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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Stadt.«
    »So komisch ist das auch wieder nicht«, sagte ich. »Ich meine, ich könnte ganz schön sauer sein. Mich so vorzuführen.« Ich schüttelte den Kopf. »Sie haben mich ganz schön drangekriegt.«
    »Selber schuld. Sie hätten nicht kommen müssen.«
    »Oh doch, das musste ich.«
    »Frieden?«, sagte er. »Ich spendiere Ihnen einen Kaffee.«
    Kein Zweifel. Der kleine Henry Cunningham, so, wie ich mich an ihn erinnerte, hatte sich entschieden verändert.

6
Leichenschrei
    Hank hielt vor einem schön renovierten Lokal in der Main Street. Farbenfrohe Begonien und Geranien blühten auf dem Rasen davor und in den Balkonkästen. Alles sah liebevoll und einladend aus. Man wusste einfach, dass das Essen hier umwerfend sein musste.
    Ich hatte Penny aus meinem Auto geholt, bevor wir losgefahren waren. Ich gab ihr etwas von dem Wasser, das ich für sie dabeihatte, und erklärte ihr, dass ich bald zurück sein würde.
    »Town Farm Restaurant«, sagte ich, als wir eintraten. »Hört sich lecker an.«
    »Hier gibt’s gutes Essen.« Er schob sich durch den engen Gang und ließ sich auf einer Polsterbank nieder, deren Bezug aus rotem Vinyl schon so abgenutzt war, dass er glänzte. »Alles Bio.«
    Hank nahm den Hut ab und enthüllte einen Bürstenschnitt, auf dem der Hutabdruck klar zu erkennen war. Er fuhr mit der Hand durchs Haar, was es noch schlimmer machte.
    Jetzt erinnerte er mich an Kranak. Ich vermisste seine griesgrämige Art und sein großes Herz.
    »Lust auf einen Happen zu essen?«, fragte er.
    »Ein Eistee reicht mir.«
    Wir redeten über Belangloses, bis die Bedienung meinen Tee und Hanks Bean Burger mit Pommes brachte.
    »Warum wollten Sie nicht, dass ich Laura Beals Leiche sehe?«
    Er blickte so finster, dass sich sogar sein Schnauzer nach unten bog. »Ich fand es unpassend. So einfach ist das.«
    »Wirklich? Weil Laura Beal und Sie befreundet waren?«
    Er grinste mich breit an. »Ich bin mit ’ner Menge Leute befreundet. Kommt da etwa die Psychologin zum Vorschein?«
    Ich lächelte. »Sogar Cops müssen mal über ihr Seelenleben reden. Vor allem Cops.«
    »Lassen Sie’s gut sein, Miss Whyte.« Sorgfältig setzte er seinen Bean Burger neu zusammen – Zwiebel, Salat, Tomate –, fügte Ketchup hinzu und biss dann hinein. Ein bedächtiger Mann. Ein nachdenklicher Mann.
    Ich rührte in meinem Eistee. »Sind Sie immer noch sauer auf mich?«
    »War ich doch nie. Ist Ihnen denn was aufgefallen an ihr?«
    »Kann sein. Der Angriff auf Laura war grausam. Der Kerl war stinksauer. Wegen Laura? Könnte sein, aber er könnte seine Wut auch genauso gut auf sie übertragen haben.«
    Er nickte.
    »Wenn man die Abschürfungen an Schienbeinen, Handflächen und Füßen bedenkt, könnte ich mir vorstellen, dass sie die Knie hochgezogen hat, wie in der Embryonalstellung. Das scheint mir zur Verteidigung gewesen zu sein. Um dem Messer zu entgehen. Und dann ist sie gekrochen.«
    Noch ein Biss, dann: »Da liegen Sie richtig. Wir haben ihr Blut auf einer Strecke von gut sieben Metern gefunden. Keine Ahnung, wie sie das geschafft hat. Aber Miss Beal hatte auch einen eisernen Willen.«
    »Sieben Meter! Meine Güte. Wie lange hat sie ihrer Meinung nach nach der Messerattacke noch gelebt?«
    »Eine halbe Stunde vielleicht.«
    Ich sah Laura kriechen, unter schrecklichen Schmerzen. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht hatten der Adrenalin-stoß und der Schock den Schmerz da schon übertrumpft, und ihr enormer Wille hatte sie gezwungen zu fliehen, sich egal wohin zu bewegen, Hauptsache weg von dem Killer.
    »Und dann der blaue Fleck unten am Rücken«, sagte ich. »Da sehe ich möglicherweise jemanden mit einer Pistole. Hat sie in den Rücken gestoßen, und zwar heftig, damit sie dorthin geht, wo sie nicht hinwollte. Da hat er dann das Messer gezogen.«
    »Sie sehen eine Menge«, sagte Hank.
    Zu viel. »Seltsam, dass sie keine Kampfspuren an den Händen hatte. Aber das hätte auch nichts geändert, nicht wahr? Der Killer war rasend vor Wut. Aber ist Ihnen auch aufgefallen, dass er sich dann beruhigt hat? Nach der Tat hat er sie auf den Stein gezerrt. Und sie auf den Rücken gedreht. Das war Absicht. Richtig berechnend sogar. Kommt Ihnen das nicht gruselig vor? Könnte das ein örtlicher Brauch sein? Ein Ritual?«
    »Nicht, dass ich wüsste.« Ich spürte, dass er zutiefst besorgt war.
    »Das Ganze erinnert mich an den Jugendlichen in Boston, der an die hundert Mal auf die Mutter seines besten Freundes eingestochen hat.«
    »Kann

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