner fragen. Nebenan sitzen Ulla, Heike und Anne um den Schreibtisch, rauchen und lesen. Messner räumt die Tassen zusammen.
    »Na, was Wesentliches?« Ulla sieht kurz von den Akten hoch.
    »Vielleicht der entscheidende Tipp.« Sie reißt die Augen groß auf.
    »Walter! Die

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