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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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gleichen.«
    Annie lachte. »Ach, jetzt verstehe ich, was du meinst. Das bin doch gar nicht ich auf dem Bild. Das ist Joy.«
    »Joy Sacco?«
    »Ja. Joy hat die Gürtel ja sogar gemacht. Es war eines ihrer ersten Kunstwerke.«
    Die Welt veränderte sich. Wenn Joy das andere Mädchen auf dem Gemälde war, dann trug jetzt auch Joy einen aufgemalten Fötus in ihrem Bauch. Und dann war Joy womöglich das nächste Opfer des Mörders.
    »Tally?«, sagte Annie.
    »Oh, äh, tut mir leid. Aber danke. Ich muss los. Wir reden später weiter. Bleib heute bei Carmen, ja?«
    »Das hatte ich vor.«
    »Super.«
    Kaum hatte ich aufgelegt, rief ich auch schon bei Joy an.
    Will nahm ab und sagte, Joy dürfe nicht gestört werden.
    »Ich komme raus zu Ihnen, Will«, sagte ich.
    »Das hat Joy schon gesagt. Dass Sie heute noch hierhergeflitzt kämen.«
    »Ich rechne damit, sie zu sehen, wenn ich komme.«
    Er gluckste. »Aber sicher doch. Sie freut sich auch schon darauf, Sie zu sehen. Tatsache ist, dass auch Joy vorhatte, bei Ihnen anzurufen, um Sie für heute einzuladen.«
    Vielleicht hatte ich die ganze Sache mit dem Gemälde falsch interpretiert. Und auch die Sache mit Will und dem Feuer. Nein. »Wir müssen uns über einiges unterhalten.«
    »Als ob ich das nicht wüsste«, sagte Mr Aufrichtig. »Um einige der Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, die es gegeben hat.«
    Missverständnisse? Oh nein. Wills Ausgelassenheit stand in krassem Gegensatz zu den grausamen Taten, die er in letzter Zeit begangen hatte. Das ergab keinen Sinn, und es wollte mir so gar nicht gefallen.
    Als wir aufgelegt hatten, raste ich mit Überschallgeschwindigkeit zu den Saccos.
    Ich parkte nicht wie zuvor in ihrem Hof, sondern unterhalb der Scheune, wo mein Truck nicht zu sehen war. Ich wollte das Überraschungsmoment zu meinen Gunsten nutzen, falls das möglich war. Vermutlich reines Wunschdenken, aber egal.
    Ich ging die Straße hinauf. Konnte Will das Bild übermalt haben? Oder Steve? Soweit ich wusste, malte Noah. Und sogar Patsy.
    Ich hoffte verzweifelt, dass mit Joy alles in Ordnung war.
    Bei den Saccos sah alles unverändert aus. Die große Eiche, das Autowrack, Scooters Dreirad. Ein Schmetterling saß auf der Rundung eines der Reifen des alten Wagens, flatterte dann weiter und landete auf dem Dreirad.
    Ich ging über den Fußweg zur Haustür. Als ich näher kam, hörte ich hinter dem Haus jemanden pfeifen. Dasselbe Lied, dasselbe Pfeifen: »If I Had a Hammer«. Verdammt, was hatte ich dieses Lied früher geliebt.
    Der Tag war warm, aber mir war kalt, und ich rieb mir mit den Händen über die Arme. Ich war fest davon ausgegangen, bereit für eine Konfrontation mit Will Sacco zu sein. Jetzt war ich nicht mehr so zuversichtlich. Zur Absicherung hängte ich meine Tasche über die Schulter und schob die Hand hinein. Ich umklammerte das Pfefferspray. Ich hätte Penny mitnehmen sollen.
    Ich ging ums Haus herum. Will schnitt gerade einen Kirschbaum zurück. Er entdeckte mich und legte die Ast-schere beiseite. Breites Grinsen.
    »Hi.« Er zog seine Kappe ab und fuhr sich durchs Haar. »Sie sind aber eine ganz Flotte.«
    »Klar.« Ich wollte den Rasen überqueren.
    Er wackelte verneinend mit dem Finger. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Sehen Sie all die aufgewühlte Erde und das Gestrüpp? Bin heute Morgen rausgekommen, und da hatten wir ein Murmeltier im Garten, das alles aufgewühlt hat. Joy meint, dass man sich böse den Knöchel verstauchen kann, wenn man in eines der Löcher tritt, und da hat sie auch recht.«
    Er mochte noch so sehr lächeln, seine Nerven lagen blank. Ich trat zurück und wartete, während er über einen gewundenen Trampelpfad zu mir kam. Er nickte, und ich folgte ihm zurück ums Haus.
    Düstere Gedanken, was er da wohl in diesen »Murmeltierlöchern« verbuddelt haben mochte, gingen mir durch den Kopf.
    »Wo sind Joy und Scooter?«, fragte ich.
    »Im Haus«, sagte er und führte mich zu der Eiche.
    »Haben Sie das Bild übermalt, Will?«
    »Hä?«
    »Das Bild von Laura und Joy.«
    »Alles, was ich je an Malerarbeiten gemacht habe, war, dieses Haus zu streichen, das schwöre ich bei Gott.«
    »Aber Sie wissen, wovon ich rede?«
    »Nein«, sagte er. »Kann ich nicht behaupten.« Aber seinen Augen sah ich an, dass er log.
    »Ich gehe jetzt zu ihnen hinein.« Ich wollte zur Haustür.
    Er hielt eine Hand hoch. »Jetzt warten Sie mal. Scooter schläft. Und Joy vielleicht auch.«
    »Hatten Sie nicht gesagt, Joy erwarte mich?«
    »Habe ich. Habe

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