Leichenschrei
Fünfundvierziger und ich. Und wehe, du sagst Bob etwas davon.«
»Mit dir würde ich in jeden Kampf ziehen«, sagte ich. »Mensch, das hätte der Killer sein können. Der hat drei Menschen umgebracht. Und ich bezweifle, dass es ihm etwas ausmacht, seiner Liste noch einen vierten hinzuzufügen.«
»Nicht, wenn ich etwas zu sagen habe. Und außerdem bin ich heute Morgen hinübergegangen. Für mich sah alles perfekt aus.«
»Wer auch immer diese Morde begeht, ist ein sehr kranker Mensch. Ist dir das überhaupt klar?«
Sie vergrub die Hände in ihrer Latzhose. »Mit anderen Worten, egal ob Patsy, Steve oder wer auch immer, der Mörder ist auf jeden Fall ein Spinner.«
»Leider ja, was ihn besonders gefährlich macht. Hör zu, äh, du könntest mir einen Gefallen tun. Erzähl einfach ein bisschen rum, dass ich in Lauras Haus gewesen bin. Dass ich möglicherweise etwas gefunden habe.«
»Wer ist jetzt hier dumm! Auf keinen Fall, Senorita. «
»Aber was, wenn er noch jemanden auf dem Kicker hat, Carm? Jemand, der nicht den leisesten Verdacht hat. Ich bin wenigstens vorbereitet.«
»Vergiss es. Ich sage gar nichts.«
Ich seufzte. »Ich bleibe in Hanks Nähe, und ich habe Penny. Wir müssen ihn aus der Reserve locken, Carmen, sonst stirbt noch jemand.«
Ich fuhr erst zu Lauras Haus, nachdem Carmen mir versprochen hatte, über meinen Vorschlag nachzudenken. Was bedeutete, dass sie es nicht tun würde.
Carmen hatte recht. Es war eine dumme Idee.
Lauras Tür war noch immer unverschlossen, und ich könnte schwören, dass mir Geister folgten, als ich ihr Heim erneut durchschritt. Laura war eine Geheimniskrämerin gewesen. Ich war sicher, beim ersten Mal einige der Geheimnisse übersehen zu haben. »Etwas«, das der Killer letzte Nacht vielleicht hatte verschwinden lassen? Ich hätte früher hierher zurückkehren sollen.
Ich fuhr mit den Fingern über ihre Kunst, ihre Bücher. Ich bewunderte ihre Vorliebe für alles Spleenige. Wieder hängte ich das Far-Side-Cartoon gerade, das sich so beharrlich neigte. Ich hatte vergessen, dass Laura mehr war als eine Betrügerin und Erpresserin.
Ich öffnete und schloss die Küchenschränke und stöberte in den Koffern voll alter Kleider im Keller. Im Bad nahm ich ihre Bürste in die Hand und starrte auf die langen schwarzen Haare, die sich darin verfangen hatten.
Auch im Schlafzimmer sah alles unverändert aus. Ich zog ein Buch über Genetik aus dem Regal und fragte mich, ob Laura ihre Schwangerschaft beabsichtigt hatte oder von der Vorstellung schockiert war, ihr Kind könne vielleicht auch an Chorea Huntington erkranken.
Diese Fragen waren nicht zu beantworten.
Ich schlug das Buch zu und stellte es zurück.
Wenn Lauras Baby wirklich von Drew war … Was, wenn Annie das gewusst hatte? Konnte sie der Mörder sein?
Ein absurder Gedanke. Nein, Annie könnte so etwas nie tun. Das wusste ich in meinem tiefsten Innern.
Ich ging zu dem Gemälde von Annie und Laura, das auf der Staffelei stand. Es war sogar noch hübscher als in meiner Erinnerung, und viele Schichten Öl trugen zu seiner Leuchtkraft bei.
Mein Blick blieb an etwas hängen. Bildete ich mir das nur ein?
Die Mädchen saßen auf einem Sofa. Sie trugen Strohhüte und Folklorekleider. Lauras linker Arm war um Annies Schultern gelegt, und Annies rechter war um Lauras Taille geschlungen. Die andere Hand hatten die Mädchen in den Schoß gelegt. Aber wo waren die Gürtel, die mit den Jugendstilschnallen, die ich schon an Joy und vorhin an Annie gesehen hatte? Ich war mir sicher, dass sie auf dem Gemälde zu sehen gewesen waren. Jetzt war über den ruhenden Händen der Bauch beider Mädchen leicht geschwollen, und darin verbarg sich bei jeder ein halbmondförmiger … Fötus. Das konnte sein, obwohl sie viel kleiner und nicht so gut gemalt waren wie das Baby in Lauras Büro.
War das eines von Lauras irreführenden Bildern? Waren mir die Föten beim ersten Mal entgangen? Vielleicht lag es am Licht oder am Blickwinkel. Hatte ich mir die Gürtel nur eingebildet oder …? Nein. Das Bild war anders.
Ich drückte einen Finger gegen Lauras Bauch und ging dann ganz nahe heran. Ich hatte einen schwachen, aber doch sichtbaren Fingerabdruck hinterlassen. Die Farbe war noch nicht ganz trocken. Ich rieb meine Finger aneinander.
Also das hatte der Eindringling letzte Nacht getan – er hatte Föten auf Laura und Annie gemalt.
Vielleicht war Annie auch schwanger. Oder sie war es einmal gewesen. Ich wusste nicht, ob Annie malte, aber
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