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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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hoffte, nicht.
    Traurigerweise hatte ich eine Menge über Laura Beals Tod erfahren. Jetzt musste ich ihr Leben nachvollziehen.
    »Drehen Sie sie bitte um. Ich würde gerne ihr Gesäß sehen.«
    Als Testa Laura auf die Seite drehte, war eine Stimme auf der Treppe zu hören.
    »Wir müssen abhauen«, sagte Testa.
    »Warten Sie.«
    »He, wir müssen weg.«
    Ganz unten am Rücken befand sich ein kreisrunder blauer Fleck. »Hat der Leichenbeschauer gesagt …«
    »Scheiße«, sagte Testa, als die schwere Tür aufschwang.
    Vor mir stand ein Mann mit rotem Gesicht und blauem Anzug, etwa in meinem Alter. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte uns an. »Was ist denn hier los, Mr Testa?«
    »Hi.« Ich grinste und streckte ihm die Hand hin. »Ich gehöre zum Büro des Leichenbeschauers in Boston. Ich bin Psychologin und Trauerberaterin. Sie müssen Mr Vandermere sein.«
    Ich vermute, dass Boston das Zauberwort war, denn Vandermere ergriff meine Hand und schüttelte sie wie verrückt, während sein Blick frech zu meiner Brust wanderte.
    Er befahl Testa, sich wieder seinen Pflichten zu widmen, und begleitete mich dann nach oben in sein Büro. Er bedeutete mir, in dem Ohrensessel aus weinrotem Leder Platz zu nehmen, während er sich hinter seinem imposanten Schreibtisch niederließ. Mir war bereits jetzt klar, dass Vandermere ein Blödmann war. Ich hoffte nur, kein fieser.
    »Ich habe noch nie eine Trauerberaterin getroffen.« Er fegte ein unsichtbares Stäubchen von seinem makellosen weißen Hemd. »Vielleicht könnten Sie mir erklären, Miss Whyte …«
    »Tally.«
    »Tally. Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    Ich zuckte die Achseln, weil ich ihn nicht an unsere Verabredung bezüglich der Grabstätte meines Vaters erinnern wollte.
    Er schürzte die Lippen und legte die verschränkten Hände auf den Schreibtisch. »Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich frage, schließlich sind Sie hier unbefugt eingedrungen, aber warum haben Sie Miss Beals Überreste untersucht? Das ist ganz schön makaber.«
    »Ich versuche mir immer den Leichnam anzusehen, bevor ich mich um die Angehörigen kümmere.«
    »Das ist ja schrecklich. Ich habe sie noch nicht einmal einbalsamiert.«
    Sollte das ein Witz sein? »Ich versuche nachzuvollziehen, was die Familie zu Gesicht bekommen hat und wie sie sich wohl fühlt.«
    »Ahhh«, sagte er und nickte. »Das ergibt einen Sinn.«
    »Bitte seien Sie deswegen nicht böse auf Mr Testa, ja?«
    Vandermere rollte einen goldenen Füllfederhalter der Marke Cross zwischen den Fingern. »Er hat gegen die Regeln verstoßen.«
    »Nicht wirklich. Ich habe ihm meinen Ausweis gezeigt. Ich musste Laura Beal sehen. So einfach ist das.«
    »Sie hätten damit warten können, bis ich sie schön gemacht habe.« Er biss sich auf die Lippe, und sein Blick schweifte ab.
    »Was stört Sie so daran, Mr Vandermere?«
    »Bitte nennen Sie mich Chip. Und wissen Sie, es ist nur …«
    Die Tür flog auf, und herein kam Hank.
    »Na, so was, Sheriff«, sagte ich. »Zwei Treffen an einem Tag.«
    Er runzelte die Stirn und richtete dann einen kühlen Blick auf Vandermere. »Ist das der gefährliche Einbrecher, für den ich die Unfallstelle verlassen musste?«
    Chip plusterte sich auf. »Ich dachte, Miss Whyte wäre ein Dieb.«
    »Ist das Stehlen von Leichen hier so verbreitet, Sheriff?«, sagte ich.
    »Ich begleite den Eindringling hinaus.« Hank wollte mich hochziehen.
    Vandermere sprang auf. »Nein! Ich, äh, also, es ist doch eindeutig, dass Miss Whyte wirklich kein Dieb oder Verbrecher ist.«
    Hank packte mich am Ellbogen. »Das geht Sie jetzt nichts mehr an, Chip.«
    »Aber das Ganze war ein Irrtum«, wandte Vandermere ein.
    Ich entwand mich Hanks Griff. »Das ist doch lächerlich.«
    »Tatsächlich?«, sagte Hank. »Sie hören von mir, Chip.«
    Und trotz Chips Einwänden dirigierte er mich durch einen engen Flur und hinaus zu seinem Pontiac, der direkt vor dem Eingang parkte.
    Mit aufeinandergepressten Lippen und mahlendem Kiefer schob Hank mich in seinen Wagen. Wenigstens durfte ich auf den Beifahrersitz. Er ging auf die andere Seite und ließ sich hinters Lenkrad gleiten.
    »Hören Sie, Sheriff, ich …«
    Er legte die Stirn aufs Lenkrad. Sein Körper erzitterte.
    »Himmel, Sheriff, das war doch wirklich kein …«
    Hanks Gelächter wurde lauter.
    »Finden Sie das etwa komisch?«
    »Und ob ich das komisch finde.« Er wischte sich über die Augen. »Mann, war das gut. Chip Vandermere ist der größte Idiot der

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