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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Frau spricht von einer Kaserne hier zwei Orte weiter. Kann das stimmen? Gibt es da so was, und wie heißt die?« Er schiebt auf dem Schreibmaschinentisch Krümel zusammen.
    »Kasernen gibt’s hier viele. Die nächste ist aber nicht zwei, sondern drei Orte weiter. Das ist die Münsterlandkaserne, ein relativ großes Ding.«
    »Danke.«
    »… das mit den Gummistiefeln gelesen habe, ist mir das mit den Turnschuhen gleich wieder eingefallen. Er hat mir nämlich wochenlang in den Ohren gelegen, bis ich sie ihm gekauft habe, und dann sind die so einfach weg, und er konnte und wollte mir nicht sagen, was damit passiert ist.« Beide lassen sich nicht stören. Glowatzki hat sie gut im Griff. Kurz nachfragen.
    »Frau Meise, kann es sein, dass der Freund Ihres Sohnes in der Münsterlandkaserne Dienst macht?«
    »Ja, Münsterlandkaserne, richtig«, aufgehellte Miene, »so heißt die. Im Wald hier, ein paar Kilometer weiter.«
    »Übrigens, das Phantombild passt auch ganz gut«, Glowatzki dazwischen.
    Gut. Die drei im Nebenraum sitzen noch auf ihren Plätzen, Messner räumt immer noch auf.
    »Anne, Heike. Klaus Glowatzki und ich fahren gleich zu einer Kaserne hier in der Nähe. Macht ihr bitte die erste Anhörung der Zeugin, die muss nämlich gleich zur Arbeit. Wichtig sind die genauen Personaldaten von ihrem Sohn und seinen Freunden, soweit sie die kennt, damit wir schon einiges überprüfen können …«
    »Was ist denn überhaupt los? Erfahre ich auch mal irgendwas?« Ulla, ärgerlich mit aufrechter Haltung.
    »Ullalein, du doch zuallererst. Also: Ihr Sohn ist in der Nacht zu Mittwoch um 3 Uhr 48 angerufen worden und hat kurz darauf die Wohnung verlassen mit einem Paar Turnschuhen in der Hand. Einer seiner Kumpel macht Dienst in der Münsterlandkaserne, und dieser Kumpel passt vom Typ her zu unserem Phantombild.«
    Ulla zieht die Mundwinkel nach unten, schiebt die Unterlippe vor. »Donnerwetter.«
    »Wichtig sind die Daten, ihr zwei, ja? Dass wir die Teams in diesem Fall aufbröseln und wir beide in die Kaserne fahren, dürft ihr nicht falsch verstehen. Das hat nichts mit eurem Ausbildungsstand zu tun, sondern einfach mit der Tatsache, dass wir bei der Bundeswehr ermitteln. Ich habe da so meine Erfahrungen. Das ist meistens so’n reiner Männerclub, okay. Wenn es fix gehen soll, und das soll es jetzt, dann kommen da zwei ältere Herren echt leichter zum Zuge.«
    Die beiden sehen sich an, meckern.
    »Wo ist ihr Sohn?« Ulla steht auf, nimmt sich noch einen Kaffee, setzt sich auf die Schreibtischkante.
    »Der ist seit Mittwoch weg, sagt sie.«
    »Glaubhaft?«
    »Schon.«
    Glowatzki kommt, nimmt sich den Kadettschlüssel. Die Mädchen stehen auf, gehen in den Nebenraum.
    »Wir fahren. Ich ruf dich gleich von unterwegs an. Ach, ja. Sag bitte dem Staatsanwalt Bescheid, was hier gerade läuft.«
    Ulla bläst den Qualm nach oben, grüßt.
    8 Uhr 35
    Er nickt, überlegt, spielt mit seinem Kugelschreiber. Die graublonden Haare sind an der Seite und im Nacken anrasiert, vorne formt ein Wirbel das Wenige zu einer schütteren Tolle. An der Wand neben dem Schreibtisch ein Hirschgeweih als Garderobe. Sechzehnender, der Bügel mit der Uniformjacke auf dem obersten Zacken. Zwei silberne Pickel mit Laub drum herum, was ist das noch mal?
    »Sie möchten also, dass ich Ihnen alle Marcs ausliefere, die demnächst entlassen werden?«
    »Ausliefern wäre gar nicht nötig. Wir sind schon zufrieden, wenn wir sie genannt bekämen, wenn möglich mit Bild.«
    Er steht auf, geht zum Fenster, legt die Hände hinter dem Rücken ineinander.
    »Ich meine, sehen Sie mir meine Zweifel nach, aber an diesem Tag werden in Deutschland etwa fünfzehntausend junge Männer als Reservisten entlassen. Weiß der Teufel, wie viele Marcs dabei sind. Warum sollte der ausgerechnet in unserer Kaserne seinen Dienst ableisten?« Er sieht weiter aus dem Fenster, Beine leicht gespreizt.
    »Sicher können wir sein, Herr Schneider, wenn wir seine DNA verglichen haben. Bis dahin ist alles Hypothese. Aber zurzeit laufen unsere Hinweise eben hier zusammen, die Details hatte ich Ihnen ja schon erzählt.«
    Stille. Er steht wie eine Statue. Das Fenster steht auf kipp, draußen werden entfernt Kommandos gebrüllt.
    »Dann wollen wir der Kripo mal ganz unbürokratisch zur Seite stehen, am besten, bevor der Datenschützer Wind davon bekommt. Mit diesen Rechtsverdrehern hatten wir schon häufiger Stress.«
    Er geht zum Telefon, wählt kurz.
    »Dräger! Ich habe einen Auftrag für Sie.

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