Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
Vom Netzwerk:
überhäufte uns förmlich mit selbst gemachten Keksen, ihren eingemachten Heidelbeeren und dem stärksten Kaffee, den ich je getrunken hatte. Dann führte Mr Arnold mich voller Stolz zu seinen Macintosh-Rechnern. Er hatte eine leistungsfähige Anlage und deutete auf einen Epson, auf dem ich ausdrucken konnte, was immer ich wollte.
    Er war so freundlich, mich bei meinem Tun allein zu lassen, vielleicht, weil er in meinen Augen gelesen hatte, dass ich allein sein musste. Ich holte die zwei Compact-Flash-Cards, die ich mitgebracht hatte, heraus und ging ans Werk.
    Sie alle zu sichten dauerte eine Weile, auch mit dem zugehörigen Fotoprogramm, da die Bilder groß waren. Und ich machte Fehler bei dem, was mir eigentlich in Fleisch und Blut übergegangen war.
    Die Fotos waren halbwegs okay, aber nicht toll, und zum Schluss musste ich die meisten in Photoshop überarbeiten, sodass man die Einzelheiten leichter erkennen konnte. Das nahm weitere Zeit in Anspruch, und aus irgendeinem Grund fingen meine Hände so stark zu zittern an, dass ich für einen Moment aufhörte zu arbeiten und tief durchatmete.
    Der Angriff wurde mir erst jetzt voll bewusst.
    Ich machte eine Pause, reckte mich und sah aus dem Fenster auf die Bucht unter mir. An diesem klaren Tag bot sie einen herrlichen Anblick – das dunkelblaue Wasser war mit weißen Schaumkronen getupft, und das Meer erstreckte sich über endlose Meilen.
    Zuerst hatte ich mich in Winsworth so fremd gefühlt. Das Land, die Ruhe, die starken sozialen Bindungen. Von alldem hatte ich immer geträumt, doch in der Realität war das eine beängstigende Vorstellung.
    Jetzt fühlte ich mich als Teil dieser Stadt und mochte sie mehr und mehr. Das Leichte und Natürliche eines guten Lebens berührten mich.
    Ich saß zwischen den Stühlen, genau wie in meiner Kindheit, als mein Dad mich von Winsworth nach Boston und weiter nach Lexington gebracht hatte.
    Aber dieses Meer war doch das gleiche wie in Boston. Ich liebte seine endlose Weite.
    »Alles klar bei dir da drinnen, Tal?«, rief Hank.
    Ich setzte mich zurück an den Computer. »Alles klar. Bin gleich fertig.«
    Ich hielt meinen Stapel Ausdrucke in der Hand. »Können wir die irgendwo auslegen, Mr Arnold?«
    Er führte uns in ein Esszimmer mit Eichenmöbeln. »Seien Sie mein Gast.«
    Mr Arnold zog sich zurück, und ich verteilte die Fotos auf der Spitzendecke des Esstischs.
    »Mal sehen, was wir da haben«, sagte Hank.
    »Ich habe sie in der Reihenfolge hingelegt, wie ich sie auch aufgenommen habe.«
    Hank nahm eines in die Hand. »Das kommt alles ziemlich gut raus.«
    »Ja.« Ich überflog die erste Reihe, die Fotos von den Rechnungen, Artikeln, Notizen und Unterlagen, die ich in Lauras Büro gefunden hatte. »Fällt dir was auf?«
    »Nein«, sagte er. »Das ist nur das Übliche.«
    »Die nächsten sind von den Sachen aus der Tamponschachtel.«
    Hank stieß einen Pfiff aus. »Da ist ja unser Grinsegesicht.« – »Auf dem Stein.«
    »Genau. Drew und ich haben es vor ungefähr zehn Jahren gemalt.«
    »Dieser Stein war der Hinweis, dass die Sickergrube für das Bauprojekt eigentlich auf Drews Besitz sein sollte.«
    »Noah hat echt Nerven«, sagte er.
    »Glaubst du, dass Lauras Erpressung der Grund ist, warum Drew den Originalvertrag unterzeichnet hat? Wenn sie etwas gegen ihn in der Hand hatte, wie kommt es dann, dass er kurz vor knapp noch abgesprungen ist?«
    »Ich werde ihn einfach fragen, Tal. So schwer ist das nicht.«
    Ein Windstoß bewegte die Gardinen.
    »Nein? Was, wenn Steve recht hat, indem er Drew beschuldigt?«, sagte ich. »Vielleicht wollte Drew Laura tot sehen wegen etwas, das sie gesehen oder mitbekommen hatte. Wie kannst du dir so sicher sein, dass Drew in der Nacht, bevor Gary starb, nicht da war, als Gary nach ihm suchte?«
    Hank ignorierte meine Frage und sah weiter die Fotos durch. Er tippte auf den Ausdruck mit den Mondsteinen.
    »Die sind schön, nicht?«, sagte ich.
    »Ja. Die wurden in der Stadt bei einem Juwelier gekauft, einem gewissen Hobbs.«
    Er vergrub die Hände in den Taschen. »Sie wollte sie unbedingt haben. Ich, na ja, die sind in achtzehnkarätiges Gold gefasst. So viel Geld hatte ich zu der Zeit nicht. Ich frage mich, wer sie ihr gekauft hat.«
    Ich legte eine Hand auf Hanks Arm. »Vielleicht hat sie den Schmuck einfach selber gekauft.«
    »Jemand wie Laura nicht. Sie hatte so ihre Methoden, von anderen zu bekommen, was sie wollte.«
    »Gary könnte …«
    »Machst du Witze? Stimmt, der Kerl hatte

Weitere Kostenlose Bücher